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Die portugiesische Regierung verfolgt eine langfristige Dekarbonisierungsstrategie. Elemente davon sind die Elektromobilität sowie Wasserstoff und Brennstoffzellenfahrzeuge.
26.02.2021
Von Oliver Idem | Madrid
Portugal gestaltet seine Politik im Einklang mit den europäischen Klimazielen. Auch die Zielrichtung der Next-Generation-EU-Hilfen geht in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Diese Tendenzen bilden sich auch in Entscheidungen rund um den Fahrzeug- und Verkehrssektor ab.
Der drohende ungeregelte Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union konnte Ende 2020 abgewendet werden. Diese Einigung hatte auch für die portugiesischen Fahrzeughersteller eine nennenswerte Bedeutung. Im Jahr 2020 wurden 19.784 Einheiten und damit 7,6 Prozent der gesamten Kfz-Ausfuhren des Landes ins Vereinigte Königreich geliefert. Dennoch sieht sich die Kfz-Branche aber wegen ihrer komplexen Lieferketten mit teils mehreren Grenzübertritten von Komponenten mit einem höheren Aufwand bei Zollerklärungen konfrontiert.
Innerhalb Portugals spielen verschiedene Ansätze zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors eine wesentliche Rolle im nationalen Investitionsplan 2021 bis 2030. Mit 590 Millionen Euro Investitionen soll die Abkehr des öffentlichen Nahverkehrs von fossilen Kraftstoffen vorangetrieben werden. Das Instrument dafür sind 2.000 „saubere“ Busse. Das Stichwort Dekarbonisierung betrifft auch die Stadtlogistik. In die Emissionsreduzierung sollen im Zehnjahreszeitraum 450 Millionen Euro fließen.
Die Abwendung von herkömmlichen Antrieben zeigt sich auch an einem weiteren Programmpunkt. Der Ausbau der Elektromobilität wird mit 300 zusätzlichen Ladepunkten vorangetrieben. Diese ergänzen das nationale Netzwerk MOBI.e. Insgesamt beträgt das Budget für den Punkt Elektromobilität 360 Millionen Euro bis 2030.
Im November 2020 beschloss das portugiesische Parlament auf Initiative der Umweltpartei PAN eine Beschränkung der Kaufanreize für Hybridfahrzeuge und Plug-in-Hybride. Zu den verschärften Kriterien gehören eine rein elektrische Reichweite von mindestens 80 Kilometer, eine Batterie mit einer Mindestkapazität von 0,5 kWh pro 100 Kilogramm Fahrzeuggewicht und Emissionen von weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer. Wie die Zeitung Jornal de Negócios berichtete, konzentrierte sich die Kritik darauf, dass Hybridfahrzeuge nicht zwingend eine Emissionsreduzierung bedeuten müssten. Eine geringe Reichweite der Batterie, seltene Aufladungen mit Strom, hubraumstarke Verbrennungsmotoren und große schwere Fahrzeuge könnten den Schadstoffausstoß sogar deutlich steigern.
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge stand in Portugal auch während der Coronakrise nicht still. Der Energiekonzern Galp vereinbarte im Februar 2020 mit Nissan, an 14 Orten im Land insgesamt 20 neue Schnellladepunkte zu errichten.
Der größte Autobahnkonzessionär Brisa plant zudem 2021 die Fertigstellung der "Via Verde Eletric". Mit einer Investitionssumme von etwa 10 Millionen Euro werden mehr als 80 Ladestellen mit 50 kW beziehungsweise Säulen zum ultraschnellen Laden mit 150 bis 350 kW errichtet. Zwischen Porto und Faro wird das Netz beispielsweise 12 Anlagen mit 24 Ladepunkten umfassen. Die städtischen Gebiete mit Brisa-Konzessionen bleiben ausgenommen, da das Unternehmen hier einen anderen Bedarf als außerhalb sieht.
Seit 2020 besitzt Portugal auch eine eigene Wasserstoffstrategie. Hier sind die Voraussetzungen durch ein hohes Angebot an erneuerbaren Energien und eine bestehende Pipeline-Infrastruktur günstig. Ein Teil des Energieverbrauchs im Verkehrssektor soll bis 2030 durch Wasserstoff gedeckt werden
Im Rahmen der Wasserstoffstrategie sollen auch Tankstellen für Fahrzeuge entstehen. Als Nutzer kommen beispielsweise Brennstoffzellenbusse in Frage. Laut einem Bericht der Deutschen Welle entwickeln der lokale Bushersteller Caetano und Toyota gemeinsam solche Busse.
Portugal konnte in den vergangenen Jahren zudem einige Investitionen in Forschung und Entwicklung anziehen. Bosch hat 2018 ein Technologiezentrum eröffnet. In Kooperation mit der Universität Minho wird an Sensoren und Software für das automatisierte Fahren gearbeitet. Am Standort entstehen auch Multimediakomponenten für vernetzte Mobilität. Volkswagen entwickelt in einem Zentrum in Lissabon Software für vernetzte Fahrzeuge.
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