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Tiefbau: Marktlage und -entwicklung

Im Infrastrukturausbau stehen zahlreiche Projekte an. Viele davon sind auf internationale Geber angewiesen. PPP und Betreibermodelle sollen vermehrt zum Einsatz kommen.

Von Fabian Nemitz | Kiew

Nach Angaben des ukrainischen Statistikamts sind die Investitionen in den Tief- und Infrastrukturausbau 2020 real um 15,6 Prozent gestiegen. Gerechnet auf US-$-Basis ergibt sich aber ein nominaler Rückgang der Ausgaben um 14,1 Prozent auf knapp 4,4 Milliarden US$.

Internationale Geber fördern Großprojekte

Um die Wirtschaft zu stützen, hat die Regierung im Coronajahr 2020 das Programm "Welyke budiwniztwo" (große Baustelle) gestartet. Schwerpunkt des Programms, das 2021 fortgesetzt wird, ist der Straßenbau. Pläne zum Ausbau und der Modernisierung der Infrastruktur sind auch im Programm "Drive Ukraine 2030" und der Nationalen Wirtschaftsstrategie bis 2030 festgelegt.

Angesichts knapper öffentlicher Kassen bleibt die Ukraine bei großen Projekten auf internationale Geber angewiesen. Unterstützung kommt von der EU und ihren Entwicklungsbanken EIB (Europäische Investitionsbank) und EBWE (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung), der Weltbank und weiteren Gebern. Gelder werden unter anderem für die Einbindung in das transeuropäische Verkehrsnetz TEN-T bereitgestellt.

Auch China unterstützt die Ukraine bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten. Im November 2020 wurde ein bilaterales Kreditabkommen abgeschlossen, ohne jedoch Details zu veröffentlichen. Die frühere Finanzministerin Oksana Markarowa kritisiert das Abkommen. Es geht wohl um 1 Milliarde US$, die bereitgestellt werden um eine Umgehungsstraße um Kiew und eine Brücke bei Krementschuk zu finanzieren.

Ukraine modernisiert Transportinfrastruktur umfassend

Straßenbau

Der Straßenbau hat höchste Priorität für die Regierung. Die Investitionen in den Sektor sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Im Staatshaushalt für 2021 sind knapp 3 Milliarden US$ eingeplant. Im Jahr 2020 hat die staatliche Straßenbaubehörde Ukravtodor 4.000 Kilometer Straßen erneuert. Ziel für 2021 sind 4.500 Kilometer. Zum Vergleich: Von 2015 bis 2019 waren es insgesamt nur 5.500 Kilometer. Der Sanierungsbedarf bleibt trotzdem groß. Selbiges gilt für die Brücken.

Internationale Geber stellen hohe Summen für die Erneuerung von Straßen bereit. Die EIB und EBWE beteiligen sich mit 900 Millionen Euro am Bau einer Umgehungsstraße um Lemberg (Lwiw) und der Sanierung der Strecke Kiew-Odessa. Im Gegenzug hat sich Ukravtodor dazu verpflichtet, Reformen umzusetzen und die Korruption zu bekämpfen. Außerdem ist geplant, Mautstraßen zu errichten und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Schienen

Die ukrainische Eisenbahn Ukrzaliznytsia hat 2020 einen Verlust von 426 Millionen US$ eingefahren. Hauptgrund sind die Ausfälle durch die Quarantänemaßnahmen. Allerdings ist das Passagiersegment ohnehin defizitär. Der Gütertransport schreibt in normalen Jahren schwarze Zahlen. Er leidet jedoch unter einem Tarifsystem, welches Oligarchen aus dem Bergbau und der Metallindustrie begünstigt.

Für 2021 sieht der Finanzplan der Bahn Investitionen in Höhe von rund 1 Milliarde US$ vor. Mit den Geldern werden verschlissene Schienenfahrzeuge ersetzt und die Strecken saniert und elektrifiziert. Im Zuge eines allumfassenden Reformprozesses soll der Staatskonzern außerdem in die Einheiten Infrastruktur, Produktion, Personen- und Güterverkehr aufgespalten werden. 

Wasserwege/Seehäfen

Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj hat am 30. Dezember 2020 das Gesetz "Über die Binnenschifffahrt" unterzeichnet, das Anfang 2022 in Kraft tritt. Mit dem Gesetz gleicht die Ukraine gesetzliche Bestimmungen an EU-Normen an. Die Regierung hofft, die Binnenschifffahrt auf 30 Millionen Tonnen auszuweiten (zuletzt rund 11 Millionen Tonnen). Hierzu bedarf es Investitionen in die Schleusen.

Im Jahr 2020 hat die Ukraine die Seehäfen Olvia und Cherson an private Betreiber übergeben. Dem soll ein Fähr- und Containerterminal am Hafen Tschornomorsk folgen. Bis 2025 will die Regierung alle 13 staatlichen Häfen an Konzessionsnehmer abtreten. Hiervon verspricht das Land sich Investitionen in Höhe von 1,8 Milliarden US$.

Flughäfen

Im Coronajahr 2020 ist das Passagieraufkommen an den Flughäfen um zwei Drittel eingebrochen. Die Regierung plant von 2021 bis 2023 Bauarbeiten an 16 Flughäfen. Viele Projekte sollen im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften (PPP) umgesetzt werden. Das größte laufende Projekt ist der Neubau des Flughafens Dnipro. Auch in Transkarpatien und der Ostukraine ist der Bau neuer Flughäfen geplant. Die EIB stellt 270 Millionen Euro für die Modernisierung des Kiewer Flughafens Boryspil bereit.

Wasserver- und Abwasserentsorgung sollen verbessert werden

In der Kommunalwirtschaft steht die Ukraine vor gewaltigen Herausforderungen. Kaum kostendeckende Tarife für Wasser- und Abfallwirtschaft hemmen die Investitionen. Bei Großprojekten ist die Ukraine auf internationale Hilfe angewiesen. Die japanische Entwicklungsagentur JICA unterstützt die Sanierung der Kiewer Großkläranlage Bortnytska stantsiya aeratsii mit rund 1 Milliarde US$. Nachdem sich der Start immer wieder verzögert hat, sollen die Bauarbeiten im 2. Quartal 2021 beginnen.

Frankreich und die EIB stellen knapp 100 Millionen Euro bereit, um die Trinkwasserversorgung in Mariupol zu verbessern. Die EBWE finanziert Projekte in der Abfallwirtschaft in Lemberg (Lwiw) und Chmelnyzkjy. Die Regierung plant währenddessen die Bewässerungsanlagen für die Landwirtschaft zu modernisieren.

Energiebranche hat mit Rückschlägen zu kämpfen

Die ukrainische Strombranche leidet unter enormen strukturellen Problemen. Bei vielen Akteuren sind hohe Defizite aufgelaufen. Der Boom der erneuerbaren Energien ist zum Erliegen gekommen, nachdem die grünen Tarife im Sommer 2020 nachträglich abgesenkt wurden. Es bestehen hohe Zahlungsrückstände gegenüber Produzenten erneuerbarer Energie. Gleichzeitig besteht weiterhin ein riesiger Modernisierungsbedarf.

Nichtsdestotrotz strebt die Ukraine bis 2023 eine Anbindung an das europäische Stromnetz (ENTSO-E) an. Mit Deutschland besteht seit 2020 eine Energiepartnerschaft, bei der auch das Thema Wasserstoff eine wichtige Rolle spielt.

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