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Rumäniens Autoindustrie konnte ohne Probleme Lieferausfälle überbrücken. Es mangelt eher an Facharbeitern, besonders zu Zeiten der Coronakrise.
01.03.2021
Von Dominik Vorhölter | Bonn
Trotz einer Unterbrechung der globalen Lieferketten im Frühjahr 2020 liefen die Autofabriken in Rumänien weitestgehend ungestört. Ein Grund dafür ist die relativ gut entwickelte Automobilindustrie im Land, deren Treiber die Renault-Gruppe mit Dacia und der US-amerikanische Autokonzern Ford sind. Unterm Strich rollten nur rund 11 Prozent weniger Autos vom Band als im Vorjahr. Die rumänische Kfz-Industrie erreichte 2020 damit einen Ausstoß von 438.107 Autos.
Grund dafür waren die Produktionsstopps bei Ford und Dacia in den Monaten März, April und Mai und bei Ford noch einmal ab Mitte Dezember 2020 bis zum 4. Januar. Beide Konzerne hatten Anfang 2020 noch mit einem Produktionsziel vor insgesamt 700.000 Einheiten gerechnet. Dies konnte vor allem wegen der zu schwachen Nachfrage nicht erreicht werden. Dacia und Ford verfolgen weiter das Ziel, mehr lokale Zulieferer in ihre Produktionsketten zu integrieren. Die Branche zählt rund 230.000 Beschäftige.
Die Renault-Gruppe strukturiert derzeit ihre Produktionslinien im Werk Mioveni um und macht Rumänien zum Fertigungsort für höherpreisige Fahrzeuge. Die Produktion des Kleinwagens Dacia-Sandero will das Unternehmen an den Standort Marokko verlagern, hieß es in einer Ankündigung im Oktober 2020. In Mioveni sollen dann ab Herbst 2021 nur noch der SUV (Stadtgeländewagen) Sandero Stepway und der Mittelklassewagen Logan in der dritten Generation vom Band rollen. In welcher Stückzahl diese Modelle produziert werden, ist derzeit noch nicht bekannt.
Die Renault-Gruppe setzt dabei die mit Nissan und der Mitsubishi Alliance gemeinsam entwickelte Fahrzeugplattform CMF-B (Common Model Family im Segment B) ein. Dabei erhöht Dacia die Automatisierung bisheriger Fertigungsschritte um mehr als ein Viertel. Zudem werden etwa 40 Prozent der Modelle aus dem Werk Mioveni einen Verbrennungsmotor erhalten, der mit Autogas (Liquified Petroleum Gas, kurz LPG) angetrieben wird.
Fahrzeuge mit Dieselmotoren will die Renault-Group in Rumänien nicht mehr produzieren. Dafür erhalten die Autos eine höherwertige Innenausstattung sowie neue Sicherheits- und Fahrassistenzsysteme. Eine zu Beginn des vergangenen Jahres angekündigte Erweiterung der Produktionskapazitäten in Höhe von rund 100 Millionen Euro hat die Renault-Gruppe wegen der Coronakrise vorerst auf Eis gelegt.
Denselben Trend zu mehr Wertschöpfung ist auch beim Konkurrenten Ford zu beobachten. Der US-amerikanische Autobauer hatte bereits im Oktober 2019 mit der Produktion des sogenannten Crossover-SUV Ford Puma begonnen. Dieses Modell besitzt einen Hybrid-Antrieb. Im vergangenen Jahr sollte eine neue Presslinie für die Sportversion des Modells folgen. Diese Investition in Höhe von 29,5 Millionen Euro hat Ford Corona-bedingt verschoben. Rumänien ist mit dem Modell Puma zum Produktionsstandort für Fahrzeuge im Mittelklasse-Segment geworden, von dem täglich rund 1.000 Stück vom Band rollen. Es gilt laut der Gesellschaft europäischer Verkehrsministerien, Automobilclubs und Versicherungsverbände NACP als das sicherte Auto des Jahres 2019.
Die Umstrukturierungen bei Dacia und Ford kommen denjenigen Zulieferern entgegen, die hochwertige Kfz-Komponenten anbieten, wie etwa dem Ausrüster für Türgriffsysteme, Schließgarnituren und Tankdeckel, Huf Romania. Das Unternehmen hat seine Produktionsfläche am Standort Arad im Westen des Landes verdoppelt und wird in diesem Jahr eine weitere Produktionseinheit aufbauen.
