Dieser Inhalt ist relevant für:
Ostafrika / Kenia / Äthiopien / TansaniaNahrungsmittel- , Verpackungsmaschinen / Nahrungsmittel, Getränke
Branchen
Branchen | Ostafrika | Nahrungsmittel- , Verpackungsmaschinen
Die Coronakrise wirkt sich in Äthiopien, Kenia und Tansania negativ auf den Absatz von Lebensmitteln und Getränken aus. Doch für Technikanbieter gibt es einen Lichtblick.
05.08.2020
Von Ulrich Binkert | Bonn
Welche Folgen die Coronakrise auf das Geschäft mit Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen in Ostafrika haben wird, bleibt abzuwarten. Landeskenner erwarten, dass Hersteller von Nahrungsmitteln sowie Waschmitteln und Hygieneprodukten, die den informellen Markt bedienen, ihre Produktion drosseln werden. Immerhin sieht es nach den ersten Wochen der Krise nicht danach aus, dass große Lebensmittelhersteller ihre Investitionen deutlich herunterfahren werden.
Der Gesamtabsatz von verarbeiteten Lebensmitteln in der Region wird den Einschätzungen zufolge von Corona geschmälert. Schwer getroffen ist demnach der informelle Sektor, dem in der Region der überwiegende Teil der Bevölkerung sowie die Wirtschaft zuzurechnen ist. Selbst im relativ stark verwestlichten Kenia erfolgen etwa 70 Prozent der täglichen Einkäufe informell. Die Ausgangssperren beschneiden massiv die Verdienstmöglichkeiten der Bevölkerung und kappen zudem Vertriebswege etwa über die Straßenhändler.
Dies bedeutet nicht nur einen Rückgang in Kilogramm oder Dollar, noch stärker sinkt die Anzahl der verpackten Einheiten. Während Supermärkte drei Kilo Waschpulver oder Mehl in einer oder zwei Packungen verkaufen, ist der gleiche Inhalt auf der Straße in einzelnen kleinen Beuteln im Angebot. Die Industrie sollte deshalb weniger verpacken.
Für Technikanbieter in Ostafrika gewinnt der informelle Teil des Nahrungsmittelverkaufs noch dadurch an Bedeutung, dass ein überdurchschnittlicher Anteil dieser Ware aus Fabriken in der Region stammt. Von den Produkten aus europäischer oder asiatischer Herstellung hingegen landet der größere Teil im formellen Handel, sagt ein Branchenvertreter.
Supermärkte und andere Formate des formellen Handels werden in Ostafrika wichtiger. Käufer dort sind Expatriats oder Angehörige der bislang wachsenden Mittelschicht. Diese Läden sind bisher nicht spürbar leerer als vor der Corona-Krise, sagen zumindest Ausländer in Addis Abeba und Nairobi am Telefon.
Mit Blick auf die Endprodukte laufen derzeit all jene Linien gut, die der Grundversorgung dienen. Dabei geht es um Waren wie Weizen- und Maismehl, Reis oder Speiseöl. Gut verkaufen sich auch in Ostafrika, ähnlich wie in Europa, Hygieneartikel für den Grundbedarf, berichtete ein Verpackungslieferant. Einbußen gebe es bei Aftershaves oder anderen Gütern, die nicht zum absoluten Grundbedarf zählen.
Im Ländervergleich dürfte Äthiopien von den Einbußen im informellen Handel relativ stark betroffen sein. Dort sind moderne Einzelhandelsformate auch im regionalen Vergleich noch wenig verbreitet. Das Angebot in den Supermärkten ist eingeschränkter als beispielsweise in Kenia, und die Einkommen sind besonders niedrig. Unilever schrieb anlässlich der Eröffnung einer Zahncremefabrik 2019 in Äthiopien, dort sei das „Zähneputzen mit Bürste und Creme im Vergleich zu anderen Ländern am wenigsten verbreitet“.
In der Getränkeindustrie „versuchen gerade alle Kosten zu sparen, wo es nur geht“, sagt ein Technikzulieferer in Äthiopien. Bei Investitionen in große Linien würden die Abfüller alles „zurückstellen“ und nur kleinere Anlagen austauschen oder über ein neues Spezialaggregat reden.
Coca-Cola setzt seine Bauarbeiten im Land fort, so die Informationen weiter. Der Konzern, der wegen Corona im April 2020 nach ersten Konzernschätzungen weltweit ein Viertel weniger absetzte, arbeitet in Äthiopien an einem 300-Millionen-US-Dollar-Programm. Die Installation der technischen Ausrüstung indes habe das Unternehmen verschoben: Es werde nur noch montiert, was bei Zulieferern fest bestellt oder dort in Produktion ist und zudem nicht an andere Abnehmer umgeleitet werden kann.
Eingebrochen sind den Informationen zufolge die Einnahmen aus der Wartung. Damit tätigen Lieferanten von Abfülltechnik dem Vernehmen nach schon mal zwei Drittel ihrer Umsätze.
In der Getränkeindustrie dürfte die Lage in Äthiopien sinnbildlich für die gesamte Region stehen: Große Softdrinkhersteller arbeiten wegen Corona nur noch an zwei oder drei Tagen die Woche, statt rund um die Uhr, heißt es in der Zulieferbranche. Coca-Cola fahre mit geschätzt 40 Prozent der Kapazität anstelle der sonst angestrebten vollen Auslastung. Stark seien die Rückgänge auch bei Bier aus den großen Brauereien, geringer bei Flaschen-Trinkwasser. Die meist einheimischen und kleinen Wasserabfüller hätten ihre Produktion weniger stark zurückgefahren.
Neben Corona hatte in Äthiopien in jüngerer Zeit auch eine neue Steuer (excise tax) den Getränkeabsatz geschmälert. In der Presse wird dies als Grund dargestellt, warum Äthiopiens größter Bierabfüller Heineken den Bau seiner vierten Brauerei in dem Land abgesagt hat. Branche und Verbraucher hätten sich mittlerweile aber weitgehend an die neue Steuer gewöhnt, so Beobachter. Unklar sei zurzeit noch, welche Unternehmen in Äthiopiens Getränkeindustrie genügend Rücklagen haben und wer diese Krise nicht überleben wird.