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Marktorganisation

Staatliche Unternehmen dominieren den Strommarkt. Ein Auktionssystem fördert den Ausbau der erneuerbaren Energien. Für den Verkauf von Solarstrom gilt 2023 eine Preisobergrenze.

Von Christopher Fuß | Warschau

Abnehmer können Stromanbieter auswählen

Polens Strommarkt ist teil-liberalisiert. Abnehmer können Strom von einem Anbieter ihrer Wahl beziehen. Der staatliche Übertragungsnetzbetreiber PSE (Polskie Sieci Elektroenergetyczne) und die regionalen Verteilnetzbetreiber müssen ihre Infrastruktur für die Energie-Distribution zur Verfügung stellen. Je nach Verbrauchsprofil landen Stromkunden in unterschiedlichen Tarifsystemen. 

Stromversorger können die Preise für Privathaushalte nur nach Genehmigung durch die Energieregulierungsbehörde URE (Urząd Regulacji Energetyki) ändern. In der Regel erfolgen Anpassungen einmal pro Jahr. Die Stromerzeuger können die Preise für gewerbliche Kunden deutlich leichter anheben. Netzentgelte sind streng reguliert. Knapp 190 Betreiber verwalten die Netze. Die vier staatlichen Unternehmen PGE, Tauron, Energa und Enea sowie der private Betreiber E.ON geben den Ton an.

Direktleitungen zwischen Energieerzeuger und Abnehmer kommen in Polen selten vor. URE muss einer Direktleitung zustimmen. Die Behörde gibt nur dann eine Genehmigung, wenn der Abnehmer seinen Bedarf nicht über das Energienetz decken kann. Das bedeutet in der Praxis, dass Betriebe mit einem Anschluss ans landesweite Energienetz keine Direktleitung nutzen können.

 

Polens Regierung hat 2022 eine Strompreisbremse eingeführt. Sie gilt bis Ende 2023 für Privathaushalte sowie für kleine und mittelständische Unternehmen. Privathaushalte zahlen maximal 147 Euro je Megawattstunde, kleine und mittelständische Unternehmen hingegen 167 Euro. Weitere Hilfen gibt es für energieintensive Betriebe.

Für 2023 gilt ein Preisdeckel für Energieerzeuger

Außerdem gilt 2023 ein Preisdeckel für Energieerzeuger. Betreiber von Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung ab einem Megawatt erhalten für ihren Strom maximal 86 Euro je Megawattstunde. Besitzt ein Investor mehrere Anlagen, gilt das Preislimit ab einer Gesamtleistung von 3 Megawatt. Beträge über 86 Euro je Megawattstunde fließen in einen Ausgleichsfonds. Dieser zahlt Geld an Energieversorger, die durch die gedeckelten Preise für Privathaushalte und Unternehmen ins Minus rutschen. Fotovoltaikanlagen, die ihren Strom im Rahmen des öffentlichen Auktionssystems verkaufen, erhalten weiterhin den Auktionspreis. Bei privaten Direktlieferverträgen ist die Situation durch den Preisdeckel laut Branchenverbänden rechtlich unklar. Das gilt insbesondere, wenn es sich um sogenannte virtuelle Direktlieferverträge handelt, bei welchen kein Strom geliefert, sondern lediglich ein Finanzgeschäft abgewickelt wird.

Neue Einspeisebedingungen für Fotovoltaik 

Wer eine Fotovoltaikanlage mit einer Leistung bis 50 Kilowatt betreibt um den Eigenbedarf zu decken, ist laut polnischem Recht Prosument. Nicht benötigte Energie fließt ins Stromnetz. Seit dem 1. April 2022 gelten neue Einspeiseregelungen.

Kunden, die ihre Anlagen bis zum 31. März angemeldet haben, können pro eingespeister Kilowattstunde zwischen 0,7 und 0,8 Kilowattstunden aus dem Netz beziehen (net metering über einen finanziellen Ausgleich). Neue Anlagen erhalten hingegen für eingespeisten Strom den sogenannten monatlichen Marktpreis für elektrische Energie gutgeschrieben (Rynkowa miesięczna cena energii elektrycznej, RCEm). Er orientiert sich am durchschnittlichen Day-Ahead-Preis aus dem Vormonat an der polnischen Strombörse (net billing). Der staatliche Übertragungsnetzbetreiber PSE (Polskie Sieci Elektroenergetyczne) veröffentlicht den RCEm auf seiner Webseite. Die so erzielten Einnahmen verrechnet der Prosument mit den Kosten für die aus dem Netz entnommene Energie.

Je nach Größe einer Anlage und dem geplanten Aufbauort müssen Fotovoltaik-Investoren unterschiedliche Vorgaben berücksichtigen. Als Faustregel gilt: kleine Dachaufbauten mit bis zu 50 Kilowatt Leistung erfordern weniger Aufwand als große Freiflächenanlagen. Bevor Solarpark-Investoren beim Netzbetreiber die Anschlussbedingungen erfragen können, müssen sie eine technische Planung durchführen, Umweltgenehmigungen einholen sowie einen Auszug aus dem Entwicklungsplan (Miejscowy plan zagospodarowania przestrzennego, MPZP) oder einen Bauvorbescheid (Decyzja o warunkach zabudowy) vorlegen. Branchenvertreter fordern, dass Anschlussinformationen bereits früher im Investitionsprozess zur Verfügung stehen.

Auktionssystem ersetzt Zertifikate

Kraftwerke, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden und bis 2016 gebaut wurden, erhalten sogenannte grüne Zertifikate. Konventionelle Stromversorger und Großbetriebe müssen die Zertifikate kaufen. Dieser Fördermechanismus läuft aus. Unabhängig davon können Betreiber von Erneuerbaren-Energie-Anlagen je produzierter Megawattstunde Herkunftsnachweise bei ihrem Verteilnetzbetreiber beantragen und an der Strombörse verkaufen.

Seit 2016 unterstützt Polen den Ausbau der erneuerbaren Energien mit einem Auktionssystem. Das Klimaministerium legt Höchstpreise für bestimmte Energiemengen fest. Anlagenbetreiber versuchen, im Rahmen von Ausschreibungen der URE, diesen Höchstpreis zu unterbieten. Die Auktionsgewinner erhalten im Rahmen von Differenzkontrakten einen garantierten Abnahmepreis für die nächsten 15 Jahre. Dank dieser gesicherten Einkommensquelle können Investoren leichter einen Kredit für den Bau von Kraftwerken beantragen.

Auktionsgewinner mit Anlagen unter 500 Kilowatt verkaufen den Strom an sogenannte verpflichtete Verkäufer zum ersteigerten Preis. Verpflichtete Verkäufer sind in der Regel die lokal dominierenden Energieversorger. Anlagen mit einer Leistung ab 500 Kilowatt, die sich bei der Auktion durchsetzen konnten, verkaufen ihre Energie am Strommarkt. Liegt der Verkaufspreis unter dem Auktionspreis, bezahlt der Staat die Differenz. Liegt der Verkaufspreis über dem Auktionspreis, muss der Anlagenbesitzer den Überschuss an die Staatskasse zahlen. Angesichts der hohen Preise an der Strombörse entscheiden sich immer weniger Anbieter, das Auktionssystem für die Finanzierung ihrer Projekte zu nutzen.

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