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Branchenbericht Taiwan Robotik, Automation
Taipei (GTAI) - Taiwan sieht KI als wichtige Technologie, um den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel zu gestalten. Firmen finden ein forschungs- und anwendungsfreundliches Umfeld vor.
29.04.2019
Taiwan hat ambitionierte Pläne, mit künstlicher Intelligenz (KI) den Wirtschaftsmotor auf mehr Leistung zu trimmen und die Gesellschaft zu transformieren. Dazu hat die Regierung den "AI Taiwan Action Plan" initiiert. Die langjährige Expertise im Bereich Halbleiter und Informations- und Kommunikationstechnologie bildet eine gute Grundlage, auf der aufgebaut werden soll. Allerdings ist der Mangel an ausgewiesenen KI-Fachkräften ein begrenzender Faktor.
Für Taiwans Entwicklung ist der Einsatz von KI ein wichtiger Faktor, um sich im technologischen Wettbewerb zu behaupten. Dabei hat die Regierung das Ziel, ein wichtiger Lieferant und Partner für Hard- und Software-Unternehmen im KI-Bereich zu sein und auch eigene KI-Lösungen anzubieten. Die Devise lautet "Digital Nation, Smart Island". Laut Digital-Minister Audrey Tang besitzt das Land "eine sehr gute Grundlage, KI für Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaft einzusetzen."
Mehrere Maßnahmen reichen von der "Asian Silicon Valley Strategy" (http://www.ndc.gov.tw/en/Content_List.aspx?n=90BEB862317E93FC&upn=7B70255F66FB9DF5) über "digi+" (https://digi.taiwan.gov.tw) bis zum "AI Taiwan Action Plan" (https://ai.taiwan.gov.tw). Dadurch soll ein attraktives Umfeld für Innovationen und Anwendungen von KI geschaffen werden. Taipei will einheimische Industrien stärken (AI for Industrial Innovation), KI-bezogene internationale Start-ups anziehen (AI International Innovation Hub) und Fachkräfte fördern (AI Talent Program).
Federführend sind das Ministry of Science and Technology (MOST), das Ministry of Economic Affairs (MOEA), das Ministry of Education (MOE) und der National Development Council. Die Zielentwicklung liegt beim Executive Yuan, der 2018 den Taiwan AI Action Plan formulierte. Dessen Budget erreicht eine Höhe von rund 520 Millionen US-Dollar (US$; 16,1 Milliarden NT-Dollar).
1. Cloud platform and high speed computing | AI cloud service and high-speed computing platform will be created at the national level to provide a large-scale, shared-use, high-speed computing environment. |
2. AI Innovation Research Center | Four AI innovation research centers will be established to train AI specialists and invest in technological development. |
3. Smart Robotic | An AI Robot Makerspace is to be established at the central and southern Taiwan science parks for innovative applications and integration of robotics software and hardware. |
4. Semiconductor Moonshot Project | The project will help the semiconductor industry remove bottlenecks to AI-powered edge computing. Taiwan will also train top talent for semiconductor process technologies and chip design. |
5. Grand Challenge | Three "Formosa Grand Challenge" technology competitions will be organized to uncover talent and develop technology while stimulating creative abilities. |
Quelle: MOST, https://ai.most.gov.tw/en
Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist im Gange und wird durch zwei Programme unterstützt: das "Forward-looking Infrastructure Development Program" (2017-2020) und das "digi+" (2017-2025). Mit dem Ausbau der digitalen Infrastruktur sollen gleichzeitig strategische Zukunftsbereiche wie das Internet of Things (IoT), Cyber Security und autonomes Fahren entwickelt werden.
In der "digi+" wird prognostiziert, dass die Digitalwirtschaft des Landes bis 2025 ein Volumen von rund 214 Milliarden US$ erreichen kann. Bis dahin soll Taiwan zu den zehn am stärksten fortgeschrittenen Ländern bei der Netzwerkfähigkeit gehören (laut Networked Readiness Index des Weltwirtschaftsforums) und eine Internetgeschwindigkeit von 2 GB pro Sekunde erreichen, die etwa 90 Prozent der Bevölkerung zur Verfügung steht.
