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Hochbau: Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen

Die Ukraine passt die Standards für Baustoffe und Energieeffizienz an EU-Normen an. Deutsche Firmen zählen zu den wichtigsten Baustoffproduzenten vor Ort.

Von Fabian Nemitz | Kiew

Auf dem Baumarkt der Ukraine sind vor allem lokale Firmen tätig. Dennoch gibt es in verschiedenen Bereichen Chancen für ausländische Unternehmen. Dies gilt für die Produktion von Baustoffen, die Lieferung höherwertiger Produkte, den Bereich Energieeffizienz sowie Bauconsulting und -überwachung. Gefragt sind auch zunehmend Lösungen zur Digitalisierung (Building Information Modeling).

Baustoffindustrie entwickelt sich gut

Die Ukraine verfügt über große Vorkommen an Rohstoffen für die Baustoffindustrie. Zahlreiche deutsche Firmen produzieren bereits vor Ort. Der abgesetzte Produktionswert lag 2020 bei fast 3,9 Milliarden US-Dollar.

Entwicklung der Baustoffproduktion in der Ukraine (in Millionen US$, Veränderung in Prozent) *)

Indikator

2018

2019

2020

Produktion

3.075

3.527

3.869

Reale Veränderung im Vergleich zum Vorjahr

-1,4

9,4

1,2

*) Umrechnung nach dem jeweiligen Jahresdurchschnittskurs der ukrainischen NationalbankQuelle: Derzhstat 2020

Entwicklung der Förderung von Bau- und Zuschlagstoffen in der Ukraine (in Millionen US$, Veränderung in Prozent) *)

Indikator

2018

2019

2020

Abbau von Steinen, Sand und Ton

810

899

976

Reale Veränderung im Vergleich zum Vorjahr

0,6

-8,4

7,5

*) Umrechnung nach dem jeweiligen Jahresdurchschnittskurs der ukrainischen NationalbankQuelle: Derzhstat 2020

Entwicklung der Bruttoanlageinvestitionen in die Kunststoff-, Gummi- und Baustoffproduktion (in Millionen US$) *)

Indikator

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

Jan.-Sept. 2020

Bruttoanlageinvestitionen

529

336

175

245

393

416

395

170

*) Umrechnung nach dem jeweiligen Jahresdurchschnittskurs der ukrainischen NationalbankQuelle: Derzhstat 2020

Ukraine passt Baustoffstandards an EU-Normen an

Im Assoziierungsabkommen mit der EU hat sich die Ukraine zu einer Anpassung der Standards für Baustoffe an die EU-Verordnung Nr. 305/2011 verpflichtet. Ein wichtiger Schritt hierzu war die Annahme des Gesetzes Nr. 850-IX "Über die Bereitstellung von Bauprodukten auf dem Markt" vom 2. September 2020. Das Gesetz tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft. Bis dahin müssen die Normen in nationales Recht umgesetzt werden. Insgesamt 530 von 567 Standards wurden bereits übernommen, meldet die staatliche Zertifizierungsstelle UAS.

Die Anpassung an EU-Standards und die bessere Kontrolle tragen dazu bei, den Anteil von Produktfälschungen einzudämmen. Gleichzeitig sind Hersteller dazu angehalten in Zertifizierungen zu investieren und die Produktstandards zu verbessern. Die Angleichung ist auch Voraussetzung für den besseren Marktzugang ukrainischer Industrieprodukte auf dem Markt der EU.

Produktfälschungen gefährden Wettbewerb

Minderwertige Baustoffe sorgen zunehmend für Unsicherheit in der Ukraine. Im Jahr 2018 wurde die geltende Baustoff-Zertifizierung nach UkrSEPRO abgeschafft, ohne für Ersatz zu sorgen. Schätzungen gehen davon aus, dass 20 bis 25 Prozent der Waren auf dem Markt Produktfälschungen sind. Das liegt weit über dem weltweiten Durchscnitt von 5 bis 7 Prozent. Besonders hoch wird der Anteil bei Kabeln, Fenstern (je 70 Prozent) und Zement (30 Prozent) geschätzt. Hiervon betroffen sind auch energieeffiziente Fenster- und Türsysteme.

Auch die auf dem Markt tätigen deutschen Hersteller von qualitativ hochwertigen Baustoffen klagen über Probleme bei der Wettbewerbsfähigkeit. Sie bemängeln weit verbreitete Produktfälschungen, fehlende Standards und die Nichteinhaltung gesetzlicher Normen. Der Ausschuss für Bau und Energieeffizienz der AHK Ukraine vertritt die Interessen deutscher Baustoffhersteller gegenüber der Regierung und dem Better Regulation Delivery Office (BRDO).

