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Mexiko | Solarenergie
Die mexikanische Regierung ändert die bisherige Ausschreibungspraxis - zu Lasten privater Energieanbieter. Diese haben bereits einen neuen Kundenstamm im Visier.
07.02.2020
Von Florian Steinmeyer | Mexiko-Stadt
Mexikos Solarmarkt boomt - noch. Für 2020 geht das Energieministerium Sener (Secretaría de Energía) von rund 3,4 Gigawatt an neuen Fotovoltaikkapazitäten aus. Auch im kommenden wird der Zubau anhalten, danach allerdings abflachen. Grund dafür ist der neue politische Rahmen: Die Regierung unter Präsident Andrés López Obrador führt die bisherige Ausschreibungspraxis nicht weiter, bei der private Erzeuger Strom an den staatlichen Versorger CFE (Comisión Federal de Electricidad) liefern. Stattdessen stärkt sie die Position der CFE, ihrerseits mehr Strom aus konventionellen Quellen und Wasserkraft zu produzieren.
Wird der mexikanische Solaranlagenmarkt dadurch unattraktiv? Nicht wirklich, denn Projektentwickler und Technologieanbieter konzentrieren sich nun stärker auf industrielle Abnehmer. Dabei stehen ihnen zwei Geschäftsmodelle zur Verfügung: Bei dem einen schließen sie sogenannte Power Purchase Agreements (PPA) mit Betrieben ab und installieren beispielsweise Solaranlagen direkt beim Kunden. Bei dem anderen verkaufen sie den Strom weiterhin auf dem Großhandelsmarkt (Spot-Markt). Auch eine Kombination beider Geschäftsmodelle ist möglich.
Generell sind PPA-Projekte interessant für große Stromkunden, die auf günstige Tarife angewiesen sind, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. In den kommenden Jahren wird daher viel darauf ankommen, wie sich die CFE-Tarife für die Industrie entwickeln. Sollten diese zunehmen – und dafür spricht der jährlich steigende Stromverbrauch von 4 bis 5 Prozent im Land - werden PPAs attraktiver und damit schneller rentabel werden. Einige deutsche Unternehmen wie Fichtner, Goldbeck Solar, Sowitec und BayWa r.e. sind in Mexiko bereits als Projektentwickler tätig.
Derzeit kommen viele Projekte noch nicht zum Abschluss, da es unterschiedliche Vorstellungen über die Laufzeiten der PPA-Verträge gibt. Während sich potenzielle Stromkunden angesichts der unklaren Preisentwicklung nur für drei bis fünf Jahre vertraglich binden möchten, benötigen die Entwickler eher 12 bis 15 Jahre, um die Projekte angemessen finanzieren zu können.
Auch der Absatz auf dem Spot-Markt birgt Risiken, da Prognosen über die Preisentwicklung dort noch schwieriger zu treffen sind als im Fall der Grundversorgung durch die CFE. Mittlerweile planen Energiefirmen private Stromauktionen, um den Abschluss von Verträgen zu vereinfachen. Die Firma Bravos Energía will im 1. Quartal 2020 eine erste Runde abschließen, an der laut Unternehmensangaben 60 potenzielle Käufer und Verkäufer Interesse zeigen. Die britische Vitol Energy wird 2020 ebenfalls eine rein private Ausschreibung starten.
Anfang Februar wies allerdings das Energiekontrollzentrum Cenace (Centro Nacional de Control de Energía) darauf hin, dass Auktionen nur von staatlicher Seite durchgeführt werden dürfen und entsprechende Auktionen privater Firmen nicht anerkannt werden. Die genauen Konsequenzen der Stellungnahme waren bei Redaktionsschluss noch offen.
Luis Romero, Experte für Erneuerbare Energien bei der Umweltschutzorganisation WWF in Mexiko, weist darauf hin, dass Stromkunden aus ganz unterschiedlichen Branchen stammen können, darunter aus dem Einzelhandel, dem Bergbau, der Kfz-Branche sowie der Papier- und Baustoffindustrie. „Strom über PPAs zu beziehen ist natürlich vorrangig für energieintensive Branchen interessant“, so Romero, gibt aber zu bedenken: „Gleichzeitig sehen wir, dass auch Handelsunternehmen ihre Filialen mit sauberem Strom versorgen wollen.“
Letztverfügbaren Daten des Unternehmensverbandes CCE (Consejo Coordinador Empresarial) zufolge haben Projektentwickler insgesamt 5,7 Gigawatt im Rahmen privater PPAs installiert - über alle Energieträger hinweg. Seitdem sind zahlreiche Großprojekte hinzugekommen, so dass der Wert mittlerweile deutlich höher liegen dürfte.
Aktuelle Vorhaben zeigen, dass das Interesse der Unternehmen für PPA-Lösungen steigt. Im September 2019 unterschrieb beispielsweise IEnova, eine Tochter der US-amerikanischen Sempra Energy, ein 15-Jahres-PPA mit der Kaufhauskette Liverpool, wofür das Unternehmen einen 150-Megawatt-Park in Chihuahua errichten wird. Auch europäische Stromfirmen wie Acciona, ENGIE und IBERDROLA errichten Großparks mit über 100 Megawatt auf Grundlage von PPAs.
Marktexperten sehen auch Chancen für mittelgroße Anlagen, unter anderem für Hersteller und Zulieferer der Automobilindustrie. Und für kleine Projekte: Laut Prognosen der Regulierungsbehörde CRE (Comisión Reguladora de Energía) wird die installierte Leistung von Anlagen bis zu 0,5 Megawatt im Jahr 2023 bei knapp 2,9 Gigawatt liegen und somit um über 200 Prozent gegenüber 2019 steigen. Triebfeder ist ein im Vergleich zu anderen Ländern vorteilhaftes Einspeiseschema, durch das sich Investitionen schnell amortisieren. Mitte 2019 handelte es sich bei rund 94 Prozent der Kleinanlagen um Fotovoltaikvorhaben.
Bezeichnung | Internetadresse | Anmerkungen |
Secretaría de Energía (Sener) | Energieministerium | |
Asociación Nacional de Energía Solar (Anes) | Branchenverband | |
Asociación Mexicana de Energía Solar (Asolmex) | Branchenverband | |
Green Expo/ Intersolar Mexico | Messe für Erneuerbare Energien in Mexiko-Stadt; 8. bis 10. September 2020 | |
Solar Power Mexico | Messe für die Solarbranche in Mexiko-Stadt; 24. bis 26. März 2020 |
Weitere Informationen zu Wirtschaftslage, Branchen, Geschäftspraxis, Recht, Zoll, Ausschreibungen und Entwicklungsprojekten in Mexiko sind unter www.gtai.de/mexiko abrufbar.