Taiwan verfolgt das Ziel, einen möglichst offenen Datenaustausch zu erreichen. Das wird schon darin deutlich, dass die Insel im "Global Open Data Index" 2017 auf der Spitzenposition unter 94 untersuchten Ländern stand. Dabei geht es vor allem um die Offenheit bei Regierungsinformationen. Digital-Minister Tang sieht AI als "assistive intelligence", die gesellschaftlichen Verbesserungen genauso dienen soll wie der unternehmerischen Geschäftsentwicklung, ohne jedoch die Privatsphäre auszuhöhlen.
Daher gibt es Beschränkungen, welche Daten von Unternehmen genutzt werden können. Taiwan hat einen "Personal Information Protection Act", der 2015 das letzte Mal erneuert wurde. Dieser umfasst Kernpunkte, wie sie auch in der EU-Datenschutzrichtlinie zu finden sind, was den Umfang der Datennutzung, Schutz und Löschung von sensiblen Daten anbelangt. (https://law.moj.gov.tw/ENG/LawClass/LawAll.aspx?pcode=I0050021)
Das Land wirbt aktiv internationale Unternehmen und Partner an, sich an den Plänen zur Transformation der Insel zu beteiligen. Um mit anderen Standorten beispielsweise bei der Anwerbung von internationalen Start-ups konkurrieren zu können, hat die Regierung Rahmenbedingungen ähnlich wie Singapur geschaffen. Spezielle Visabestimmungen erleichtern den Aufenthalt.
Die Regierung hofft insbesondere, die Zusammenarbeit mit US-amerikanischen KI-Firmen zu intensivieren, da die USA bei KI weit fortgeschritten sind. Dabei bietet sich Taiwan nicht nur wegen der langjährigen Expertise bei Informations- und Kommunikationstechnik an, sondern auch wegen des gut ausgebildeten Arbeitskräftepools.
KI als datengetriebene Technologie lässt sich in vielen Bereichen einsetzen. Dies macht es relativ schwierig, sehr spezifische Anreizprogramme zu schaffen, wie es beispielsweise bei der Entwicklung der Halbleiterindustrie möglich war. Aber auch ohne Regierungsinitiativen werden die großen Unternehmen in Taiwan in KI investieren, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Viele der Projekte, die initiiert werden, laufen im Zusammenspiel zwischen öffentlicher Förderung und privaten Unternehmen, wie beispielsweise die AI Cloud Platform, bei der unter anderem Taiwan Mobile, Asustek und Quanta mitarbeiten. Ab 2019 soll ein lokal entwickelter KI-Supercomputer (Taiwania2) zur Verfügung stehen, der als eine schnelle AI Cloud für alle Arten von Anwendungen eingesetzt werden kann.
Von offizieller Seite erhalten einige Forschungsinstitute starke Unterstützung, wie unter anderem das ITRI (Industrial Technology Research Institute). Mit seiner angewandten Forschung zielt das ITRI speziell auf den Transfer von Technologien und Produkten in Unternehmen ab. Das ITRI hat eine AI Co-Creation Platform namens Aldea eingerichtet, um Firmen mittels KI praktische Lösungsansätze zu bieten.
Um akademische Forschung schneller in industrielle Technologieentwicklung einzubringen, hat das MOST das TRUST-U-Project initiiert. Dies soll die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Unternehmen fördern und die Kommerzialisierung von geistigem Eigentum über gut finanzierte Start-ups erleichtern. Als eine Art staatlicher Accelerator unterstützt das Taiwan Start-up Institute (TSI) solche Aktivitäten.
Fortgeschrittene Produktionstechnologie für die Halbleiterindustrie ist der Schwerpunkt eines Projektes von MOST namens AI Edge. Daran arbeitet eine Vielzahl von Unternehmen mit, wie TSMC und Mediatek. Eine Forschungsrichtung zielt auf neuromorphische Computer, um den einheimischen Halbleiterherstellern die Entwicklung von vielseitigen Branchenprodukten zu erleichtern.
Zudem arbeiten mehrere Universitäten an KI-bezogenen Themen mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Die National Taiwan University hat das Center for Artificial Intelligence and Advanced Robotics (für den Einsatz im Gesundheitswesen). An der National Tsing Hua University ist das AI for Intelligent Manufacturing Systems Research Center angesiedelt, die National Chiao Tung University betreibt die Pervasive Artificial Intelligence Research Labs (für allgemeine Dienstleistungen) und die National Cheng Kung University ist Standort des AI Biomedical Research Center.