Es gibt weitere internationale Unternehmen, die sich 2020 für die rumänische Kfz-Industrie interessierten und in den Markt mit Übernahmen heimischer Unternehmen eingestiegen sind. Die schwedische Gruppe Holmbergs, bekannt als Hersteller von Sicherheitsgurten hat für 30 Millionen Euro den rumänischen Hersteller von Sitzbezügen und Anbieter von Autokindersitzen, Te-Rox, in Pascani übernommen. Auch der italienische Hersteller von Felgen, Magnetto Wheels, kaufte für 45 Millionen Euro den rumänischen Konkurrenten Roti Auto Dragasani im Kreis Valcea auf.
Vorhaben | Investitionssumme (in Mio. Euro) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Bau einer Fabrik für Lithium-Ionen-Batterien bei Bukarest | 250 | Pläne wurden 2020 bekannt. | |
Erweiterung des F&E-Zentrums in Timisoara | 33 | Geplante Baufläche: 26.000 qm; Fertigstellung: April 2021 | |
Bau einer Pressenlinie zur Produktion von Kfz-Teilen bei Ford-Werk in Craiova | 29,5 | Projekt im Sommer 2020 gestartet; geplante Fertigstellung: 2. Quartal 2021 | |
Bau einer Kfz-Teile-Fabrik in Dragasani, Kreis Valcea | 20 | Beginn der Massenproduktion: 2021 | Coșkunöz Holding (Türkei) |
Bau eines Show-Rooms in Bukarest und einer Werkstatt | k.A. | Anschaffung des Grundstücks steht an; erste Anstellungsanzeigen veröffentlicht | |
Bau einer E-Batterien-Produktionsanlage und eines F&E-Zentrums | k.A. | Pläne wurden 2020 bekannt. |
Trotz Coronakrise bleiben die strukturellen Engpässe auf dem Arbeitsmarkt bestehen, besonders in der Fertigung sowie in Forschung und Entwicklung. Aktuell will zum Beispiel der Kabelhersteller Leoni in Bistrita 95 Mitarbeiter anheuern. Der Hersteller für Fahrerbediensysteme Preh in Brasov sucht 140 Mitarbeiter und der Sicherheitsgurte-Hersteller Autoliv in Brasov und Lugoj gar 400 Mitarbeiter. Autoliv verlagert den Großteil seiner schwedischen Produktion sowie einen Teil der Entwicklungstätigkeiten nach Rumänien (Brasov) und Frankreich.
Unternehmen | Herkunftsland |
---|---|
Bosch | Deutschland |
Continental | Deutschland |
Dräxlmaier | Deutschland |
Eberspächer | Deutschland |
Huf | Deutschland |
Kirchhoff | Deutschland |
Kromberg & Schubert | Deutschland |
Leoni Wiring Systems Ro | Deutschland |
Marquardt Systeme | Deutschland |
Preh Romania | Deutschland |
Schaeffler Romania | Deutschland |
TRW Automotive Safety Systems | Deutschland |
Delphi | USA |
Emerson | USA |
Inteva | USA |
Key Safety Systems | USA |
Lear Corporation | USA |
Timken | USA |
Faurecia | Frankreich |
Michelin | Frankreich |
Novares | Frankreich |
Valeo | Frankreich |
Calsonic Kansei | Japan |
Roki | Japan |
SEWS | Japan |
Alu Menziken | Schweiz |
Autoliv | Schweden |
Coindu | Portugal |
Mecaplast | Monaco |
Pirelli | Italien |
VCST Automotive Production | Belgien |
Die Städte Pitesti und Mioveni (Dacia) im Zentrum Rumäniens und Craiova (Ford) im Süden bilden gemeinsam mit der Region im Westen als Standort vieler Zulieferer die größten Automotive-Cluster des Landes. In der rumänischen Kfz-Branche sind etwa 430 heimische und 200 internationale Unternehmen aktiv und beschäftigen rund 240.000 Mitarbeiter.
2019 | Januar bis September 2019 | Veränderung Januar bis September 2020/2019 | davon aus Deutschland 2020 | |
---|---|---|---|---|
SITC 778.3 Kfz-Elektrik | 365,51 | 270,08 | -20,12 | 31,16 |
SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc. | 3.759,29 | 2.866 | -17,27 | 948,23 |
SITC 773.13 Zündkabelsätze | 760,15 | 576,49 | -20,81 | 33,93 |
SITC 713.2 Motoren | 587,34 | 456,18 | -48,43 | 7,05 |
Summe | 5.472 | 4.169 | -21,36 | 1.020 |
Stand Januar 2021
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