Mehr zu:
SüdafrikaEnergie / Windenergie / Solarenergie / Stromübertragung, -verteilung, Netze / Wasserkraft / Bioenergie
Branchen
Branchen | Südafrika | Energie
In Südafrika will Präsident Cyril Ramaphosa offenbar den desolaten Energiesektor stärken. Reformen und Ausschreibungen sind eingeleitet. Hauptnutznießer sind die Erneuerbaren.
02.02.2021
Von Fausi Najjar | Johannesburg
Der im Oktober 2020 veröffentlichte Wiederaufbau- und Konjunkturplan räumt der Versorgungssicherheit und dem raschen Ausbau von Erzeugungskapazität eine zentrale Rolle ein. Insbesondere bei den erneuerbaren Energien sind für die kommenden Jahre hohe Investitionen zu erwarten. Damit wird Südafrika seine ausgezeichneten naturräumlichen Voraussetzungen für die Erneuerbaren nutzen können. Der Energiesektor ist in Bewegung. Im Integrated Resource Plan (IRP) 2019 sind bis 2030 neue Nennkapazitäten von 29.500 Megawatt vorgesehen. Vor allem bei der Windenergie sind hohe Zuwächse eingeplant. Einen großen, aber nicht festgelegten Teil des Stroms sollen unabhängige Erzeuger (Independent Power Producer, IPP) produzieren.
Energieträger | Kapazität (in MW) |
---|---|
Windkraft | 14.400 |
Solarenergie | 6.000 |
Pumpspeicher | 2.100 |
Wasserkraft | 2.500 |
Erdgas | 3.000 |
Kohle | 1.500 2) |
Südafrika steckt seit Jahren in einer gravierenden Versorgungskrise. Die wichtigsten Gründe sind zum einen ein stark überalterter Kraftwerkspark, der dazu noch über Jahrzehnte unzureichend gewartet wurde. Zum anderen haben Verzögerungen und erhebliche Verteuerungen beim Bau der beiden großen Kohlekraftwerke Medupi und Kusile die Situation weiter verschärft. Außerdem wurden Ausschreibungen für IPP auf die lange Bank geschoben, während der Leistungsabfall der bestehenden Kraftwerke größer ausfällt als erwartet. Zu allem Übel hat der staatliche Energieversorger und Quasi-Monopolist Eskom enorme Schulden angehäuft. Diese entsprachen Ende 2019 rund 8,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und sind eine enorme Belastung für die ohnehin knappen Staatsfinanzen.
Zur Minderung einer Kapazitätslücke von 3.000 Megawatt hat die südafrikanische Regierung ein Notprogramm für die Beschaffung von Erzeugungskapazitäten aufgelegt. Vorgesehen ist eine Nennleistung von 2.000 Megawatt. In dem Risk Mitigation Producers Procurement Programme (RMIPPP) dürfen IPP bis auf Kohle und Diesel alle Technologien, einschließlich Erdgas, als Energieträger vorschlagen. Wegen der geringen Verfügbarkeit von Erdgas werden allerdings Wind, Solar sowie Konzepte zur Speicherung dominieren. Gegenwärtig werden die eingereichten Angebote überprüft. Eine Liste der Unternehmen, die sich für das RMIPPP beworben haben, hat das Energieministerium veröffentlicht. Geplant ist die Umsetzung des RMIPPP bis Juni 2022.
Aufgrund hoher Stromkosten und der gegebenen Stromausfälle investieren gewerbliche und industrielle Abnehmer vermehrt in Erneuerbare-Energie-Anlagen von 1 bis 10 Megawatt für den Eigenverbrauch, mit Durchleitungsoption durch das nationale Netz. Der genehmigungspflichtige Ausbau dieser Anlagen ist im IRP offiziell auf 200 Megawatt pro Jahr gedeckelt. Offenbar ist die Regierung gewillt, diese Quote aufzuheben. Es gibt Forderungen aus Industriekreisen, die Obergrenze für einzelne Anlagen für den Eigenverbrauch von 10 Megawatt auf 50 Megawatt oder mehr zu erhöhen. Bislang erfordern Anlagen von mehr als 10 Megawatt noch aufwändigere Genehmigungsverfahren. Vor allem im Bergbau dürfte dann in große Anlagen investiert werden.
Für rund 50 Prozent der südafrikanischen Haushalte ist eine geregelte Strom-Einspeisung ins öffentliche Netz mit einer Nennleistung von bis zu 1 Megawatt möglich. Die Einspeisung ist mit den Kommunen und Städten geregelt. Das Interesse an einer Einspeisung von privater Seite fällt wegen hoher bürokratischer Hürden gering aus. Amortisierungsraten von 5 bis 8 Jahren für Foto-Voltaik-Dachanlagen sind verhältnismäßig lang.
Weitere Projekte zu den erneuerbaren Energien sind im Rahmen der 5. Ausschreibungsrunde des Renewable Energy Independent Power Producer Procurement Programme (REIPPPP) zu erwarten. Ausschreibende Stelle ist das Ministerium für mineralische Ressourcen und Energie (Department of Mineral Resources and Energy). In Rahmen des REIPPPP liefern unabhängige Erzeuger Strom an das nationale Netz. Regierungsangaben zufolge ist die lange Zeit verschleppte Ausschreibungsrunde für insgesamt rund 1.800 Megawatt noch im 1. Quartal 2021 vorgesehen.
Die Umsetzung der genehmigten Kapazitäten der 4. Ausschreibungsrunde, insgesamt 1.517,5 Megawatt, ist nach erheblichen Verzögerungen im Gange. IPP-Projekte mit weniger als 5 Megawatt schreibt die Regierung gesondert im Programm Small Projects Renewable Energy aus. Hier spielt die Nutzung von Biomasse einschließlich Deponiegase eine zentrale Rolle. Aspekte, wie die Beteiligung von Schwarzen, Ausbildung, Leistungen zur sozioökonomischen Entwicklung und Beiträge aus der lokalen Fertigung sind in Südafrika in der Regel Teil der Ausschreibungskriterien.
Im Oktober 2020 hat Minister Gwede Mantashe als zuständiger Ressortchef eine Änderung der Elektrizitätsverordnungen verkündet. Durch diese ist es Städten und Gemeinden „in guter finanzieller Lage“ erlaubt, eigene Stromerzeugungskapazitäten aufzubauen und Strom von privaten Erzeugern zu kaufen. Eine Gemeinde muss dies jedoch nach wie vor beim Minister unter gewissen Auflagen beantragen. Die Details für das vom Ministerium entwickelte Genehmigungsverfahren wurden noch nicht veröffentlicht. Vermehrte Projekte für eine direkte Stromlieferung an Städte dürfte es in Kürze vor allem in der Provinz Western Cape geben.
Geplant ist die Aufspaltung von Eskom in die Bereiche Stromerzeugung, Übertragungsnetz sowie Systembetrieb und Stromverteilung. Dazu hat der Minister für Staatsunternehmen (Minister of Public Enterprises) Pravin Gordhan schon im Oktober 2019 eine Roadmap vorgelegt. Ein Jahr darauf hat die Eskom einen beschleunigten Zeitplan für die eigene Entflechtung beschlossen: die funktionale Trennung soll bis März 2021, die legale Trennung bis Dezember 2022 und die Abspaltung und Etablierung eines unabhängigen Übertragungsnetz- und Marktbetreibers (ITSMO) nach 2022 erfolgen.