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Branchenbericht Ruanda Bau, übergreifend
Durch die Coronapandemie verzeichnet Ruandas Bausektor zumindest vorübergehend einen Einbruch. Wie es danach weitergeht, hängt stark von den Gebern ab.
28.05.2020
Von Carsten Ehlers | Kigali
Der ruandische Bausektor ist im regionalen Vergleich zu Kenia, Uganda und Tansania zwar klein, war aber in den vergangenen Jahren von hohem Wachstum geprägt. Viele Zulieferer und Dienstleister für den Bausektor sind in Ruanda noch gar nicht präsent, sondern bedienen den Markt aus der Ferne. Die Dynamik machte Unternehmen zunehmend neugierig auf das ostafrikanische Land. Durch die Pandemie hat sich die Lage nun schlagartig verändert.
Das in den ursprünglichen Prognosen oberhalb von acht Prozent verortete Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) muss nun deutlich nach unten korrigiert werden. Economist Intelligence Unit (EIU) erwartet im Mai immerhin noch einen Anstieg um 2,3 Prozent. Je nach Dauer der Pandemie steigt die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im Jahr 2020.
Bereits jetzt kommt es zu einem Einbruch bei den Neuaufträgen. Nicht auszuschließen, dass dieser Trend sich bis 2021 fortsetzt. Immerhin wurden ab Mai auf den Baustellen wieder leichte Lockerungen gestattet, sofern es sich um essentielle Maßnahmen handelt, die aus Sicht der Behörden umgesetzt werden müssen. Im April durchlitt die gesamte Wirtschaft des Landes einen strikten Lockdown.
Trotz des heftigen wirtschaftlichen Einbruchs könnte es sich für einige Zulieferer und Berater zumindest lohnen, den Markt im Auge zu behalten. Die Geber sind Ruanda grundsätzlich sehr wohl gesonnen und dürften auch weiterhin Kapital für neue Infrastrukturprojekte bereitstellen. Gleichwohl stieg die Staatsverschuldung Ruandas in den letzten Jahren stetig an, sodass einige Geberbanken schon vorsichtiger mit der Vergabe neuer Kredite wurden.
Ein beträchtlicher Teil des Baugeschäfts erwächst aus geberfinanzierten Infrastrukturmaßnahmen. Diese werden vor allem in den Bereichen Transport (Straßen, Flughäfen), Energie und Wasser durchgeführt. Viel Geld hierfür kommt von Gebern, wie der Weltbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank oder auch der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Partnerschaften mit China, der Türkei, Katar und Israel gewinnen zudem an Bedeutung.
Vorhaben | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Anmerkungen |
Bugesera International Airport | 1.300 | Erste Phase seit 2017 im Bau. Ende dieser Bauphase soll 2025 sein. | 2019 hat Qatar Airways 60% der Anteile übernommen. Die portugiesische Mota-Engil, welche den Bau begonnen hat und eine Betreiberlizenz über 25 erhielt, ist nicht mehr am Projekt beteiligt.
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Ruzizi III Hydropower Plant | 650 | Geplant. Finanzierung soll bis 2021 geklärt sein. Geplante Fertigstellung 2026. | Kapazität: 147 MW. Neben Ruanda sind Burundi und die DR Kongo am Projekt beteiligt. Finanzierung über Geber wie Weltbank, EU, AfDB, KfW und die französische Entwicklungsagentur (AFD). |
Peat-to-Power Plant | 350 | Im Bau. Geplante Fertigstellung Anfang 2020. | Kapazität: 80 MW. Standort: Gisagara-Bezirk Entwickler und Betreiber ist HQ Power, ein Unternehmen der türkischen Hakan AS. |
Rusumo Hydropower Plant | 468 | Im Bau. Antizipierte Fertigstellung 2021. | Kapazität: 80 MW. Finanzierung: Weltbank, AfDB. Gemeinschaftsprojekt von Ruanda, Burundi und Tansania. Auftragnehmer: CGCOC-Jiangxi Water & Hydropower Construction Company Joint Venture. Beteiligt ist u.a. Andritz Hydro(Österreich). |
Methangas-Abfüllanlage am Kivu-See | 400 | Absichtserklärung mit ruandischer Regierung 2019 unterzeichnet. | Entwickler: Gasmeth (US-nigerianisch-ruandisches Joint Venture). |
Nyabarongo II Hydropower Plant | 214 | Geplant. Einverständniserklärung wurde 2019 unterzeichnet. | Kapazität: 43,5 MW |
Sportstadien in Bugesera, Ngoma und Nyagatare | 27 | Im Bau. Fertigstellung 2020. | Baudurchführung: China Road & Bridge Corporation (CRBC). |
Modernisierung wichtiger Straßen in Kigali | 15 | Im Bau. Geplante Fertigstellung: 4/2020. | Maßnahmen, die von verschiedenen Baufirmen im Vorfeld des Commonwealth Heads of Government Meeting (CHOGM) durchgeführt werden. |
Ngoma-Nyanza-Road- Rehabilitation | 75,9 | 1. Phase im Bau. Geplante Fertigstellung 2020. | 130 Kilometer. 1. Phase: Kibugabuga-Gasoro (finanziert durch die Weltbank). 2. Phase (geplant): Ngoma-Bugesera (japanische Finanzierung) |
Viel Wert legt die Regierung auf die Versorgung der jährlich um etwa 300.000 Menschen wachsenden Bevölkerung mit Wohnraum. Weil ein Großteil der Bewohner in Armut lebt, genießt das Thema Low-Cost-Housing Priorität. Etwa 60.000 zusätzliche Einheiten werden pro Jahr benötigt. Erst kürzlich sind einige ausländische Unternehmen ins Land gekommen, die sich mit der Entwicklung von Modellen für Low-Cost-Houses beschäftigen. Anders als in vielen anderen afrikanischen Ländern, wo kleine Einzelhäuser gebaut werden, müssen aufgrund von Platzmangel in Kigali mindestens zweigeschossige Häuser konzipiert werden.
