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Der Einzelhandel in Polen muss zwar in der Coronakrise Einbußen hinnehmen. Die Nachfrage nach Artikeln des täglichen Bedarfs stieg jedoch 2020.
22.02.2021
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Der Konsum verschiebt sich in Polen während der Coronapandemie hin zu schnelldrehenden Verbrauchsgütern (Fast Moving Consumer Goods; FMCG). Die Marktforschungsfirma Nielsen beziffert die Umsätze von FMCG für 2020 auf insgesamt 44,6 Milliarden Euro (ohne frische Nahrungsmittel). Der Zuwachs lag 2020 auf Złoty-Basis bei 4,8 Prozent gegenüber 2019. Überdurchschnittlich stieg die Nachfrage im größten Segment der (haltbaren) Nahrungsmittel. Untersucht wurden vor allem die Umsätze großer Handelsketten.
Kategorie | Umsatz 2020 (in Mrd. Euro) | Veränderung in Prozent ggü. 2019 auf Złoty-Basis |
---|---|---|
Nahrungsmittel | 32,0 | 5,7 |
Tabakwaren | 6,4 | 4,1 |
Haushaltschemie, Kosmetika | 6,2 | 1,0 |
Der höchste Umsatz wurde in Polen 2020 mit alkoholischen Getränken erzielt. Die höheren Ausgaben für Alkoholika sind laut Nielsen darauf zurückzuführen, dass vermehrt teurere Getränke konsumiert wurden. Das gilt auch für Bier: Davon wurden zwar 2020 sogar um 1,6 Prozent geringere Mengen getrunken als im Vorjahr, zugleich stiegen aber die Ausgaben dafür um 3,1 Prozent. Regionale Spezialitäten und Craft-Biere sind hier im Kommen. Während der Genuss von Wodka stabil blieb, erhöhte sich der Verbrauch von Rum um 30 Prozent. Bei Gin summierte sich das Plus auf 26 Prozent, bei Whisky auf 15 Prozent und bei Wein auf 8 Prozent. Im Lockdown fallen viele sonst übliche Ausgaben weg, man gönnt sich stattdessen edle Tropfen aus dem Supermarkt.
Am stärksten wuchs die Nachfrage nach Trockenware. Das polnische Unternehmen Soligrano zum Beispiel konnte seinen Umsatz in dieser Kategorie 2020 um über die Hälfte gegenüber 2019 steigern. Soligrano stellt Erzeugnisse auf Getreidebasis wie Gries, Brei und Flocken her. Mehr als die Hälfte der Produkte (56 Prozent) geht in den Export, vor allem in die Europäische Union (EU). Im Jahr 2021 will Soligrano eine Reihe neuer, kaum verarbeiteter Erzeugnisse auf den Markt bringen, um gesundheitsbewusste Verbraucher besser zu bedienen. Dies sagte die Verkaufsdirektorin Agnieszka Wasiak gegenüber der Tageszeitung Rzeczpospolita.
Kategorie | Umsatz (in. Mrd. Euro) | Veränderung in Prozent ggü. 2019 auf Złoty-Basis |
---|---|---|
Alkoholische Getränke | 8,8 | 7,0 |
Trockene Produkte | 7,8 | 11,0 |
Molkereiprodukte | 5,1 | 7,1 |
Alkoholfreie Getränke | 4,9 | -1,9 |
Zwischenmahlzeiten, Snacks | 4,2 | 2,1 |
Tiefkühlkost | 1,2 | 4,5 |
Zutaten zum Kochen und Backen sind die Verkaufsschlager während der Pandemie, da viele Menschen Speisen wieder häufiger selbst zubereiten. So stieg 2020 die Nachfrage nach Mehl um 27 Prozent, die nach Tomatenmark legte um 16 Prozent zu, bei Speiseöl um 15 Prozent sowie für Milch und gelbem Käse um je 14 Prozent. Branchenkenner stellen zudem vermehrte Käufe von salzigen und süßen Zwischenmahlzeiten fest, darunter Schokoladentafeln. Pralinen und Bonbonieren waren dagegen weniger gefragt. Auch Convenience Food, etwa für den Weg zur und von der Arbeit, wurde seltener gekauft. Im Trend liegen dagegen länger haltbare Waren, da sich die Menschen in der Pandemie Vorräte zulegen.
Von der regen Nachfrage nach Nahrungsmitteln will in Polen auch die dänische Gesellschaft Lantmännen Unibake profitieren. Sie plant Investitionen von rund 40 Millionen Euro. Die Mittel sollen in eine Produktionslinie für Brotwaren (Brötchen für Burger und Hot Dogs), in Verpackungsmaschinen sowie in den Ausbau der Bäckerei und des Warenlagers in Nowa Sól (Neusalz), südöstlich von Zielona Góra (Grünberg), fließen.
Bislang beschäftigen die Dänen in ihren beiden polnischen Betrieben in Nowa Sól und Stanisławów Pierwszy nahe Warschau über 450 Personen. Dank des neuen Projekts entstehen weitere 30 bis 40 Arbeitsplätze. Die Erweiterung der Bäckerei dauert von Januar 2021 bis zum 2. Quartal 2022 an. Lantmännen Unibake Polska beliefert Fast-Food-Restaurants, Handelsketten und Tankstellen-Shops.
Der Branchenriese Unilever stellt bei den Drogeriewaren eine sprunghaft angestiegene Nachfrage nach Reinigungs- und Desinfektionsmitteln fest. Das berichtet Łukasz Kuczkowski, Vertriebsleiter E-Commerce für Polen und Mittelosteuropa. Grund für diese Entwicklung sind vermehrte Hygienemaßnahmen, zudem bleibt den Menschen mehr Zeit zum Putzen. Auch andere Artikel für die Körperhygiene wurden laut Nielsen im Jahr 2020 verstärkt gekauft. Dagegen waren bei Körperpflegemitteln und insbesondere Kosmetika aufgrund der eingeschränkten Kontakte und des Tragens von Masken Rückgänge zu verzeichnen.
Kategorie | Umsatz 2020 (in Mrd. Euro) | Veränderung in Prozent ggü. 2019 |
---|---|---|
Kosmetika, Körperpflege | 2,9 | -2,9 |
Körperhygiene | 1,7 | 2,9 |
Reinigungs-/Waschmittel | 1,6 | 6,7 |
Die wachsende Bedeutung der FMCG unter den Konsumgütern macht sich auch in der Logistikbranche bemerkbar. Anbieter aus dem FCMG-Segment mieteten in den ersten drei Quartalen 2020 rund 400.000 Quadratmeter an Lagerfläche. Somit hielten sie laut Schätzungen der Immobilienfirma Jones Lang LaSalle (JLL) einen Anteil an der gesamten vermieteten Fläche von 16 Prozent (netto), deutlich mehr als in den Jahren zuvor (2019: 11 Prozent, 2018: 6 Prozent).
Nicht berücksichtigt wurden dabei Branchenunternehmen, die Logistikfirmen einschalten. So dürfte der tatsächliche Anteil der FMCG ein Fünftel übersteigen. Derzeit entstehen weitere Lagerkapazitäten für die Konsumgüterbranche. In Radzymin, nordöstlich von Warschau, begann die Logistikfirma 7R damit, für die große polnische Discounter-Kette Żabka ein modernes Logistikzentrum mit 60.000 Quadratmetern Fläche zu bauen.