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Entwicklungen im Gesundheitswesen

Mittel- und langfristig steigen die Gesundheitsausgaben in Österreich. Dies können auch Maßnahmen zur Kostenreduzierung nicht vermeiden.

Von Axel Simer | Bonn

Das österreichische Gesundheitswesen steht vor ähnlichen Herausforderungen wie in anderen europäischen Industriestaaten. Vor allem die Zunahme des Anteils älterer Menschen in der Gesellschaft und die Ausbreitung eines "sedentary lifestyles", eines sitzenden Lebensstils, führen dazu, dass mittel- und langfristig die Ausgaben weiter steigen. Gleichzeitig arbeitet das Gesundheitssystem unter öffentlichem Kostendruck, um dieser Kostenentwicklung entgegenzuwirken. Eine große Gesundheitsreform sollte 2013 den Kostenanstieg nachhaltig dämpfen, konnte dieses Ziel jedoch nicht erreichen.

Gesundheitsausgaben steigen kontinuierlich

Viele Aspekte beeinflussen, neben den beiden genannten Megatrends, die Zukunft des Gesundheitssystems:

  • der Anstieg chronischer Krankheiten,
  • die Entwicklung klinischer Innovationen, die meist teurer sind als bisherige Therapien und Methoden,
  • das gesteigerte Gesundheitsbewusstsein,
  • Wissen und höhere Erwartungen seitens der Patienten,
  • eine anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit und wachsenden Kostendruck

Die höchsten Steigerungsraten des Bereichs werden in der Neurologie, der Augenheilkunde und der inneren Medizin erwartet. Nosokomiale Infektionen (im Krankenhaus erworbene Infektionen) sind in vielen Krankenhäusern ein ungelöstes Problem. Ihre Reduktion stellt eine Herausforderung dar, die alle Ver- und Entsorgungsstrukturen betrifft. Daraus resultieren vielfältige bauliche und technische Anforderungen bei Renovierungen und Neubauten.

In den Gesundheitsausgaben 2020 finden sich deutliche Spuren für die Bekämpfung der COVID-19 Pandemie. Hier sind bei den öffentlichen Ausgaben vor allem jene für Schutzausrüstung, Testungen, Kontaktpersonennachverfolgung, Hotline 1450, Baracken-Notspitäler, Medienkampagnen, etc. zu nennen. Auch im Bereich der Langzeitpflege kam es aufgrund der COVID-19 Pandemie zu öffentlichen Mehraufwendungen. Dazu zählen diverse Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung wie Ersatzbetreuungseinrichtungen, Boni für das Pflegepersonal und Kostenersatz für Testungen.

Aufgrund der Lockdown-bedingten Einschränkungen konnten in gewissen Bereichen für das Jahr 2020 andererseits Rückgänge der öffentlichen und privaten Gesundheitsausgaben beobachtet werden (z.B. Rehabilitationsleistungen, Leistungen in Kuranstalten, ärztliche und zahnärztliche Dienstleistungen, therapeutische Hilfsmittel, Operationen etc.).

Trends bei Kliniken und Krankenhäusern

Stark nachgefragt sind Gesundheitsdienstleister, die die gesamte Wertschöpfungskette aus einer Hand anbieten, von der Projektentwicklung, der Planung und Errichtung einer Gesundheitseinrichtung bis hin zu hoch spezialisierten Dienstleistungen im kaufmännischen, infrastrukturellen und technischen Bereich.

Die Digitalisierung wird die Gesundheitseinrichtungen von morgen komplett verändern. Datensicherheit, Cyber Security, Arbeitsplatz- und Patientensicherheit stehen dabei an oberster Stelle. Dazu gehören auch Brand- und Explosionsschutz sowie sichere Elektro-, Medizin- und Haustechnik und Umwelt- und Störfallmanagement.

Weitere Trends sind zum Beispiel der Einsatz von Virtueller Realität, Künstlicher Intelligenz, Biosensoren, Tracker und andere Wearables.

