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Branchen | Russland | Kosmetika

Schwenk zu einheimischen Kosmetika

Der russische Markt für Kosmetika und Körperpflegemittel hatte unter den Beschränkungen der Coronakrise stark zu leiden. Ein schneller Aufschwung ist nicht in Sicht.

Von Gerit Schulze | Moskau

Der russische Markt für Kosmetika zeigt Sättigungstendenzen. Bei Haarpflege- und Körperpflegeartikeln ermittelte Marktforscher NielsenIQ 2020 einen Rückgang der Verkäufe um knapp 8 Prozent. Das hing vor allem mit der Schließung großer Einkaufszentren und Supermärkte während des Corona-Lockdowns zusammen.

Euromonitor bezifferte das Marktvolumen für Schönheitspflegemittel in Russland 2020 auf 613 Milliarden Rubel (7,4 Milliarden Euro; durchschnittlicher Wechselkurs der EZB 2020: 1 Euro = 82,72 Rubel). Die Investitionsgruppe TealTech Capital schätzt den Umsatzwert für Kosmetikartikel auf 650 Milliarden bis 700 Milliarden Rubel pro Jahr. Die US-Handelsagentur ITA taxierte die Marktgröße für 2020 sogar auf 9,6 Milliarden Euro, was dennoch einem Minus um 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entsprach.

Männer haben Nachholbedarf

Trotz der aktuellen Stagnation weist der Markt gute Perspektiven auf. Verbraucherinnen in Russland geben einen höheren Anteil ihres Haushaltsbudgets für Kosmetika aus als in Westeuropa. Das eröffnet bei steigenden Einkommen viel Potenzial. Großen Nachholbedarf hat das Segment der Pflegemittel für Männer. Außerdem sind die Kunden sehr offen für neue Marken und Produkte.

Laut Analysen des Marktforschungsinstituts BusinesStat hatten die Verkäufe kosmetischer Artikel in Russland im Jahr 2017 ihren Höchststand mit 3,51 Milliarden Einheiten. Danach ging es zwei Jahre bergab. Während der Coronapandemie stieg der Bedarf an Seife, Desinfektionsmitteln und Handcremes. BusinesStat gibt das Verkaufsvolumen an Kosmetikartikeln für 2020 mit 3,42 Milliarden Einheiten an.

Kurzfristig sind die Wachstumsaussichten aber begrenzt, weil die Kaufkraft im Land stagniert. Bei den real verfügbaren Einkommen verzeichnete die Statistikbehörde 2020 einen Rückgang um 3 Prozent. Im 1. Quartal 2021 sank der Wert sogar um über ein Viertel im Vergleich zur Vorjahresperiode. Die Marktforscher von BusinesStat erwarten daher für die Jahre 2021 und 2022 sinkende Kosmetikaverkäufe in Russland. Erst 2025 soll ihren Prognosen zufolge der Verkaufswert von 2020 wieder erreicht werden. 

Drogerien und Internet wichtige Absatzkanäle

Beim Absatz setzen sich immer mehr Drogerieketten und der Onlinehandel durch. Laut M.A. Research gab es Anfang 2019 mehr als 19.500 Drogeriegeschäfte. Marktführer ist Magnit Kosmetik mit 5.800 Filialen vor Ulybka radugi mit 900 und Rubel Bum mit über 600 Läden.

Steigende Exporte nach Deutschland und Israel

Die schwache Kaufkraftentwicklung dürfte sich auf die Importe auswirken. Bislang entfällt die Hälfte des Kosmetikverbrauchs in Russland auf Importprodukte. Die wichtigsten Lieferanten sind Frankreich, Deutschland, Italien, die USA und Polen. Zu den führenden internationalen Anbietern gehören die L’Oreal Group, Procter & Gamble, Beiersdorf, Avon, Unilever und Estée Lauder.

Die Verbraucher greifen allerdings zunehmend zu einheimischen Produkten. Dazu trägt der schwache Rubel bei, der Importe verteuert und russische Waren konkurrenzfähiger macht. Der größte Onlinehändler des Landes, Wildberries, berichtet zudem von einer steigenden Nachfrage nach russischen Kosmetika im Ausland, besonders in Israel und Deutschland. Von Januar bis April 2021 habe sich der Auslandsabsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum vervierfacht.

