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Mit dem Frühling nimmt auch in Coronazeiten die Bautätigkeit wieder zu. Käufer und Immobilienentwickler werden aber zögerlicher. Moderne Gebäudetechnik bleibt gefragt.
04.05.2020
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Trotz Coronakrise zeigt sich beim Wohnungsbau in Polen ein moderater Wachstumstrend. Ende März 2020 befanden sich laut Statistischem Hauptamt GUS 828.500 Wohneinheiten im Bau (+3,3 Prozent gegenüber Ende März 2019). Außerdem wurde im 1. Quartal 2020 für 59.100 Einheiten eine Baugenehmigung erteilt beziehungsweise ein Projekt eingereicht (+3,3 Prozent gegenüber dem 1. Quartal 2019).
Die Dynamik bei den fertig gestellten Wohnungen flachte jedoch gegenüber dem Gesamtjahr 2019 ab, vor allem bei den für Verkauf oder Vermietung vorgesehenen Einheiten. Im Vorjahr wurden insgesamt 207.479 Wohneinheiten übergeben (+12,1 Prozent gegenüber 2018) mit einer Gesamtfläche von 18,4 Millionen Quadratmetern (+10 Prozent).
Anzahl übergebener Wohneinheiten in Polen
Kategorie | 1. Quartal 2019 | 1. Quartal 2020 | Veränderung in % |
---|---|---|---|
Wohneinheiten insgesamt | 47.425 | 49.523 | 4,4 |
von privaten Bauherren erbaut | 17.261 | 18.214 | 5,5 |
für Verkauf oder Vermietung | 28.766 | 30.422 | 5,8 |
von Genossenschaften erbaut | 667 | 404 | -39,4 |
Quelle: Statistisches Hauptamt GUS, Bulletin vom 24.04.2020
Fläche übergebener Wohneinheiten (in 1.000 Quadratmetern)
Kategorie | 1. Quartal 2019 | 1. Quartal 2020 | Veränderung in % |
---|---|---|---|
Nutzfläche insgesamt | 4.289 | 4.539 | 5,8 |
von privaten Bauherren erbaut | 2.474 | 2.601 | 5,1 |
für Verkauf oder Vermietung | 1.744 | 1.892 | 8,5 |
von Genossenschaften erbaut | 36 | 20 | -43,8 |
Quelle: Statistisches Hauptamt GUS, Bulletin vom 24.04.2020
Die Wohnungsverkäufe brachen Mitte März 2020 ein. Der zuvor merkliche Preisanstieg stoppte. Laut dem Branchenportal SonarHome.pl kostete auf dem Sekundärmarkt in Warschau Ende Januar 2018 der Quadratmeter noch durchschnittlich 2.049 Euro. Bis Ende Februar 2020 war der Quadratmeterpreis auf etwas über 2.537 Euro gestiegen. Auf Złoty -Basis entsprach dies einem nominalen Zuwachs von 30 Prozent. Bis Ende März 2020 sank der Preis leicht auf durchschnittlich 2.402 Euro (-1 Prozent auf Złoty-Basis).
Barbara Bugaj, Marktanalystin bei SonarHome.pl, führt die schwache Nachfrage nicht nur auf die Ausgangsbeschränkungen zurück, sondern auch auf die allgemeine Unsicherheit der Verbraucher bezüglich der künftigen eigenen wirtschaftlichen Situation und der des Landes. Führende Bauentwickler verkauften im 1. Quartal 2020 weniger Wohnungen.
