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Branchenbericht Thailand Land- und Forstwirtschaft, übergreifend
Bangkok (GTAI) - Thailands Agrarindustrie soll moderner und effizienter werden. Im Vordergrund stehen eine bessere Regulierung der Ressourcen, die Einführung internationaler Standards sowie diverse Maßnahmen zu höherer Wertschöpfung. Der Technologietransfer erfordert Ausrüstungen wie Sensoren, Drohnen, GPS, Satelliten, Software oder elektronische Handelsplätze. Die Regierung bewilligte eine erste Milliarde US-Dollar für eine auf mehrere Jahre angesetzte umfassende Landwirtschaftsreform.
06.07.2018
Die neue Entwicklungsstrategie "Thailand 4.0" setzt den Schwerpunkt zur Beschleunigung der industriellen Entwicklung auf einen höheren Wachstumspfad in zehn so genannte "S-Curve Industries" - davon fünf gut etablierte mit hohem Exportpotenzial sowie fünf neue Zukunftszweige. Zur ersten Gruppe zählt auch das Cluster "Landwirtschaft und Biotechnologie".
"Smart Farming" - auch "Farmers 4.0" genannt - zielt auf die Verbindung von Wissenschaft, Technologie und Digitalisierung zur beschleunigten Entwicklung der Landwirtschaft. Hochentwickelte Mess- und Kontrolltechnik sollen speziellen Computerprogrammen die notwendigen Daten für die Optimierung landwirtschaftlicher Abläufe liefern - und damit höchstmögliche Ernteergebnisse garantieren. Zum Einsatz kommen vor allem Sensoren für Klima, Temperatur und Bodenfeuchtigkeit, die die Messergebnisse per Internet übermitteln. Weitere Ausrüstungen sind GPS-Tracking, Radio-frequency Identification (RFID) oder auch Alarmsysteme.
Als Speerspitze des Digital Farming fungiert der Thailand Board of Investment (BOI). Die Staatsagentur will sowohl kleine wie große Investitionen aus in- und ausländischen Unternehmen mit steuerlichen und nichtfiskalischen Anreizen begünstigen, wie etwa mehrjährigen Befreiungen von Körperschaftssteuer. Hierbei differenzierte der BOI drei Aktionsbereiche für eine Investitionsförderung.
Aktivität | Zweck, Standards, Technologien |
Produktion von Tracking-, Monitoring- oder Kontrollsystemen | Regulierung der Ressourcen (Wasser, Düngemittel, Pestizide) in Agrarprojekten, smarten Gewächshäusern und Serviceleistungen |
Upgrade der Produktionsprozesse nach Best Practice | Good Agricultural Practices (GAP), Food Safety Management System ISO 22000 und ähnliche internationale Standards |
Höhere Wertschöpfung und Effizienz aus Ernten oder verarbeiteten Agrarprodukten | Produktion organischer und nanochemischer Düngemittel und Pestizide, Qualitätskontrolle, Pflanzen- und Tierzucht, Verpackung und Konservierung, Handelszentren |
Quelle: Thailand Board of Investment
Für den BOI sind Satellitenbilder, Prognosesoftware und künstliche Intelligenz bedeutende Hilfsmittel, um den Landwirten schnelle Entscheidungen in "Realtime" zu gewährleisten. Drohnen, Roboter oder selbstfahrende Traktoren, gesteuert vom Smartphone oder Tablet, seien die nächste Generation. Kapitalkräftige Großkonzerne sind bereits in den neuen Technologien unterwegs. Beispielsweise nutzt der größte Zuckerproduzent Mitr Phol Dronen und Satellitenbilder sowie GPS-Empfänger auf seinen Mähdreschern.
Für den überwiegenden Teil der Landwirte dürfte indes neben dem Know-how die Finanzierung weiterhin ein Hauptproblem sein. Die Bank for Agriculture and Agricultural Cooperatives (BAAC) erwägt die Eröffnung eines Investitionsfonds für smarte Farmer, KMU und Agrarkooperativen im Umfang von 150 Millionen US$. Das Wissen um die zukünftige "Präzisions-Landwirtschaft" dürfte mit der Digitalisierung, smarten Endgeräten und entsprechenden Apps wachsen. Die Hühnergehege der Firma Betagro arbeiten bereits hochautomatisiert, ebenso die Wasserzirkulation der Garnelenzucht von Charoen Pokphand Foods.
