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Branchen | Russland | Transport und Logistik

Transportbranche arbeitet am Limit

Der russische Logistiksektor brummt. Lagerflächen sind ausgebucht, Frachtpreise steigen und Häfen stoßen an ihre Grenzen. Die neue Transportstrategie sieht mehr Investitionen vor.

Von Gerit Schulze | Moskau

Das Transportministerium überarbeitet derzeit die Transportstrategie des Landes. Die Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur sollen weiter steigen. Insgesamt will Russland bis 2035 jährlich rund 3 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Modernisierung der Transportwege ausgeben. Das Gesamtvolumen der öffentlichen und privaten Investitionen in den nächsten 15 Jahren wird auf 600 Milliarden bis 1 Billion Euro veranschlagt.

Der Schwerpunkt liegt auf dem Ausbau des Straßen- und Schienennetzes. Geplant sind unter anderem Umgehungsstraßen für Wolgograd, Wladikawkas und Anapa sowie eine bessere Straßenanbindung der Schwarzmeer- und Ostseehäfen. Neue Hochgeschwindigkeitsstrecken für die Bahn sollen von Moskau nach Kasan, Sotschi und Sankt Petersburg führen. Bahnhöfe an wichtigen Knotenpunkten werden saniert. Die sibirischen Eisenbahntrassen Baikal-Amur-Magistrale und Transsib werden ausgebaut.

Neue Flughäfen für die Arktisregion

Die überarbeitete Transportstrategie sieht außerdem Investitionen in die Luftfahrt vor. In der Arktisregion und im Fernen Osten sollen 21 Flughäfen modernisiert werden. Regionale Fluggesellschaften bekommen Subventionen. Ein wichtiges Ziel ist es zudem, die Nordostpassage durch das arktische Eis für Schiffe ganzjährig befahrbar zu machen und dafür die entsprechende Eisbrecher und Hafeninfrastruktur zu schaffen.

Die strategische Planung für den Transportsektor soll mit den neuen Zielvorgaben für eine emissionsärmere Wirtschaft synchronisiert werden, betonen Regierungsvertreter. Tatsächlich steigt im russischen Transportsektor das Interesse an einer Senkung des Treibhausgasausstoßes. Das Eisenbahnunternehmen Transcontainer hatte im Herbst 2021 erstmals grüne Zertifikate beim Energieerzeuger EN+ gekauft, um seinen Stromverbrauch auf erneuerbare Energiequellen umzustellen. Damit soll der Transport von Aluminium emissionsfrei abgewickelt werden können.

Probleme beim Straßentransport nach Europa

Die weltweiten Störungen der Lieferketten betreffen auch Russland. Logistikunternehmen berichteten im Herbst 2021 von zunehmenden Schwierigkeiten beim Straßentransport zwischen Russland und der Europäischen Union (EU). Ursachen sind Engpässe bei Fahrern, Ersatzteilen sowie die hohen Dieselkosten. Außerdem kommt es an den EU-Außengrenzen zu längeren Abfertigungszeiten als üblich. In der Folge haben die Frachtpreise deutlich angezogen. Laut Tageszeitung Kommersant kostet eine Lieferung aus Deutschland inzwischen bis zu 3.000 Euro je Lkw-Ladung.

Auch im innerrussischen Verkehr sind die Preise 2021 laut Frachtbörse ATI.SU kräftig gestiegen, beispielsweise auf der Strecke Moskau – Sankt Petersburg innerhalb eines Jahres um 50 Prozent.

Im Fernen Osten des Landes stoßen die Containerhäfen an ihre Leistungsgrenzen. Da Chinas Europarouten über den Suezkanal erheblich teurer geworden sind, setzen Speditionen auf den Landweg über Russland und können so laut Medienberichten bis zu 40 Prozent der Transportkosten sparen. Ein Nadelöhr bleibt aber der Containerumschlag in den Häfen Nachodka und Wladiwostok. Daher rücken nun auch die Häfen auf Russlands größter Insel Sachalin ins Blickfeld, die in den nächsten Jahren massiv ausgebaut werden sollen.

Flächen in Logistikzentren stark nachgefragt

Der ungebremste Aufstieg des Internethandels treibt den Bedarf an neuen, modernen Logistikzentren weiter nach oben. Experten schätzen, dass 2021 allein im Großraum Moskau rund 1,5 Millionen Quadratmeter neue Flächen in Betrieb genommen wurden - so viel wie seit sieben Jahren nicht mehr. Vor allem die PNK Group will rund um Moskau weitere große Logistikparks errichten, unter anderem für den Onlinehändler Ozon. Ebenso vergrößert die chinesische Alibaba Group in Russland ihre Lagerflächen. Allerdings hat der Boom seinen Preis, denn der Bau von Logistikparks verteuert sich derzeit stärker als andere Immobiliensegmente. Laut Colliers kostete die Errichtung von Lagerhallen im 1. Halbjahr 2021 ein Viertel mehr als im Vorjahreszeitraum.

Drohnen zur Belieferung entlegener Gebiete

Nicht zuletzt der Boom beim Paketversand hat russische Flugzeugbauer und die Industrieholding AFK Sistema dazu bewogen, Frachtdrohnen zu entwickeln. Sie könnten vor allem in entlegenen Gebieten im Hohen Norden sowie auf Kamtschatka und Tschukotka Waren ausliefern. Das Vorhaben wird vom Transportministerium unterstützt. Zum potenziellen Kundenkreis gehören neben der Russischen Post auch die Rohstoffkonzerne, die damit ihre Arbeitersiedlungen und Lagerstätten versorgen könnten. Aus dem Nationalen Wohlstandsfonds sollen bis 2024 rund 40 Millionen Euro zur Beschaffung solcher Drohnen fließen.

Investitionsprojekte im russischen Transport- und Logistiksektor

Projekt

Investition (Mio. Euro)

Geplante Fertigstellung

Projektbetreiber

Umschlag- und Lagerkomplex für Kohle, Getreide, Container im Hafen Primorsk / Leningrader Gebiet

2.000

2024

Primorski UPK

Ausbau des Hafens Noworossijsk / Region Krasnodar

1.500

2029

Transneft

Brücke über den Fluss Lena / Jakutien

1.500

2024

Konsortium von Rostech und VIS Group

Umbau und Erweiterung des Hafens Korsakow / Insel Sachalin

1.115

2030

Regierung des Gebiets Sachalin) sucht noch Investoren für das Projekt)

Bau eines neuen Flughafens / Lewaschowo, Sankt Petersburg

500

2024

Auf Konzessionsbasis unter Federführung von Gazprom

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

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