Anzahl der verkauften Wohnungen im 1. Quartal 2020
Bauentwickler | Anzahl | Veränderung zum 1. Quartal 2019 in % |
---|---|---|
Murapol | 846 | -9,9 |
Dom Development | 815 | -12,0 |
Atal | 762 | 7,8 |
Victoria Dom | 593 | 62,5 |
Robyg | 588 | 24,6 |
Budimex Nieruchomosci | 541 | 104,2 |
Echo Investment | 399 | 13,7 |
Develia | 311 | -6,0 |
Archicom | 293 | -27,8 |
Ronson | 278 | 59,8 |
J. W. Construction | 210 | -25,0 |
Vantage Development | 205 | 34,9 |
Inpro | 190 | 2,2 |
Marvipol | 112 | -62,9 |
Lokum Deweloper | 47 | -47,2 |
Quelle: Firmenangaben; Tageszeitung Rzeczpospolita
Ein Großteil der Käufer wählt eine Kreditfinanzierung. Dabei stieg zwar der Betrag, der aufgenommen werden kann, die Finanzierung ist aber an Bedingungen geknüpft. So konnte etwa eine dreiköpfige Familie, in der beide Elternteile jeweils ein polnisches Durchschnittseinkommen beziehen, Mitte April 2020 fast 151.555 Euro im Rahmen eines über 30 Jahre laufenden Wohnungsbaukredites aufnehmen. Das waren 3.530 Euro mehr als Mitte März 2020 und 19.548 Euro mehr als Mitte April 2019. Das ergab eine Umfrage von HRE Investments (Heritage Real Estate) unter Banken.
Die gestiegene Kreditwürdigkeit liegt demnach vor allem an den weiter gesunkenen Zinsen. Die polnische Zentralbank NBP senkte den Referenzzinssatz mit Wirkung vom 9. April 2020 von 1 Prozent auf historisch niedrige 0,5 Prozent. Zugleich erhöhten aber viele Banken ihre Margen und die Anforderungen bezüglich des Eigenanteils, den ein Wohnungskäufer aufbringen muss. Dieser muss mindestens 20 Prozent betragen. Die polnische Tochter der ING verlangt nun einen Eigenanteil von 30 Prozent, bei der Bank Ochrony Środowiska (Umweltschutzbank; BOS) sind es sogar 40 Prozent. Der Zuwachs bei der Vergabe von Wohnungsbaukrediten flachte 2019 ab.
Vergabe von Wohnungsbaukrediten in Polen
2018 | Veränderung in % *) | 2019 | Veränderung in % *) | |
---|---|---|---|---|
Wert in Mrd. Euro | 13,2 | 20,1 | 15,1 | 14,9 |
Anzahl | 227.300 | 10,3 | 238.300 | 4,8 |
*) gegenüber dem Vorjahr, auf Złoty-Basis
Quelle: Biuro Informacji Kredytowej (BIK)
In den ersten beiden Monaten 2020 belebte sich die Nachfrage laut dem Kreditinformationsbüro (Biuro Informacji Kredytowej; BIK) wieder. Im Januar 2020 stieg der Wert der abgeschlossenen Wohnungsbaukredite um 24 Prozent (Anzahl: +15 Prozent) und im Februar 2020 um 27 Prozent (Anzahl: +16 Prozent) gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat. Für März 2020 rechnet das BIK mit einem Rückgang.
Die Bauentwicklungsfirmen wollen die begonnenen Wohnungsbauprojekte auch zu Ende führen und termingerecht übergeben. Ihre weiteren Pläne kommen dagegen auf den Prüfstand. Die Firma Cenatorium, die über den Immobilienmarkt informiert, erwartet, dass Vorhaben im Premium-Segment vorerst ausgesetzt werden. Zunächst dürften eher Bauprojekte angegangen werden, die für breite Schichten erschwinglich sind oder auch Preissenkungen standhalten können.
Um die Bautätigkeit auch während der Coronakrise aufrecht zu erhalten, lässt sich ein Großteil der Formalitäten bei den Baubehörden elektronisch erledigen. Dadurch sollen die Verfahren insgesamt beschleunigt werden. Anträge auf Baugenehmigungen können über die elektronische Plattform für Dienstleistungen der Öffentlichen Verwaltung (ePUAP), gestellt werden. Mit ihnen zusammen können außerdem die Bauvorhaben selbst eingereicht werden.
Deutsche Anbieter von moderner Gebäudetechnik, energiesparenden Lösungen oder umweltfreundlichen Materialien haben gute Zulieferchancen. Zudem ist Do-it-yourself-Bedarf gefragt, denn viele Polen verschönern während der Ausgangsbeschränkungen ihre eigenen vier Wände. Das Preisvergleichsportal Ceneo stellte im März 2020 eine deutliche höhere Nachfrage bei Tapeten, Badewannen mit Hydromassage, Bodenbelägen und Farben fest.