Eine größere Kapitalspritze für die Reform des Agrarsektors gewährte zudem das Finanzministerium im Rahmen eines Ergänzungshaushalts für das erste Halbjahr 2018 im Umfang von knapp 1 Milliarde US$. Die Schwerpunkte liegen im Wassermanagement, der Restrukturierung der Großplantagen für Reis, Gummi und Palmöl sowie Investitionen in Silos, Lagerhäuser und andere Infrastruktur. Das Sofortprogramm markiert den Beginn einer längeren auf drei bis vier Jahre angelegten Agrarreform, die im kommenden Budget für 2019 verankert werden soll.
Aus der Sicht der Asian Development Bank bedarf Asiens Landwirtschaft einer "radikalen Transformation". Als positive Beispiele werden China und Vietnam angeführt mit der Modernisierung der Farmen durch Kooperativen sowie digitale E-commerce-Plattformen für höherwertige Märkte wie Früchte, Gemüse oder Tee. Kooperativen ermöglichten die Zusammenlegung von Ressourcen und damit höhere Skalenerträge.
Einen Meilenstein setzt in diesem Rahmen Chinas Handelsgigant Alibaba mit einem elektronischen Marktplatz für thailändische Landwirte und KMU. Firmengründer Jack Ma sicherte der thailändischen Regierung ein Investment von mindestens 3 Milliarden US$ im Eastern Economic Corridor über die nächsten fünf Jahre zu. Mit dem "Thai Rice Flagship Store" lancierte Alibaba auf seiner Plattform Tmall.com einen Online-Marktplatz für überschüssige Massenprodukte und höherwertige Tropenfrüchte wie etwa Durian.
Tendenziell sollten längerfristig die ausländischen Direktinvestitionen in dem Bereich zunehmen. Im ersten Quartal 2018 absorbierte der Sektor Landwirtschaft und Biotechnologie immerhin elf von 215 Auslandsprojekten mit einem Investitionswert von 43 Millionen US$ beziehungsweise 5,5 Prozent des gesamten ausländischen Engagements.
Thailands Land-, Forst- und Fischwirtschaft bestreitet mit rund 17 Millionen Erwerbspersonen rund 43 Prozent der Beschäftigung, erwirtschaftet aber nur gut ein Zehntel des Bruttoinlandsprodukts von zuletzt 455 Milliarden US$. Das Wachstum verläuft schleppend und die Konjunktur überaus zyklisch aufgrund der klimatischen Ausschläge und volatilen Weltmarktpreise. Meist betroffen sind die großen Cash Crops wie Reis, Zucker und Cassava, in denen das Königreich an erster und zweiter Stelle der Weltproduktion steht.
Produkt | Wert (Mio. US$) | Menge (1.000 t) |
Reis | 6.329 | 25.268 |
Gummi | 5.121 | 4.477 |
Zuckerrohr | 2.872 | 87.468 |
Cassava | 3.067 | 31.161 |
Mango, Mangostane, Guava | 2.056 | 3.432 |
Sonstige tropische Früchte | 1.030 | 2.521 |
Ananas | 516 | 1.812 |
Palmöl | 807 | 12.082 |
Bananen | 303 | 1.075 |
Chilies und Schoten | 416 | 379 |
Quelle: FAOSTAT
Das demografische Phänomen einer alternden Bevölkerung - "Greying Asia" - trifft die Landwirtschaft mit am stärksten, denn die Jungen ziehen in die Städte. Daher könnte smartes Farming neue Attraktivität für eine agrarische Startup-Generation schaffen. Die Hoffnung wird durch Erfahrungen aus entwickelteren Ländern genährt, wie zuletzt etwa Israel über durch das Seminar "Israel-Thai Agriculture Technologies 2018". Der Trend ist eindeutig, denn der Anteil der 40-60jährigen stieg in zehn Jahren von 39 auf 49 Prozent, während der Anteil die Jüngeren darunter von 48 auf 32 Prozent schrumpfte.
Eine aktuelle Untersuchung der Bank of Thailand und dem PIER-Institut verdeutlicht allerdings nur zu deutlich das Dilemma der Einkommenssituation. Demzufolge leben rund 40 Prozent der Farmhaushalte unter der Armutsgrenze von jährlich 1.000 US$. Das durchschnittliche Einkommen eines Agrohaushalts mit 2,7 Personen betrug 1.780 US$. Konnten sich jüngere Farmer durchaus erfolgreich spezialisieren, reichte es zumeist nicht für hinreichende Skalenerträge in profitable Gewinnzonen.