Mehr zu:
UngarnBau, übergreifend / Tiefbau, Infrastrukturbau / Schienenverkehr / Straßenverkehr / Hochbau
Branchen
Branchenbericht Ungarn Bau, übergreifend
Budapest (GTAI) - Ungarns Bausektor boomt dank hoher Immobiliennachfrage und fließender Fördermittel. Tiefbauprojekte treiben die Konjunktur an. Fachkräftemangel und steigende Kosten bereiten Sorgen.
20.09.2018
Der ungarischen Bauindustrie geht es derzeit so gut wie schon lange nicht mehr. Die Krise von 2016, als die Gelder der Europäischen Union (EU) gedrosselt wurden, ist inzwischen vergessen. Die Bauproduktion wächst seither wieder zweistellig. Sie stieg 2017 um fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das war die mit Abstand stärkste Zunahme innerhalb der EU. Und auch für die nächste Zeit sind die Prognosen positiv. Das Budapester Wirtschaftsforschungsinstitut GKI geht für 2018 von einem realen Wachstum von 14 Prozent aus.
Vom Bauboom können auch ausländische Unternehmen profitieren. Denn die ungarischen Bauunternehmen müssen auf die höhere Nachfrage reagieren, ihre Kapazitäten ausweiten und in ihren Maschinenpark investieren. Zudem hat die starke Konjunktur die Nachfrage nach Baustoffen stark steigen lassen. Eine Reihe von Herstellern hat darauf bereits mit Investitionen in Ausbau und Modernisierung ihrer Kapazitäten reagiert.
Die Baukonjunktur wird zum einen durch das hohe Wachstum der ungarischen Wirtschaft angetrieben. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs 2017 um 4,0 Prozent, für 2018 wird ein weiterer Anstieg von 4,2 Prozent erwartet. Die Investitionen ziehen kräftig an. Die günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, steigende Einkommen und eine optimistische Einschätzung der Geschäftsaussichten lassen wieder internationale Investoren auf dem ungarischen Markt für Geschäfts- und Wohnimmobilien aktiver werden.
Die Nachfrage nach Wohnimmobilien und die Investitionsaktivitäten in diesem Sektor werden zum anderen durch staatliche Fördermaßnahmen angetrieben. Zu den wichtigsten zählt das sogenannte CSOK-Programm zur Wohnungskaufförderung. In dessen Rahmen werden kinderreiche Familien mit einem staatlichen Zuschuss und einem zinsgünstigen Bankkredit beim Bau oder Kauf einer Wohnung unterstützt. Die Bedingungen und der Empfängerkreis des 2015 eingeführten Programms sind dabei immer mehr erweitert worden. Bis September 2018 haben rund 84.000 Familien von der CSOK-Förderung Gebrauch gemacht.
Weitere Impulse hat der Wohnungsbau von der Reduzierung der Mehrwertsteuer für neue Wohnobjekte von sonst 27 auf 5 Prozent erhalten. Die geringere Steuer gilt bis Ende 2019. Das hat zu einem deutlichen Anstieg der Wohnungsfertigstellungen und der Baugenehmigungen geführt. 2017 wurden 14.400 Wohnungen gebaut. In den drei Jahren davor waren es 8.400, 7.600 und 10.000. Die Zahl der Baugenehmigungen belief sich 2017 auf 38.000 gegenüber 9.600, 12.500 und 31.600 in den Jahren 2014 bis 2016. Die Reduzierung der Mehrwertsteuer wird allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit Anfang 2020 auslaufen, was nach Ansicht von Experten zu einem Rückgang im Wohnungsbau führen wird.
Eine positive Entwicklung wird für die nächsten Jahre auch bei Bürogebäuden erwartet. Marktforscher des europäischen Beratungsnetzwerks Euroconstruct rechnen damit, dass in den Jahren 2018 bis 2020 rund 700.000 Quadratmeter auf den Markt kommen - zusätzlich zu den bestehenden 3,5 Millionen Quadratmetern Büroflächen hoher Qualität. Im Handelssektor dürften bis 2021 rund 540.000 Quadratmeter zu den vorhandenen 1,3 Millionen Quadratmetern hinzukommen. Wichtigste Objekte werden dabei die Etele Plaza (Investor: Futureal; 54.000 Quadratmeter) und das Aquincum Centre (ECE; 55.000 Quadratmeter) in Budapest sein.
