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Saudi-ArabienTourismus / Bau, übergreifend
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Der starke Ausbau der Freizeit- und Tourismusindustrie gehört zur saudiarabischen Entwicklungsstrategie (Vision 2030). Mit mehreren Großprojekten wurde bereits begonnen.
06.10.2020
Von Hanna Riehle, Robert Espey | Riad, Dubai
In der Vergangenheit kamen ausländische Besucher vor allem als religiöse Touristen, Geschäftsleute oder zu Familienbesuchen nach Saudi-Arabien. Offiziellen Angaben zufolge stieg im islamischen Jahr 1440 (2018/2019) die Zahl der religiösen Touristen, die zur Hadj oder Umrah nach Mekka und Medina reisten, auf 7,5 Millionen (1439: 6,8 Millionen).
Die angestrebte Ausweitung des nicht-religiösen Tourismus soll parallel zu einer Erhöhung der religiösen Touristen erfolgen. Die "Vision 2030" sieht eine Steigerung der Hadj-Pilger von in den letzten Jahre 2 Millionen bis 3 Millionen (2019: 2,5 Millionen) auf 4,5 Millionen vor. Die Zahl der Umrah-Pilger soll sich auf 30 Millionen erhöhen, Umrah-Reisen sind ganzjährig außerhalb der Hadj-Zeit möglich.
Im September 2019 hat Saudi-Arabien begonnen, seine Grenzen auch für Bildungs- und Erholungstourismus weit zu öffnen. Das neue Touristenvisum können Besucher aus 49 Ländern (darunter auch Deutschland) online (eVisa) oder auch bei der Einreise am Flughafen (Visa on Arrival) erhalten. Es ist ein Jahresvisum zur mehrfachen Einreise und berechtigt zu einer Aufenthaltsdauer von insgesamt 90 Tagen.
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde aber am 15. März 2020 eine grundsätzliche Einreisesperre verhängt, die seit 15. September etwas gelockert ist. Eine touristische Einreise ist aber weiterhin nicht möglich.
Die touristische Öffnung geht einher mit einer gewissen Liberalisierung der zuvor sehr restriktiven islamischen Verhaltensregeln. So wurde beispielsweise die Kleiderordnung für Frauen gelockert.
Der Beitrag des Tourismus zum Bruttoinlandsprodukt soll von weniger als 4 Prozent (2019) auf 10 Prozent (2030) ansteigen. Am 22. Januar 2020 erklärte der Chef der Saudi Commission for Tourism and National Heritage (im Februar umbenannt in Ministerium für Tourismus), Ahmad Al Khatib, zwischenzeitlich seien 500.000 Touristen mit dem neuen Visum eingereist. Beobachter weisen allerdings darauf hin, dass das neue eVisa auch von vielen Besuchern genutzt wird, die bislang mit anderen Visa (Geschäftsvisum etc.) ins Land kamen.
Als Prognose für 2020 nannte Al Khatib 50 Millionen Touristen, bis 2030 sollen 100 Millionen erreicht werden. Die Zielmarke für 2020 bewerteten Branchenkenner schon damals als wenig realistisch. Mit einer Corona-Pandemie wurde noch nicht gerechnet.
Ab Januar 2021 will Saudi-Arabien die Grenzen wieder weitgehend öffnen. Ob dann auch nicht-religiöse Touristen schon wieder zugelassen werden sollen, ist noch unklar und dürfte auch vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie abhängen Eine begrenzte Einreise von ausländischen Pilgern soll schon ab November möglich sein.
Die Tourismusstrategie zielt nicht nur auf ausländische Besucher. Auch der inländische Tourismus soll stark forciert werden. Dass der Inlandstourismus großes Potenzial hat, zeigt der offensichtlich recht beachtliche Erfolg der "Saudi Summer 2020" Kampagne (Juni bis September), die von der Saudi Tourism Authority initiiert wurde. Zehn Reiseziele, die ein breites Spektrum (Städte, Strände, Berge etc.) abdeckten, waren im Angebot: Jeddah, King Abdullah Economic City, Abha, Tabuk, Khobar, Dammam/Ahsa, Al Baha, Al Taif, Yanbu/Umluj und Riad.
Die von wohlhabenden Saudi-Arabern ausgegebenen Milliarden für Auslandsreisen nach Dubai, Europa oder in die USA sollen verstärkt im Inland ausgegeben werden. Dazu ist der Bau großer Ferien- und Freizeitanlagen geplant, die Ausländer ebenso anziehen sollen wie Saudi-Araber und die in Saudi-Arabien lebenden Expats.