Importe von Baustoffen sinken

Die Ukraine kann ihren Bedarf an Baustoffen zum größten Teil aus lokaler Produktion decken. Laut Angaben der Marktforscher von Pro-Consulting liegt der Anteil importierter Baustoffe beim Bau von Mehrfamilienhäusern bei 15 bis 20 Prozent. Die Importe von Baustoffen weisen im langfristigen Trend nach unten.

Ausländische Anbieter sind gefragt bei höherwertigen Baustoffen und solchen, die nicht vor Ort produziert werden. Hierzu zählen Flachglas und verschiedene wärmedämmende Materialien. Außerdem verspricht der Trend hin zu mehr Energieeffizienz und einer höheren Bauqualität neue Absatzchancen.

Führende Baumarktketten in der Ukraine sind Agromat (Keramik und Fliesen), Angio, Budmaks, Epicentr, Leroy Merlin, Nova Linija und Oldi.

Entwicklung der Importe von Baustoffen in die Ukraine (in Millionen US$)

HS-Warenkategorie

Bezeichnung

2013

2018

2019

2020

68, darunter

Waren aus Steinen, Gips, Zement, Asbest, Glimmer oder ähnlichen Stoffen

366,5

234,9

226,9

213,7

  6802

Bearbeitete Werksteine

38,7

15,5

14,1

14,2

  6806

Hüttenwolle, Steinwolle und ähnliche mineralische Wollen

57,9

41,5

35,6

38,3

  6810

Waren aus Zement, Beton oder Kunststein

25,2

24,7

28,5

25,8

69, darunter

Keramische Waren

362,6

215,0

238,4

220,2

  6902

Feuerfeste Steine, Platten, Fliesen

37,5

31,3

40,5

17,0

  6903

Andere feuerfeste keramische Waren

56,6

28,4

25,4

25,8

  6908

Glasierte keramische Fliesen, Boden- und Wandplatten

158,0

80,7

89,8

40,

70, darunter

Glas und Glaswaren

412,0

316,4

319,8

307,5

  7005

Feuerpoliertes Glas (float-glass)

95,6

101,9

92,3

78,6

Quelle: Derzhstat 2020

Energieeffizienz gewinnt an Bedeutung

Die ukrainische Regierung, Bauunternehmen, Industriebetriebe und Hausbesitzer richten ihren Fokus vermehrt auf Energieeffizienz. Denn der Nachholbedarf ist riesig, die Ukraine zählt zu den Ländern mit der höchsten Energieintensität weltweit. Förderbanken unterstützen diese Entwicklung. Die Europäische Investitionsbank (EIB) stellt 300 Millionen Euro für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude zur Verfügung. Auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) und die Bundesregierung engagieren sich. Energieeffizienz ist zudem ein Schwerpunkt der Arbeit der GIZ in der Ukraine. Bauentwickler bemühen sich vermehrt um internationale Zertifikate wie LEED und BREEAM.

Im Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union (EU) hat sich die Ukraine zu einer Anpassung der Standards an die EU-Richtlinie 2012/27/EU verpflichtet. Am 3. März 2021 wurde der Gesetzentwurf Nr. 4507 "Über Energieeffizienz" in erster Lesung im Parlament angenommen. In den vergangenen Jahren hat die Regierung strengere Standards für die Energieeffizienz in Gebäuden und verpflichtende Energieaudits eingeführt.

Regierung fördert gut isolierte Bauten

Wichtige Förderinstrumente für Investitionen in Energieeffizienz sind die Programme "Warme Kredite" (ukrainisch: "tepli kredyty") und "Energiehaus" ("Enerhodim"). Zuständig für letzteres ist der 2018 neu gegründete Energieeffizienzfonds. Anders als das Programm "warme Kredite" arbeitet "Enerhodim" nur mit Wohnungseigentümergemeinschaften (OSBB) großer Wohnhäuser zusammen. Dafür wird aber mit einem umfassenden Ansatz gearbeitet. Aufgrund von hoher Bürokratie und der Passivität der OSBB läuft das Programm jedoch nur schleppend an.

Die Bemühungen werden durch Förderung auf kommunaler Ebene ergänzt. So arbeitet die Regierung an einem neuen Konzept für Energieeffizienz, das auch Unternehmen und öffentliche Einrichtungen einschließt. Der "European Green Deal" der EU erfordert ebenfalls Anstrengungen in dem Bereich. 

Handwerksleistungen sind ein Nischenmarkt

Für Handwerker aus Deutschland ist die Ukraine kein bedeutender Zielmarkt. Chancen ergeben sich bisweilen bei elitären Bauprojekten in Zusammenhang mit der Lieferung und Montage hochwertiger Baustoffe. Eine weitere Nische sind Komplettlösungen, wie beispielsweise die Installation von Lüftungsanlagen.

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