Pharmabranche expandiert kräftig

Die österreichische Pharmaindustrie expandiert seit Jahren. Sie profitiert von einer stetig steigenden Medikamentennachfrage im Inland wie weltweit und wächst deutlich rascher als der Industriedurchschnitt. Diese Entwicklung erstaunt vor dem Einsparungsdruck bei den Gesundheitsausgaben und administrativ erzwungenen Senkungen bei den Medikamentenpreisen. Im sehr guten Jahr 2019 sind Produktion und Umsatz um jeweils 13 Prozent nominal gestiegen. Im Corona-geprägten 2020 konnte die Branche als einziges Industriesegment ihren Umsatz erneut steigern und erreichte mit nominal +4,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr laut Statistik Austria 5,7 Milliarden Euro.

Ein besonderes Kennzeichen der Branche ist der Umstand, dass vier von den rund 100 produzierenden Unternehmen mehr als die Hälfte des Branchenumsatzes erlösen und zwei Drittel der Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Konkret handelt es sich um die Österreich-Dependancen von Novartis, Böhringer Ingelheim, Takeda und Fresenius Kabi. 

Ausblick positiv, vor allem für Biotech-Firmen

Eine Studie der BankAustria sieht die Pharmaunternehmen mittelfristig weiterhin auf Wachstumskurs. Sie sollen vor allem von der zu erwartenden Nachfrageentwicklung in wichtigen Absatzmärkten profitieren. Allerdings ist das Schicksal des Pharmastandortes Austria aufgrund der hohen Unternehmenskonzentration eng mit den Erfolgen und Strategien einzelner Marktteilnehmer verknüpft.

Als besonders vielversprechend stuft BankAustria die Aussichten der Biotechnologie-Firmen ein. Laut dem jüngsten Life Science Report Austria gab es 2020 bereits 151 solcher Firmen, von denen 25 jünger als drei Jahre waren. Ihr Umsatz erreichte 416 Millionen Euro, die Forschungsausgaben beachtliche 290 Millionen Euro.

Medizintechnik auf Nischen spezialisiert

Die österreichischen Medizintechnikunternehmen haben sich zumeist auf Nischen spezialisiert und weisen, auch aufgrund des kleinen Binnenmarktes, sehr hohe Exportquoten von bis zu 98 Prozent auf. Ein großer Teil der Hersteller sind Zulieferer für westeuropäische Unternehmen, andere betreiben Montage aus Importteilen. Schwerpunkt der Branche ist die Region Wien/Niederösterreich. Viele ausländische Unternehmen nutzen Österreich, um von dort die Märkte Osteuropas zu bedienen. 

Im Jahr 2020 produzierten 191 Unternehmen Medizintechnik, fast 50 Prozent mehr als 2012. Die meist kleinen oder sehr kleinen Unternehmen erzielten einen Gesamtumsatz von 1,9 Milliarden Euro. Eine Umfrage, die im Liefe Science Report Austria 2021 veröffentlicht wurde, zeigte, dass über ein Drittel (38 Prozent) der Unternehmen in der Entwicklung von Software für E-Health engagiert waren. Zweiter Schwerpunkt war mit 14 Prozent die Elektromedizin.

Eckdaten Gesundheitsmarkt

Indikator

Wert

Einwohnerzahl (2020 in Mio.)

8,9

Bevölkerungswachstum (2020 in % p.a.)

0,4

Altersstruktur der Bevölkerung (2020)

 Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

14,4

 Anteil der über 65-Jährigen (in %)

19,2

Durchschnittseinkommen (2020 in Euro) 1)

52.874

Gesundheitsausgaben

 pro Kopf (2020 in Euro)

5.155

 öffentlich

3.867

 privat

1.288

Anteil der Gesundheitsausgaben

 am BIP (2020 in %)

12,1

Medikamente (2020 in %)

10,5

Anzahl Krankenhäuser (2020), davon

264

 öffentlich (in %)

40,9

 privat (in %)

59,1

Ärzte/1000 Einwohner (Jahr) 2)

5

Krankenhausbetten/1000 Einwohner (Jahr)

7

1) brutto, ganzjährig Vollbeschäftigte; 2) ohne ZahnärzteQuelle: Statistik Austria 2021; Wifo 2021; Pharmig 2021

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