Branchenbericht
USA
Coronavirus
Einige US-Branchen könnten glimpflich aus der Krise kommen
Teile des Baugewerbes und der Logistikbereich zählen zu den Branchen mit Chancen in der Krise. Als Krisengewinner gelten unter anderem Technologieriesen aus dem Silicon Valley.
08.05.2020
Von Heiko Steinacher
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San Francisco
Welche Branchen in den USA schnell aus der Krise kommen werden, ist Anfang Mai schwer zu sagen. Viel wird davon abhängen, wie schnell die USA und auch der Rest der Welt die Situation insgesamt in den Griff bekommen sowie von den Erwartungen der Unternehmen: Viele rechnen mit (weiteren) Arbeitsplatzverlusten, nicht wenige hoffen aber auch auf eine schnelle und starke Erholung gegen Ende des 3. Quartals oder im 4. Quartal 2020. Daher haben sie Arbeitsplätze auf Home Office umgerüstet und neue Schichtmodelle eingeführt. Auch führen viele ihre Ausbildungsprogramme die ganze Zeit über virtuell weiter.
Unternehmen bauen Lagerlogistik aus
Zwar gerät das Baugewerbe insgesamt stark in Bedrängnis, doch kommen einige Bereiche relativ glimpflich davon: vor allem durch den vermehrten Klinikbau sowie Umbaumaßnahmen zur Versorgung Coronakranker, darunter die Umwandlung von Kongresszentren, Hotels und Wohnheimen von Universitäten in Intensivstationen. Auch im Logistikbereich ergeben sich Chancen. Denn viele Firmen wollen ihre Sicherheitsbestände in den USA deutlich ausbauen, sodass einige Unternehmen ihre Lagerlogistik erweitern: So hat zum Beispiel das internationale Transport- und Logistikunternehmen Gebrüder Weiss zusätzlich zum bisherigen Standort bei Los Angeles gegen Ende April 2020 ein weiteres Lager in Südkalifornien eröffnet.
Möglicherweise erhält auch der Infrastrukturbau neue Schubkraft – doch sind sich Demokraten und Republikaner bisher nicht über die Höhe und den Fokus weiterer Hilfen einig. Zum Infrastrukturplan, den US-Präsident Donald Trump fordert, wird es wohl einen eigenen Gesetzentwurf geben. Die Demokraten fordern mindestens 1 Billion US-Dollar (US$) für eine Ausweitung der Mittel, die im Rahmen des CARES-Act bewilligt wurden. US-Präsident Trump will jedoch Mittel in Höhe von 2 Billionen US$, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Pläne für ein Programm zur Instandsetzung der maroden US-Infrastruktur verfolgt er schon länger, nun will er die Chance nutzen, die dafür notwendigen Kredite zu Nullzinsen aufzunehmen. Sollte es dazu kommen, würde dieser Baubereich kräftig expandieren. Allerdings ist im Moment nicht abzusehen, wie ein Kompromiss – auch finanziell – aussehen könnte.
Eine hohe Nachfrage besteht nach medizinischen Ausrüstungen, zurzeit aber vor allem für Tests und zur Behandlung von Coronakranken. Medizintechnikanbieter versuchen nach Kräften, ihre Produktion auf benötigte Erzeugnisse umzustellen.
Softwarefirmen profitieren von Home Office
Zu den Krisengewinnern zählen:
- Diagnostikunternehmen: Wegen der raschen Ausbreitung des Covid-19-Erregers steigt die Nachfrage nach Testkits sowie diagnostischen Plattformen und Hochleistungsgeräten, um Diagnosen schnell durchführen zu können, enorm.
- Anbieter von Telemedizin: Da nur noch Menschen mit schweren Coronavirus-Symptomen zum Arzt gehen sollen, entwickeln digitale Gesundheitsunternehmen Plattformen für Videochats. Telemedizinische Beratung wird stark nachgefragt, zumal Patienten dafür sowie für Coronavirus-Tests nach den jüngsten Gesetzesänderungen nichts zuzahlen müssen.
- Anbieter verpackter Lebensmittel: Verbraucher greifen verstärkt nach solchen, da nach dem Lockdown vorübergehend keine Restaurantbesuche möglich sind, aber auch nach anderen Verbrauchsgütern, darunter Handdesinfektionsmitteln.
- bestimmte E-Commerce-Unternehmen: Seitdem fast alle US-Bundesstaaten Ausgangsbeschränkungen verhängt haben, bestellen immer mehr Personen Waren bei Onlineversandhändlern, vor allem bei Amazon. Auch wenn „Social Distancing“ nur eine vorübergehende Erscheinung sein wird, hält die Verlagerung zum Onlineshopping vielleicht an. Allerdings werden vermutlich nicht alle, deren Umsatz derzeit rasant wächst, nach einer Lockdown-Lockerung immer noch so gut da stehen – denn dann werden die Menschen zum Beispiel wieder vermehrt Restaurants besuchen.
- Technologieunternehmen wie Amazon, Apple, Facebook und Google: Sie profitieren schon – nicht nur, weil die Kunden mehr ihrer Produkte nachfragen, darunter Gesundheitsbehörden, denen sie neue Dienste zur Verfolgung von Covid-19-Fällen anbieten. Sondern auch weil sie Talente gewinnen können, die Start-ups jetzt entlassen müssen. Google-Tochter DeepMind baut mit ihrer Künstlichen Intelligenz Alphafold Coronavirus-Proteine anhand berechneter Strukturen virtuell nach, wodurch schneller ein Impfstoff gefunden werden könnte. Macht und Einfluss der Techkonzerne dürften weiter wachsen.
- Softwarefirmen, unter anderem Gaming, Cybersecurity, optische Zeichenerkennung, Artificial Reality (AR): Da Mitarbeiter in Zeiten des Home Office Fernzugriff auf Firmendaten und -systeme haben, sind IT-Lösungen, die Angriffsflächen für Cyberkriminelle minimieren, sehr beliebt. Stark gefragt ist bei Unternehmen außerdem alles, was die Kommunikation verbessern kann, womit sich zum Beispiel große Meetings virtuell abhalten lassen, auch mit Lieferanten im Ausland. Im Privatbereich führen Ausgehbeschränkungen zu einem Mehrkonsum von Videospielen.
- Hardwarefirmen, vor allem Anbieter von Cloud-Servern, Laptops, Heimcomputern, Routern und Infrastruktur für elektronische Kommunikation: Die Umrüstung von Arbeitsplätzen auf Home Office sorgt auch für einen Mehrbedarf an Hardware. Ferner steigt dadurch die Nachfrage nach Speicherchips.
- Unternehmen, die aus der Krise ein Geschäftsmodell machen: So werden zum Beispiel Lösungen für Touchless am Flughafen oder beim Einkauf auch nach der Coronakrise gefragt sein.
- Anbieter von Heimtrainern/Fitnessgeräten und von Unterhaltungselektronik: Sie profitieren ebenfalls von den Ausgehbeschränkungen.