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Die Chemiebranche in Usbekistan ist im Umbruch. Massive Investitionen fließen in die grundlegende Erneuerung der Basischemie und den Aufbau effizienter Wertschöpfungsketten.
23.11.2020
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Die Chemieindustrie in Usbekistan nimmt seit dem Start der wirtschaftlichen Liberalisierung des Landes 2017 Kurs auf einen tiefgreifenden Wandel. Dieser bietet ausländischen Investoren und Ausrüstungslieferanten vielversprechende Geschäftschancen. Die Branche soll zu einer leistungsfähigen Industrie- und Exportsäule ausgebaut werden.
Die Regierung hat 2017 bis 2020 viele Reformen und Initiativen für die Neuausrichtung, die Erneuerung und den Kapazitätsausbau aller Chemiesparten auf den Weg gebracht. Diese sollen bis 2025 zu einer Einsparung von Chemieimporten um jährlich bis zu 1,2 Milliarden US-Dollar und mindestens einer Verdreifachung der jährlichen Chemieexporte gegenüber den heutigen beitragen.
Der im April 2019 verabschiedete Maßnahmenkatalog für die Reform, Erneuerung und Expansion der chemischen Industrie verfolgt unter Beachtung ergänzender Initiativen in den Sparten Petrochemie, Gummi/Kunststoffe und Pharmaka folgende grundlegende Ziele:
Die Liberalisierung und Marktöffnung sowie die Umsetzung der Brancheninitiativen zeigen erste Früchte. So haben die Betriebe der Industriezweigvereinigung für die chemische Industrie O´zkimyosanaot die Verlustzone verlassen und weisen heute - wenn auch noch bescheidene - Gewinne aus. Der Ausstoß aller Chemiesparten betrug 2019 rund 4,1 Milliarden US-Dollar gegenüber 2 Milliarden US-Dollar 2017. Allerdings ist ein Großteil des Zuwachses Preissteigerungen geschuldet.
Die schon lange erwarteten Investitionen in die erneuerungsbedürfte und noch wenig diversifizierte Branche kommen in Schwung. Das Flaggschiff der usbekischen chemischen Industrie Navoiyazot, Nawoi, nahm Ende 2019 Kapazitäten für die jährliche Produktion von bis zu 100.000 Tonnen PVC, 75.000 Tonnen kaustischer Soda und 300.000 Tonnen Methanol in Betrieb (Projektwert: 500 Millionen US-Dollar). Seit Juni 2020 kann dort eine neue Anlage jährlich bis zu 500.000 Tonnen Salpetersäure herstellen (216 Millionen US-Dollar). Ende 2020 soll in Nawoi ein Komplex für die jährliche Produktion von 660.000 Tonnen Ammoniak und 577.500 Tonnen Harnstoff an den Start gehen (986 Millionen US-Dollar).
Auch die Offerten für den Erwerb von Mehrheitsbeteiligungen an noch staatlichen Chemiebetrieben im Gegenzug für die Übernahme von Investitionsverpflichtungen haben erste ausländische Interessenten angenommen. So investiert der neue Eigentümer des Superphosphatwerks Kokand, die Indorma Group (Singapur), mit finanzieller Unterstützung von Geberbanken 67 Millionen US-Dollar in die Modernisierung der Fabrik. Ab 2021 sollen neue Anlagen jährlich bis zu 350.000 Tonnen Superphosphat (63.000 Tonnen 100% Phosphat P2O5) und 290.000 Tonnen ammonisiertes Superphosphat herstellen. Später in einer zweiten Projektphase ist die Produktion von Dikalziumphosphat, Kaliumsulfat und Schwefelsäure geplant.
Aufgrund des weiterhin großen Erneuerungsbedarfs in der gesamten Branche, der wachsenden Inlandsnachfrage nach Chemieerzeugnissen sowie guter Exportaussichten dürfte sich die hohe Investitionsneigung unvermindert fortsetzen. Gestartet ist die umfassende Modernisierung der Ölraffinerien in Buchara und Fergana. Zahlreiche Vorhaben gibt es für den Ausbau der Pharmaindustrie. In der chemischen Industrie gibt es neben den in der nachfolgenden tabellarischen Übersicht aufgeführten großen Projekten auch eine Vielzahl mittelgroßer und kleinerer Investitionsvorhaben.