Nicht zuletzt beschäftigt sich die Academia Sinica ebenfalls mit KI. Auf deren Gelände befindet sich die erste AI Academy der Insel. Die Akademie bekommt eine Ko-Finanzierung von verschiedenen einheimischen Unternehmen, die an der Ausbildung von KI-Experten großes Interesse haben und die Absolventen direkt von dort übernehmen.
Taiwans größte Stärke liegt sicherlich in der Entwicklung und Produktion von Hardwarekomponenten, die für KI-Anwendungen erforderlich sind. Daher fokussiert sich die Mehrheit der Firmen auf elektronische KI, wie sie für den industriespezifischen Einsatz benötigt werden. Dazu gehören etwa Sensoren oder Kameras für die Analyse von Mustern und Prozessen ebenso wie Halbleiter.
Als ein wichtiges Zeichen für das Potenzial der Insel hat Microsoft 2018 ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in Taiwan eröffnet. Dafür sollen in den nächsten beiden Jahren circa 33 Millionen US$ aufgebracht werden. Der Chip-Konzern Qualcomm hat im Herbst 2018 ebenfalls ein Artificial Intelligence Innovation Center eröffnet.
Mit Nvidia ist eine weitere US-Firma an der Unterstützung von Taiwans KI-Initiative beteiligt. Dabei geht es unter anderem um die Bereitstellung von Deep-Learning-Technologie, um Prozessoren für die schnellere Datenverarbeitung sowie um die Ausbildung von Entwicklern, die im Bereich smarte Produktion und Gesundheitswirtschaft tätig werden sollen.
Insbesondere die großen industriellen Anwender in Taiwan sind dabei, KI in ihre Herstellungsprozesse zu integrieren, wie etwa autonome Fahrzeuge für die Produktionshallen oder maschinelles Lernen für Roboteranwendungen. Beispielsweise hat Honhai angekündigt, die Fähigkeiten des Unternehmens im industriellen Internet mit KI auszubauen und dafür in den nächsten fünf Jahren 342 Millionen US$ zu investieren.
In einer privat finanzierten Forschungseinrichtung unter dem Namen Taiwan AI Labs, die 2017 in Taipei ins Leben gerufen wurde, sollen intelligente Anwendungen in der Gesundheitswirtschaft entwickelt werden wie auch für das Thema Smart City. Die Taiwan AI Labs arbeiten nach Unternehmensangaben mit Microsoft an einer gemeinsamen KI-unterstützten Plattform - TaiGenomics - zur kosteneffizienten und präzisen Vorhersage von potenziellen Krankheiten.
Start-ups finden eine gute Förderlandschaft vor, die sowohl von öffentlichen Institutionen als auch von privater Seite finanziert wird. Das Taiwan Start-up Institute (TSI) ist eine nicht-profitorientierte Organisation, die vom Ministry of Science and Technology unterstützt wird. Dafür können sich jedoch nur Professoren qualifizieren. Etwa 30 bis 40 Prozent der seit Gründung Mitte 2017 finanzierten Projekte haben direkten KI-Bezug.
Das TSI befindet sich in der Taiwan Tech-Arena, eines von einer Reihe von Start-up-Zentren, wie etwa das Taiwan Startup-Stadium (http://www.startupstadium.tw) oder die Start-up Terrace (http://www.startupterrace.tw). Private Finanzierer und öffentliche Institutionen arbeiten hier zusammen, um eine innovatives Start-up-Umfeld zu schaffen. Als ein wichtiger Accelerator ist unter anderem die von Privatunternehmen finanzierte Venture Capital Firma Appworks (https://appworks.tw/accelerator/) zu nennen. Es ist jedoch nicht immer erkennbar, wieviel KI-Bezug die Start-ups einbringen. Eines der größten lokalen Start-ups ist die Firma Appier, die mit Hilfe von KI-Algorithmen die Marketing-Ergebnisse von Unternehmen verbessert.
Zu den größten Schwächen dürfte gehören, dass nicht genügend Fachkräfte vorhanden sind, auch wenn pro Jahr etwa tausend Studenten mit Computer- und Informationstechnik-Hintergrund ihren Abschluss machen. Der Wettbewerb um KI-Experten ist intensiv, sowohl was die wenigen bereits ausgebildeten "KI-Kenner" anbelangt, als auch die Universitätsabsolventen in Fachstudiengängen mit potenzieller KI-Ausrichtung. Gut zahlende Unternehmen aus dem In- und Ausland werben um solche Experten.
