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Nach einem Coronaknick soll sich die Nachfrage nach Luxusgütern in Polen 2021 beleben. Besonders Premiumbekleidung und -kosmetika sind in der Krisenzeit weniger verkauft worden.
02.10.2020
Von Beatrice Repetzki | Berlin
In schwierigen Zeiten wird die Nachfrage nach Luxusgütern üblicherweise kaum beeinträchtigt. Anders in der Coronapandemie: Die Marktforschungsfirma Euromonitor International erwartet 2020 für Polen einen Nachfragerückgang um gut 10 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Am stärksten ist der Einbruch mit über 20 Prozent bei Bekleidung, Accessoires und Kosmetika. Für 2021 erwartet Euromonitor International, dass die Verkäufe von Luxusgütern um 14 Prozent anziehen.
Der Bereich Mode und Schönheit wird voraussichtlich jedoch erst 2022 sein Vorkrisenniveau erreichen. Die wochenlange Schließung von Schönheitssalons hat die Verkäufe von entsprechenden Pflegeprodukten stark sinken lassen. Der Onlinehandel ist in dieser Sparte noch nicht ausreichend entwickelt, um die Verluste aufzufangen. Bei Luxusmode spielen Edelboutiquen in exklusiven Lagen eine wichtige Rolle. Durch das Ausbleiben eleganter Anlässe und offizieller Veranstaltungen mit vielen Teilnehmenden fehlt der Bedarf an kostspieligem Schick.
Im Warschauer Luxuskaufhaus Vitkac und in seiner Kette von Boutiquen mit Luxuswaren in anderen Städten kehrt nun wieder Normalität ein. Das sagte der Gründer Arkadiusz Likus gegenüber der Tageszeitung Rzeczpospolita. In die Geschäfte werde investiert, auch in neue Hygiene- und Sicherheitskonzepte, um diesen positiven Trend zu beschleunigen. Ein Manko sei jedoch das Ausbleiben ausländischer Touristen, vor allem aus Asien. Diese sorgten in Warschau für 10 bis 15 Prozent der Umsätze, in Kraków (Krakau) sogar für die Hälfte.
Die Städte, die stark vom Tourismus leben, müssen die größten Verkaufseinbrüche hinnehmen. Die Senior Managerin bei Bain & Company Polska, Katarzyna Wal, prognostiziert eine noch länger anhaltende schwache Nachfrage nach Armbanduhren und Schmuck. Besonders beliebt bei zum Beispiel Chinesen sind wertvoller Schmuck und Objekte aus Bernstein.
Die Händler richten ihre Hoffnungen auf das 4. Quartal mit dem Weihnachtsgeschäft. Manche Polen investieren gerade jetzt in teure Uhren und Schmuck, weshalb sich der Inhaber der Marke W.Kruk, Jerzy Mazgaj, schon im Sommer 2020 über steigende Umsätze freute. Fehlende Reisemöglichkeiten dürften wohlhabende Polen noch mehr auf den Geschmack erlesener Speisen bringen. Als Erfolg erwies sich zum Beispiel ein kürzlich in Warschau eröffnetes Edelrestaurant von Robert de Niro, das Nobu.
Die Unternehmensberatung KPMG rechnet mittelfristig mit einem dynamischen Wachstum des Luxussegmentes, dessen Wert 2024 bereits 8,4 Milliarden Euro ausmachen soll. Für das zurückliegende Jahr 2019 veranschlagt KPMG die Ausgaben für Luxusgüter in Polen auf 5,8 Milliarden Euro. Das entsprach auf Złoty-Basis einem nominalen Zuwachs von 5,4 Prozent gegenüber 2018. Das wichtigste Segment bildeten dabei hochwertige Pkw mit 3,8 Milliarden Euro Umsatzvolumen. Weit abgeschlagen folgten auf Platz zwei Bekleidung und Accessoires (0,7 Milliarden Euro), bei denen Schuhe eine wichtige Rolle spielen.
Am dynamischsten entwickelte sich das Segment der immateriellen Güter, das heißt Freizeitgestaltung und Entspannung in Hotels und Spa-Einrichtungen. Sie legten 2019 um 11,7 Prozent zu. Im Jahr 2024 dürften die Ausgaben in diesem Segment laut KPMG bereits 0,5 Milliarden Euro betragen. Edle alkoholische Getränke erfreuen sich ebenfalls wachsender Beliebtheit (2019: +8,9 Prozent), insbesondere Whisky, der 2024 für 0,3 Milliarden Euro verkauft werden soll.
Von Bedeutung sind auch Luxusimmobilien, Privatflugzeuge und Jachten, wobei Letztere vielfach aus Polen selbst stammen. Das Danziger Unternehmen Sunreef Yachts etwa baut gerade den weltweit größten privaten Katamaran mit 49 Meter Länge, 49M Sunreef Power.
Handlichere Waren des gehobenen Segments sind auch in eleganten Handelsgalerien zu finden. Während durch die Coronakrise große Shopping Malls mit einem breiten zusätzlichen Freizeitangebot Einbußen hinnehmen mussten, konnten sich kleinere Einkaufszentren laut der Immobilienfirma Jones Lang LaSalle (JLL) nach der Wiedereröffnung über einen größeren Zulauf freuen.