Projekt | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand *) | Projektbetreiber |
---|---|---|---|
Red Sea Tourism Project: Phase 2 | 9.000 | ST | The Red Sea Development Company |
Ad Diriyah Gate: Wadi Safar Developments | 6.047 | DE | Diriyah Gate Development Authority |
Jabal Al Kaaba 2 Hotels (4.000 Rooms) | 1.200 | DE | Abdul Latif Jameel |
King Salman International Park: Infrastructure | 1.000 | DE | Ar Riyadh Development Authority |
Amaala (Riviera of the Middle East): Airport, Coastal Development, The Island | 850 | DE | Public Investment Fund |
Ad Diriyah Gate: Phase 1: Mixed-Use Development | 800 | DE | Diriyah Gate Development Authority |
The Qiddiya Project: City Center | 600 | DE | Qiddiya Investment Company |
The Qiddiya Project: Golf and Residential Facilities | 600 | ST | Qiddiya Investment Company |
Downtown: Phase 1 | 586 | DE | Madinah Knowledge Economic City |
Al Faisaliah Riyadh Redevelopment Project: Phase 2: Hotel and Mall | 533 | AP | Al Khozama Management Company |
Sports Boulevard | 500 | DE | Ar Riyadh Development Authority |
The Qiddiya Project: Eco Core | 500 | ST | Qiddiya Investment Company |
The Qiddiya Project: Resort Core | 500 | DE | Qiddiya Investment Company |
Wadi Al Disah Eco Tourism Project | 300 | DE | Public Investment Fund |
Al Ula (Madain Saleh) Tourism Development: Service Area and Urban Centres: Phase 1 | 180 | DE | Royal Commission for Al Ula |
Zu den geplanten beziehungsweise schon angelaufenen Großprojekten gehören zwei Anlagen am Roten Meer (Red Sea Tourism Project, Amaala) und ein Vergnügungspark (Qiddiya Entertainment City) westlich von Riad. Auch das Mega-Stadtentwicklungsprojekt NEOM am Roten Meer soll Tourismusprojekte umfassen.
Ferner sollen historische Stätten (Madain Saleh, Hail Rock, Ad Diriyah, Rijal Alma Village/Asir Region etc.) und landschaftliche Attraktionen (Al Ahsa Oasis, Wadi Al Disah, Farasan Island etc.) eine moderne touristische Infrastruktur erhalten. Dabei wird betont, dass bei den Planungen Umweltverträglichkeit eine zentrale Rolle spielen soll.
An den hohen Tourismusinvestitionen will sich der Staat beteiligen (Public Investment Fund, Tourism Development Fund etc.), aber der Großteil des Kapitals wird von privaten in- und ausländischen Investoren erwartet. Die Datenbank MEED Projects weist im Freizeit- und Tourismussektoren geplante Investitionen in Höhe von 54 Milliarden US$ aus. Bereits im Bau (oder zumindest vergeben) sind Vorhaben für 5 Milliarden US$.
Das Red Sea Tourism Project wird mit rund 15 Milliarden US$ kalkuliert. Die Fertigstellung aller Bauphasen ist bis 2024 vorgesehen. Projektbetreiber ist die zum Public Investment Fund gehörende The Red Sea Development Company (TRSDC), deren Chairman ist Kronprinz Mohammad bin Salman. Das Projekt soll in zwei Phasen realisiert werden. Bislang wurden Aufträge im Gesamtwert von 0,8 Milliarden US$ vergeben.
Das Amaala Projekt sieht nach vorläufiger Planung den Bau von 30 Hotels mit 2.525 Zimmern sowie die Errichtung von 835 Ferienvillen und Apartments vor. Projektbetreiber ist auch hier der Public Investment Fund. Amaala ist in vier Teilprojekte aufgeteilt. Es sollen ein Flughafen und drei touristische Zonen (The Island, Triple Bay, Coastal Development) gebaut werden. Die Gesamtkosten werden auf 3 Milliarden US$ geschätzt. Im August 2020 wurde ein erster Bauauftrag zur Durchführung von Erdarbeiten für den Hafen (Marina) in Triple Bay vergeben. Das Architekturbüro Foster + Partners arbeitet am Flughafenprojekt.
Alle Phasen der Qiddiya Entertainment City sollen bis 2035 abgeschlossen sein. Bislang beläuft sich der Wert der geplanten Teilprojekte auf etwa 9 Milliarden US$. Es sind Aufträge für Infrastrukturarbeiten in Höhe von 0,3 Milliarden US$ unterzeichnet worden.