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Die Bauwirtschaft Südafrikas hat durch die schwache Konjunktur in den letzten Jahren Federn lassen müssen. Die Coronakrise bremst weiter, Programme zum Aufschwung geben Hoffnung.
13.01.2021
Von Marcus Knupp | Berlin
Die strikten Einschränkungen als Reaktion auf die Coronapandemie hat die südafrikanische Wirtschaft im Frühjahr 2020 zu einem weitgehenden Stillstand gebracht. Über den Sommer wurden die Beschränkungen schrittweise gelockert, dennoch rechnet der Internationale Währungsfond (IWF) für das Gesamtjahr mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 8 Prozent. Wesentlich stärker betroffen ist die Bauwirtschaft nach den vorliegenden Zahlen für die Monate Januar bis September.
Hier wirkt sich nicht nur der direkte Stopp der Arbeiten auf den Baustellen während des zweimonatgen Lockdowns negativ aus, sondern auch die Zurückhaltung bei Investitionsentscheidungen. So verringerte sich der Wert der fertiggestellten Gebäude einschließlich An- und Umbauten in den ersten neun Monaten 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 52,8 Prozent auf 1,74 Milliarden Euro. Aber auch das Volumen der neu erteilten Baugenehmigungen sank im selben Zeitraum um 41,4 Prozent auf nur noch 2,65 Milliarden Euro. Insgesamt erwartet die Regierung 2020 einen Rückgang des Bausektors um circa 14 Prozent.
In dieser prekären Lage setzt Südafrika mit groß angelegten Investitionsprogrammen für die Infrastruktur positive Signale. Ohnehin spielt der Bereich Infrastrukturbau mit einem Anteil von 61,8 Prozent an den gesamten Bauinvestitionen 2019 in Höhe von 26,5 Milliarden Euro eine eminente Rolle für die Bauwirtschaft in Südafrika. Angesichts der über viele Jahre zu geringen Investitionen, etwa in das Eisenbahnnetz oder die Stromversorgung, und des zum Teil maroden Zustandes der Anlagen, bleibt hier auch weiterhin viel zu tun.
Kennziffer | 2018 | 2019 | Veränderung 2019/18 (in %) |
---|---|---|---|
Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon | 28.410 | 26.489 | -6,8 |
Wohnungsbau | 5.525 | 5.331 | -3,5 |
öffentlich | 119 | 95 | -19,8 |
privat | 5.406 | 5.236 | -3,2 |
Wirtschaftsbau | 5.416 | 4.781 | -11,7 |
Infrastrukturbau | 16.670 | 16.377 | -1,8 |
öffentlich | 10.767 | 10.492 | -2,6 |
privat | 5.903 | 5.885 | -0,3 |
Wert der erbrachten Ingenieur-, Architektur- und Consultingleistungen *) | 799 | - | - |
Den Rahmen für die kommenden Jahre hat die Regierung im Mai 2020 durch ihren Infrastructure Investment Plan abgesteckt, der im Juni auf dem Sustainable Infrastructure Development Symposium (SIDS) einem breiteren Publikum präsentiert wurde. Die dort zusammengefassten Planungen umfassen insgesamt 276 Vorhaben mit einem geschätzten Investitionswert von umgerechnet 124 Milliarden Euro. Dies schließt die Anlage neuer Wohngebiete ein, allein 71 Projekte gibt es in diesem Bereich. Es folgen die Sparten Transport mit 64 Vorhaben, Landwirtschaft mit 54, Wasser und Abwasser mit 42 und Energie mit 25 Projekten.
Bereits im Juli 2020 hat das Ministerium für Öffentliche Arbeiten und Infrastruktur eine Liste mit 50 vorrangigen und zur Umsetzung bereiten Projekten im Amtsblatt veröffentlicht. Hinzu kommen noch zwölf übergreifende Planungen, so dass insgesamt 62 Strategic Integrated Projects (SIP) veröffentlicht wurden. Zur Durchführung dieser prioritären Vorhaben hat das Kabinett die Schaffung einer speziellen Agentur, der Infrastructure South Africa (ISA), beschlossen. Diese soll als zentraler Ansprechpartner fungieren.
Bei der Finanzierung baut Südafrika auf eine starke Beteiligung des Privatsektors einerseits und konnte sich andererseits weitgehende Unterstützung internationaler Partner sichern. Als eigenen Beitrag hat die durch akute Haushaltsprobleme in ihrem Aktionsraum eingeschränkte Regierung die Schaffung eines Infrastructure Fond beschlossen, für den in den nächsten zehn Jahren öffentliche Mittel in Höhe von circa 5,4 Milliarden Euro vorgesehen sind. An diesem Fond sollen sich auch private Anleger beteiligen können.
Zum Katalog der vorrangig umzusetzenden Projekte gehören auch mehrere große städtebauliche Vorhaben. Diese unter Strategic Integrated Project 24 zusammengefassten Bauprogramme zielen vor allem auf die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum. Sie schließen aber zum Teil auch Wirtschafts- und Geschäftsbauten ein sowie die Anlagen zur Ver- und Entsorgung, etwa im Projekt Cornubia bei Durban. Hier entstehen also zahlreiche Ansätze zur Beteiligung von der Planung innovativer Siedlungskonzepte bis zur Technologie-Zulieferung.
Vorhaben | Investitionssumme (in Mio. Euro) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
The Greater Cornubia, urbanes Entwicklungsgebiet mit 58.000 Wohnungen, Durban (KwaZulu-Natal) | 1.349,2 | Umsetzung seit 2015; Fertigstellung für 2030 geplant | eThekwini Municipality (Durban) und Tongaat Hulett Developments |
Mokolo Crocodile Water Augmentation Project (Phase 2A), Lephalale (Limpopo) | 669,2 | Planung Phase 2; Verzögerungen durch Einspruch von Umweltverbänden 2018 | |
Project Thobela, Glasfasernetz für Johannesburg/Pretoria | 528,9 | Planung, Verzögerungen durch Rechtsstreit (im Oktober 2020 aufgehoben); Bauzeit 7 Jahre | Projektgesellschaft Thobela Telecoms unter Federführung von Altron |
Space Infrastructure Hub for National Development, Satelliten-Entwicklung | 241,2 | Planung; Bauzeit für 2021 bis 2023 geplant | |
Rural Roads Programm, Erneuerung und Ausbau von 200 km Landstraßen (SIP 26) | (37,9) * | Planung; Umsetzung fünf erste Projekte 2021 | Infrastructure South Africa (ISA) |
Rural Bridges Welisizwe Programme; Bau von 400 modularen Stahl-Brücken in 3 Jahren (SIP 25) | (8,2)* | Erste Phase läuft bis März 2021 mit 14 Brücken |
Neben Unsicherheiten bei der Finanzierung der Vorhaben können allerdings auch strukturelle Probleme zu Verzögerungen bei der Umsetzung führen. So sind die bürokratischen Hürden durch Auflagen zu Sicherheit und Gesundheit, aber auch zur Beteiligung benachteiligter Bevölkerungsgruppen vergleichsweise hoch. Das Angebot an Architekten, Bauingenieuren, qualifizierten Handwerkern und Bauleitern könnte dagegen schnell knapp werden, wenn die Bauaktivität anzieht.