Dazu tragen hochwertigere Verpackungen und bessere Qualitätsstandards bei, die führende Hersteller wie Tschistaja linija, Levrana, Compliment, Estel und Naturica Siberica inzwischen nutzen. Das Russische Exportzentrum REZ will bei Amazon Deutschland einen eigenen Online-Shop für russische Produkte starten und dort vorrangig Kosmetika und Haushaltschemie platzieren.

Produktion von Kosmetik und Körperpflegemitteln in Russland

2018

2019

2020

Januar bis April 2021 (Veränderung zur Vorjahresperiode in %)

Seife (fest), in 1.000 t

61,9

64,5

73,8

-16,5

Reinigungsmittel, in 1.000 t

1.827

1.871

1.989

0,9

Deos und Raumsprays, in Mio. Stück

217

205

195

3,1

Quelle: Rosstat

Neue Investitionsprojekte

Die sibirische Kseolab will in der Sonderwirtschaftszone Tomsk Kosmetikartikel auf Xenon-Basis produzieren, darunter Creme-Masken, Hautreiniger und Aknemittel. Nach Angaben der örtlichen Verwaltung hat das Unternehmen dafür einen Produktionsvertrag mit der US-Firma Xenon Skincare abgeschlossen.

Das Marktpotenzial lockt auch branchenfremde Unternehmen an. Der Tomsker Snack- und Süßwarenhersteller KDV plant künftig zusätzlich die Produktion von Shampoos, Duschgels und Flüssigseife. Das berichtete die Wirtschaftszeitung Kommersant. 

Das bisher auf Haushaltschemie spezialisierte Unternehmen Forsal führt eine neue Produktlinie ökologisch verträglicher Körperpflegemittel wie Seifen und Shampoos ein. In der Anfangsphase will Forsal auf Auftragsfertiger zurückgreifen und nach erfolgreicher Markteinführung eigene Kapazitäten aufbauen. Kosmetika mit Biolabel führen in Russland bislang nur ein Nischendasein, verzeichnen im Unterschied zum Gesamtmarkt aber gute Wachstumsraten.

Ein anderer Hersteller von Haushaltschemie, Synergetic, will künftig ebenfalls Shampoos, Duschgels und Balsame produzieren. Das gab das Unternehmen beim Sankt Petersburger Wirtschaftsforum im Juni 2021 bekannt.

Kennzeichnungspflicht für Parfüms und Duftwässer

Seit 1. Oktober 2020 müssen Parfümeriewaren in Russland mit einem digitalen DataMatrix-Code gekennzeichnet werden. Für Waren, die vor diesem Zeitraum produziert oder ins Land eingeführt wurden, gilt eine Übergangsfrist bis 30. September 2021. Betroffen sind alle Waren der Zolltarifnummer (HS-Code) 3303. Dazu gehören Parfüms und Duftwässer, aber keine Körperdeos, Haarwässer und Rasierwässer.

Außerdem steigt der Druck auf Kosmetikproduzenten, umweltfreundlichere Verpackungen zu benutzen. Durch die erweiterte Herstellerverantwortung haften sie künftig für die Wiederverwendung. Geplant ist, Verpackungen ab 2022 zu 100 Prozent zu recyceln. Unternehmen, die diese Quote nicht erreichen, müssen höhere Umweltabgaben zahlen. Der deutsche Henkel-Konzern hat in einem Pilotprojekt erste Pfandautomaten für Kosmetikartikel und Haushaltschemie in russischen Supermärkten aufgestellt. Dort können Kunden gebrauchte PET-Flaschen und Aluminiumdosen einwerfen und erhalten dafür Rabattgutscheine.

Markteintritt über Fachmessen

Zur Anbahnung von Kontakten auf dem russischen Markt empfiehlt es sich, die wichtigen Fachmessen besuchen:


ChemicosBeauty, Fachmesse für Kosmetika und Parfümeriewaren

14. bis 16. September 2021, Messezentrum Krokus Expo, Moskau 


Interbytchim, Fachmesse für Haushaltschemie und Körperhygiene

10. bis 11. März 2022, Ausstellungszentrum Gostiny dwor, Moskau

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