Ansonsten konzentriert sich ein Großteil des privaten Hochbaus auf die Hauptstadt Kigali. In den letzten Jahren erfuhr Kigali einen Bauboom, in dessen Rahmen viele neue Hotels, Büros und Wohnhäuser entstanden sind. Kigali macht auf Besucher heute einen im afrikanischen Vergleich sehr modernen und aufgeräumten Eindruck und wird von der Regierung als sicherer und funktionierender Hub in Afrika für Firmenansiedlungen vermarktet. Da der erhoffte Andrang bislang ausfiel, stehen viele Gebäude jedoch leer, sodass mit einem Abflachen im Bereich des privaten Hochbaus zu rechnen ist.
Chancen für Baufirmen kann mittelfristig auch der Bergbau bringen. Dieser spielt jedoch in Ruanda bislang eine untergeordnete Rolle. Große Bergbaugesellschaften, die Subkontraktoren für den Betrieb von Minen beauftragen, gibt es noch nicht. Gleichwohl verfügt der Bergbau über Potenzial und die Regierung versucht bis heute, den Sektor für international operierende Bergbaugesellschaften zu öffnen. Damit könnten mittelfristig auch Chancen für die Lieferung von Bergbautechnik entstehen. Insbesondere Mineralien wie Zinn, Tantal und Wolfram sind reichlich vorhanden in Ruanda.
Für deutsche Unternehmen bestehen Geschäftsmöglichkeiten in verschiedenen Feldern des Bausektors. An oberster Stelle stehen wertmäßig vermutlich die Lieferungen von Baumaschinen. Im Jahr 2018 wurde nach Angaben des VDMA ein Rekordergebnis in Höhe von 2,8 Millionen Euro erzielt. Im Jahr 2017 erreichte der Lieferumfang gerade einmal 20.000 Euro. Die Lieferungen sind stark schwankend, projektabhängig und insgesamt noch gering, sodass die meisten Baumaschinenproduzenten Ruanda von Nairobi (Kenia) oder Kampala (Uganda) aus versorgen. Dort sind sie in der Regel über Handelsvertreter präsent.
Händler | Baumaschinenhersteller | Kurzbeschreibung des Händlers |
Rockplant | Hitachi, Terex, FRD Furukama | Kein Sitz in Ruanda. Seit 2006, derzeit mit Niederlassungen in Kenia, Tansania und Uganda. In Kenia Filialen in Nairobi und Mombasa. |
Machines & Tractors Rwanda (MTR) | JCB, Kaeser Luftkompressoren | Sitz in Kigali. Mutterkonzern ist Muscat Overseas in Oman. |
AZ Impex | Bomag, Komatsu | Sitz in Kigali. Gehört zur belgischen Bia-Group, die in Westafrika sehr präsent ist. Seit 1995 in Ruanda aktiv. |
Panafrican Equipment | Wirtgen | Kein Sitz in Ruanda – das Land wird von der Niederlassung in Kampala (Uganda) bedient. Im anglophonen West- und Ostafrika präsent; Hauptsitz ist in Dubai. |
Tractafric Equipment | Caterpillar | Sitz in Kigali. Tractafric ist vor allem in frankophonen Ländern West- und Zentralafrikas aktiv. Die Niederlassung in Kigali existiert seit 2003. |
NECST Motors | Volvo | Kein Sitz in Ruanda. Niederlassungen in Kenia, Tansania und Uganda. In Tansania präsent mit einem Büro in Daressalam. |
Kanu Equipment(ESS Equipment) | Bell, Liebherr | Kein Sitz in Ruanda. Neben Tansania noch aktiv in mehreren Ländern West-, Zentral- und des südlichen Afrikas. Hauptsitz ist in Johannesburg. In Tansania präsent in Daressalam. |
Auch hochwertige Werkzeuge werden in Ruanda von den dort operierenden Bauunternehmen gekauft. Hinzu kommen Armaturen und Möbel guter Qualität für Hotels, Büros und Wohnhäuser für Wohlhabende. Jede Menge Aktivitäten bestehen auch im Baustoffsektor. So unterstützt das schweizerische Beratungsbüro Skat Ziegelfabriken in Ruanda beim Einsatz verbesserter Herstellungstechnologien. Das US-amerikanisch-ruandische Unternehmen Remote investiert in die Herstellung von Gasbeton (Ytong). Insbesondere in die Entwicklung von Baustoffen für Low-Cost-Houses fließt reichlich Geld.
Möglichkeiten, sich bei Infrastrukturprojekten einzubringen, bestehen auch für Ingenieurberater bei der Erstellung von Machbarkeitsstudien oder Umweltstudien für größere Projekte. Gleiches gilt bei komplizierteren Projekten für die Bauaufsicht. Deutsche Ingenieurbüros betreiben in Kigali zwar kein Büro, betreuen den Markt aber von Kampala oder Nairobi aus.
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