Die Lage im Tiefbau hat sich nach dem schweren Rückschlag von 2016 deutlich verbessert. Der größte Teil der von der EU kofinanzierten Investitionen findet dabei im Transportsektor (Straßen- und Bahnnetz) statt. Einem Bericht von Euroconstruct zufolge sind in Ungarn 2017 umgerechnet rund 1,4 Milliarden Euro für Investitionen im Straßensektor geflossen. Für 2018 und 2019 seien weitere 1,9 Milliarden beziehungsweise 2,8 Milliarden Euro geplant. Für Investitionen im Bahnsektor, darunter vor allem die Modernisierung von 900 Bahnkilometern, seien Investitionen von rund 5 Milliarden Euro vorgesehen.
In der noch bis Ende 2022 laufenden EU-Förderperiode soll das Schnellstraßennetz fertiggestellt werden. Laut Euroconstruct ist geplant, 900 Schnellstraßen- und Autobahnkilometer bis 2022 zu bauen. Alle 23 Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern sollen über Schnellstraßen mit dem nationalen Autobahnnetz verbunden werden. In der kommenden EU-Förderperiode ab 2023 werde der Schwerpunkt auf den Ausbau des Autobahnnetzes und die Fertigstellung von Umgehungsstraßen rund um Budapest liegen.
Bauwirtschaft insgesamt | Hochbau | Tiefbau | |
2014 | 13,5 | 2,0 | 28,8 |
2015 | 3,0 | 4,3 | 1,0 |
2016 | -18,8 | -2,2 | -45,4 |
2017 | 29,7 | 27,5 | 42,7 |
Januar bis Juli 2018 | 19,1 | 22,2 | 27,1 |
Quelle: Statistikamt Ungarns KSH
Bauvolumen 2017 in Mio. Euro | 2018 *) | 2019 *) | 2020 *) | |
Hochbau | 7.351 | 28,2 | 10,4 | -2,5 |
.Neubau | 3.843 | 42,0 | 11,5 | -7,9 |
.Renovierung | 3.508 | 13,0 | 8,8 | 5,0 |
darunter | ||||
.Wohnungsbau | 2.929 | 49,7 | 13,3 | -11,6 |
..Neubau | 1.551 | 85,0 | 15,0 | -20,0 |
..Renovierung | 1.379 | 10,0 | 10,0 | 5,0 |
.übriger Hochbau | 4.421 | 13,9 | 7,8 | 5,7 |
Tiefbau | 3.306 | 16,8 | 13,1 | 4,8 |
.Neubau | 1.828 | 15,0 | 12,0 | 5,0 |
.Renovierung | 3.306 | 16,8 | 13,1 | 4,6 |
Insgesamt | 10.657 | 24,6 | 11,2 | -0,4 |
*) Angaben für 2018 bis 2020 Prognosen
Quelle: Euroconstruct, Juni 2018
Bauvolumen in Mio. Euro *) | 2017 | 2018 *) | 2019 *) | |
Tiefbau, insgesamt | 3.306 | 34,0 | 16,8 | 13,1 |
.Transportinfrastruktur | 2.338 | 27,4 | 17,8 | 14,4 |
..Straßen | 1.179 | 33,1 | 15,0 | 10,0 |
..Bahnanlagen | 651 | 12,2 | 25,0 | 25,0 |
..Übrige Verkehrsinfrastruktur | 509 | 37,8 | 15,0 | 10,0 |
.Telekommunikation | 161 | 1,7 | 10,0 | 10,0 |
.Energieversorgung | 195 | 23,6 | 25,0 | 15,0 |
.Wasserversorgung | 361 | 71,1 | 10,0 | 10,0 |
.Sonstiges | 251 | 137,6 | 15,0 | 5,0 |
1) ohne Steuern; 2) Angaben für 2018 bis 2020 Prognosen
Quelle: Euroconstruct, Juni 2018
Weitere Informationen zu Ungarn finden Sie unter http://www.gtai.de/Ungarn.