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Branchen | USA | Digitalisierung

Automatisierung und Robotik dringen in neue Bereiche vor

In den USA hat die Pandemie den Trend zu Digitalisierung und künstlicher Intelligenz (KI) beschleunigt. Neue Einsatzfelder bieten die Gastronomie, Logistik und Online-Events.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

In vielen Drive-ins der US-Fast-Food-Kette Arby's nehmen bereits KI-gestützte Sprachassistenten Bestellungen auf. Auch immer mehr Starbucks-Filialen eröffnen neue Drive-ins mit digitalen Dienstleistungen oder setzen KI für Transaktionen via Apps ein. Die Restaurantkette Bartaco hat ein Online-Bestell- und -Bezahlsystem entwickelt, das Kunden über ihr Smartphone nutzen können: Per QR-Code lassen sich Speisekarten aufrufen und Essen bestellen. Mitarbeiter erscheinen nur, um Gerichte und Getränke zu bringen, denn bezahlt wird ebenfalls per Handy.

Restaurant- und Kaffeeketten nutzen Potenziale

Auch die auf Salate spezialisierte Kette Sweetgreen setzt auf Automatisierung: Sie gab Ende August 2021 bekannt, das Küchenroboter-Start-up Spyce zu übernehmen. Spyce stellt eine Maschine her, die Gemüse und Getreide kocht und in Schüsseln ausgießt.

Die Coronakrise hat den allgemeinen Trend zur Digitalisierung beschleunigt. Im Gastronomiebereich gaben dabei vor allem Abstands- und Hygieneregeln den Ausschlag. Neben der wachsenden Beliebtheit von berührungsfreien Lösungen sorgten weltweite Lieferengpässe dafür, dass digitale Lösungen auch in Bereiche vordrangen, in denen sie vor Covid-19 nur eine eher geringe Rolle gespielt hatten.

So kommen in den USA verstärkt Lieferroboter zum Einsatz, die Mahlzeiten, Wäsche, Lebensmittel oder Medikamente transportieren. Der Onlineriese Amazon hat 2020 Zoox übernommen und will die Technologie des Robotaxi-Entwicklers für sein eigenes Liefergeschäft nutzen. Starkes Wachstum wird auch bei Robotern für die Bodenreinigung in Supermärkten, Krankenhäusern und Lagerhallen erwartet. Dabei kommt KI immer häufiger zum Einsatz.

KI-gestützte Funktionen bereichern Videokonferenzen

Zudem boomt der Markt für Lehr- und Lerntechnologien (Educational Technology/Edtech): Im Zuge der Pandemie flossen US-Start-ups in diesem Bereich 2020 laut der Initiative für Online-Lernen EdSurge über 2,2 Milliarden US-Dollar (US$) an Risiko- und privatem Beteiligungskapital zu. Das waren knapp 30 Prozent mehr als im Jahr davor. Und das Tempo beschleunigt sich sogar: Für das 1. Halbjahr 2021 meldete die Wagniskapitalgesellschaft Reach Capital über 3,2 Milliarden US$. In der Folge beantragen immer mehr Firmen ihren Börsengang in den USA – nicht nur US-Plattformen wie Duolingo und Instructure, sondern zum Beispiel auch der Berliner Sprachkursanbieter Babbel.

Im Juni 2021 übernahm die Softwarefirma Zoom das deutsche Start-up Kites, das sich auf die KI-gestützte Echtzeitübersetzung natürlicher Sprache spezialisiert hat. Mitte September kündigte Zoom dann an, sein Videokonferenztool für Liveübersetzungen in bis zu zwölf Sprachen und seine Livetranskriptionsfunktion für automatische Untertitel auf 30 Sprachen zu erweitern.

Fintech-Apps profitieren von der Coronakrise

In der Pandemiezeit kaufen Amerikaner mehr Waren im Internet, betreiben mehr Onlinebanking und handeln vermehrt mit Aktien und Kryptowährungen. Gleichzeitig lösen niedrige Zinssätze und der Wunsch, von den Innenstädten in Vororte oder sogar aufs Land zu ziehen, einen Ansturm auf Hypotheken aus.

So stehen Anwendungen für die Fintech-Industrie (Finanztechnologie) hoch im Kurs. Das zeigt sich zum Beispiel am Erfolg der Digital-Banking-Plattform von Blend Labs, die sich auf Hypothekendarlehen konzentriert: Wurden darüber im Juli 2020 Hypotheken und Verbraucherkredite von im Schnitt knapp 3 Milliarden US$ pro Tag verarbeitet, waren es im Juli 2021 über 5 Milliarden US$.

Auch Schadensversicherungen gegen Cyberangriffe stehen bei den Unternehmen hoch im Kurs. Denn Cybersicherheit wird im Zeitalter von Homeoffice und Onlinekonferenzen immer wichtiger. Die Abhängigkeit von Fernzugriffssystemen macht Unternehmen anfällig für Netzwerkattacken. Bisher gibt es erst wenige Anbieter, die in den USA Schäden im Zusammenhang mit Hackerangriffen oder sonstigen Akten von Cyberkriminalität absichern, darunter Travelers, Coalition, Resilience Cyber Solutions und Vantage Group.

Abwehr von Cyberrisiken

Daher investieren Unternehmen hohe Summen in die Kontrolle ihres gesamten Netzwerks in Echtzeit und in die frühzeitige Erkennung von Cyberrisiken – zumal immer mehr Firmen in die Cloud migrieren, die Cyberkriminellen noch mehr Angriffsfläche für Malware-Attacken bietet. Nach Angaben der Federal Trade Commission wurden in den USA 2020 rund 4,8 Millionen Identitätsdiebstähle und -missbräuche im Internet gemeldet. Das waren 45 Prozent mehr als im Vorjahr.

Im Mai 2021 erpressten Hacker von Colonial, der größten Benzinpipeline der USA, Lösegeld in Millionenhöhe. Auch auf den US-amerikanischen Stromsektor haben es Cyberkriminelle abgesehen. Ein hoher Bedarf an Sicherheitstechnologien besteht daher in kritischen Infrastrukturbereichen. Es ist zu erwarten, dass dabei künftig mehr KI eingesetzt wird, da mit deren Hilfe Netzwerkangriffe deutlich besser zu erkennen sind.

Gesundheitswirtschaft ist riesiger Markt mit schwierigem Zugang

Viele Einsatzbereiche für KI bietet auch die Gesundheitswirtschaft, sowohl bei Diagnosen als auch Behandlungen. KI-Tools analysieren zum Beispiel CT-Scans (Computertomografie), um genau vorherzusagen, welche Covid-19-Patienten ein Beatmungsgerät benötigen. Forscher des Argonne National Laboratory des US-Energieministeriums (DOE) setzen KI in der Coronaforschung ein und identifizieren mit ihrer Hilfe Impfstoffkandidaten gegen Krankheitserreger. Nun will das DOE am Argonne einen neuen Supercomputer errichten, den Forscher bereits Anfang 2022 für eine Reihe wissenschaftlicher Aufgaben nutzen sollen, darunter zur Verbesserung der Krebsbehandlung.

Allerdings sind die Hürden für Anbieter von KI-basierten Medizinprodukten groß. Zum Beispiel will die US-Zulassungsbehörde FDA sehr genau wissen, wo die Schwach­stellen der KI liegen. Fachleute raten an, eng mit Ärzten, Beratern und Anwälten zu kooperieren, da die US-­Amerikaner bei diesen Fragen viel strenger als die Europäer sind.

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