Projekt | Investitionssumme (in Mio. US$) | Projektstand | Auftraggeber/Investor |
---|---|---|---|
Produktion von Olefinen aus 2 Mrd. cbm Erdgas für die Weiterverarbeitung (PET, PVC, synthetischer Kautschuk, Polystyrol, Polyurethan und Polyakrylnitril) | 6.500 | Projekt in früher Vorbereitungsphase, zz. Suche nach interessierten ausländischen Partnern, geplante Realisierung bis 2026 | |
Produktion von Phosphordünger (274.000, 100% Nährgehalt) und Schwefelsäure (1,5 Mio. t/Jahr), Verarbeitung von Phosphorerzen (2,4 Mio. t/Jahr), Provinz Nawoi | 950 | Projekt in Vorbereitung, Umsetzung geplant bis etwa 2024/25 | O´zkimyosanaot AJ, Ministerium für Investitionen und Außenhandel |
Produktion von jährlich bis zu 400.000 t Ammoniak und 700.000 t Harnstoff in Jangijer, Provinz Syrdarja | 600 | Projekt in Vorbereitung, Umsetzung geplant bis etwa 2023/2024 | O´zkimyosanaot AJ, Ministerium für Investitionen und Außenhandel |
Produktion einer breiten Palette von Erzeugnissen auf der Basis von Methanol (Formaldehyd, Harnstoff- und Melamin-Formaldehydharze, Chlor-Essigsäure, Methylamin u.a.) und von Alkylbenzol im Unternehmen Navoiyazot | 460 | Projekt in Vorbereitung, Umsetzung geplant bis 2024 | O´zkimyosanoat, Partner: Çalık Enerji (Türkei; Unterzeichnung eines Memorandums Mitte 2020) |
Zweiter Komplex für die Produktion von PVC, kaustischer Soda und Methanol im Unternehmen Navoiyazot | 440 | Erstellung der Projektdokumentation bis Ende 2020 | O´zkimyosanoat, CAMC Engineering Co., LTD, HQC Shanghai Company (beide China) |
Modernisierung/Ausbau der jährlichen Produktion von Ammoniak (auf 660.000 t), Harnstoff (600.000 t), Ammonsalpeter (700.000 t) und Salpetersäure (530.000 t) im Unternehmen Farg´onaazot | 237 (Verkauf von 52% der Anteile im Gegenzug für Investitionsverpflichtung) | zz. Vorbereitung der für 2021 geplanten Privatisierung (Präsidialerlass vom 27.10.20), Umsetzung geplant bis etwa 2024 | |
Komplex für die Produktion von 300.000 t Monoammmoniumphosphat und 300.000 t komplexe Mineraldünger auf der Basis des Superphosphatwerkes Samarqand Kimyo | 200 | Projekt in Vorbereitung (Machbarkeitsstudie, Klärung der Finanzierung), geplante Inbetriebnahme: bis 1. Juli 2023 | O´zkimyosanaot AJ, Ferkensco Management Limited, Zypern (Investor) |
Kapazitätsausbau im Werk für Reifen (um 2,6 Mio. Stück/Jahr), Förderbänder (um 100.000 lfd. Meter/Jahr) und andere gummitechnische Erzeugnisse, Freizone Angren | 200 | Projekt in Vorbereitung, geplante Realisierung bis 2024 | O´zkimyosanoat, Birinchi Rezinotexnika zavody (möglicher Partner: PAO Tatneft, Russland) |
Das Kaliwerk Dechkanabad zum Beispiel plant 2021 bis 2023 die Errichtung neuer Kapazitäten für die jährliche Produktion von 180.000 Tonnen granuliertem Kaliumchlorid und 120.000 Tonnen Kaliumsulfat (Projektwert: 76 Millionen US-Dollar). Der Düngemittelhersteller Farg´onaazot will 2021 bis 2023/24 seine Anlagen für die Herstellung von Ammonsalpeter modernisieren, die Produktion von Salpetersäure ausweiten und in Projekte für die kleintonnagige Chemie (Biokarbonat, Buthylazetat, Natriumnitrat, Trinatriumphosphat) investieren (57 Millionen US-Dollar).
Das Unternehmen Navoiyazot hegt Pläne für die Produktion von jährlich 10.000 Tonnen Thioharnstoff auf der Basis von Ammoniumrhodanid und von jährlich 10.000 Tonnen trockenen Zyansalzen (80 Millionen US-Dollar). Gut ein Dutzend Projekte wollen in- und ausländische Firmen in den Wirtschaftsfreizonen Jizzakh und Angren realisieren, so in den Produktgruppen technischer Kohlenstoff, BOPP-Folien, Reagenzien und Zusatzstoffe für die Textilindustrie. Auf der Projektliste stehen ferner Vorhaben für die Produktion von Katalysatoren, kalzinierter Soda, synthetischem Garn und Textilfarben. Investoren und Lieferanten können bei ihren Aktivitäten von steuerlichen und Zollerleichterungen profitieren.
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