Um das Angebot an KI-Experten auszuweiten, sieht der "AI Action Plan" vor, dass Universitäten und Forschungsinstitute bis 2021 pro Jahr mindestens 1.000 Spitzenkräfte im Bereich der Entwicklung von KI-Lösungen hervorbringen. Zudem sollen Universitäten und Firmen pro Jahr mehr als 5.000 Fachkräfte für die praktische Umsetzung und Anwendung von KI-Technologie ausbilden.
Der Produktionsbereich ist wichtiger Wirtschaftspfeiler der Insel. Jedoch ist Taiwan in der Fabrikautomation noch nicht so weit wie etwa Deutschland oder Japan. Laut einer Untersuchung der National Tsing Hua University steht das Land, je nach Branche, etwa zwischen Industry 2.5 und Industry 3.5, und nur wenige Großunternehmen nähern sich dem Niveau von 4.0, weshalb hier ein großer Bedarf besteht.
Auf taiwanischer Seite lassen sich einige Unternehmen als Anwender von KI-Ausrüstung zur Prozessoptimierung identifizieren, wie etwa die Halbleiterhersteller TSMC, Mediatek. Weitere wichtige potenzielle KI-Anwender sind beispielsweise Unternehmen wie Honhai (Foxconn), Hiwin, Advantech, Delta Electronics oder Asustek zu nennen. Diese arbeiten gleichzeitig daran, sich als Anbieter von KI-Lösungen fortzuentwickeln.
Beim Einsatz von KI in der Medizintechnik ist Taiwan noch weitgehend auf den Import von fortgeschrittener Technologie angewiesen. Zwar werden laut Expertenaussagen bereits importierte KI-basierte Erzeugnisse eingesetzt, wie etwa Operationsroboter. Jedoch läuft die Entwicklung eher auf die Vorhersage und Verhinderung von Krankheiten und weniger auf deren Behandlung hinaus.
Biomedizin gehört zu einer der Schlüsselindustrien. Gerade in diesem forschungs- und kapitalintensiven Bereich suchen heimische Unternehmen nach Kooperationen, um das Finden von neuen pharmazeutischen und biotechnologischen Stoffen zu beschleunigen. Als Zentrum für viele klinische Tests verfügt die Insel über eine Fülle von Daten, die anonymisiert verwendet werden können.
In Mobilitätsfragen sieht Taiwan ebenfalls ein wichtiges Zukunftsfeld. Mehrere Unternehmen aus dem Kfz-Bereich haben sich zur Allianz CAR (connected autonomous road) Labs zusammengeschlossen, um autonome Fahrzeuge auf den Einsatz im Real-Verkehr zu testen. Dabei stehen Busse als Testobjekte, die vollautomatisiertes Fahren (SAE Level 4 Standard) ermöglichen sollen, weit oben auf der Prioritätenliste.
Das Ziel ist, eine wettbewerbsfähige Zulieferkette für die absehbaren Veränderungen im Mobilitätsbereich - Elektrofahrzeuge und autonomes Fahren - zu schaffen. Dabei spielt KI für die Entwicklung von Smart Cities eine wichtige Rolle, um unter anderem Transportfragen anzugehen. Andere Themen sind Energieeffizienz, Wasserversorgung etc. Dafür wird die Kooperation mit einer Vielzahl von Anbietern gesucht.
Bezeichnung | Internetadresse | Anmerkungen |
Germany Trade & Invest | https://www.gtai.de/taiwan | Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft |
AHK Taiwan | https://taiwan.ahk.de | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen |
Ministry of Science and Technology. Department of Foresight and Innovation Policies | https://www.most.gov.tw/?l=en | Fachministerium |
Artificial Intelligence Computing Center of Sinica | https://www.citi.sinica.edu.tw/en/ | Forschungsinstitut |
ITRI Information and Communications Research Laboratories | https://www.itri.org.tw/eng/ | Forschungsinstitut |
Taiwan Association for Artificial Intelligence | http://www.taai.org.tw | Verband |
AIoT Taiwan | https://www.aiottaiwan.com | Verband |
Taiwan Automation Intelligence and Robot Show | https://www.tairos.tw/en/ | Messe |