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Branchenbericht Vereinigtes Königreich Handel und Vertrieb, übergreifend
London (GTAI) - Die Marke "Made in Germany" hat im Vereinigten Königreich einen guten Ruf. Deutsche Unternehmen aus allen Branchen werben mit der Herkunft ihrer Produkte. Auch das Label "German Engineering" wird immer öfter genutzt. Selbst Firmen aus dem nichttechnischen Bereich verwenden den Begriff, allerdings spielerisch. So wirbt ein Hersteller von Haarshampoo mit dem Slogan "German Engineering for your hair".
13.08.2018
Die Kutsche der britischen Königin Elisabeth II. wurde im Commonwealthland Australien gebaut und ist ein Geschenk der australischen Regierung. Damit die Königin im britischen Schmuddelwetter nicht friert, haben die Australier aber eine Standheizung "made in Germany" eingebaut.
Vor allem für Pkw, Maschinen, Energie- und Umwelttechnik gilt seit Langem: "Made in Germany" beziehungsweise "German Engineering" stehen für die bestmögliche Qualität. Produkte aus Deutschland gelten als langlebig und technisch auf dem höchsten Stand. Das früher auf der britischen Insel schlechte Image Deutschlands hat sich spätestens seit der Fußballweltmeisterschaft 2006 deutlich verbessert. In britischen Zeitungen werden immer häufiger deutsche Vokabeln wie beispielsweise "Zeitgeist" eingebaut - dies gilt als schick. Audi wirbt sogar auf Deutsch.
1 | Ausgefeilte Technik ("German Engineering") |
2 | Effizienz, Langlebigkeit |
3 | Autos |
4 | Bier |
5 | Bayern (Sauerkraut, Lederhosen, Bier) |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
Das Label "Made in Germany" wird heute von Unternehmen aus allen Branchen verwendet, beispielsweise von Vaude (Aktivbekleidung, Fahrradtaschen), Grohe (Sanitärarmaturen), Albrecht Jung (Elektroinstallationsgeräte), ASC (Sensor-Lösungen), Lamy (Füllfederhalter), Bauerfeind (medizinische Hilfsmittel), Troester (Maschinen), Moll Funktionsmöbel GmbH, Hartmann (ebenfalls Möbel) und GData (IT-Sicherheit).
Selbst der Abgasskandal kann dem guten Image deutscher Produkte anscheinend nichts anhaben. "Das Label "Made in Germany" ist nach wie vor ein Symbol für Qualität und Sicherheit", erklärt Sven Riemann, Marketing-Chef der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer in London. "Ironischerweise wurde das Label 1887 von den Briten erfunden, um Verbraucher vom Kauf billiger deutscher Kopien abzuhalten. Stattdessen wurde es zum Qualitätssiegel für deutsche Produkte und eine begehrte Marke."
"Der Abgasskandal um Volkswagen hat bei den Verbrauchern zwar durchaus zu einer abnehmenden Beliebtheit von Dieselautos beigetragen. Er scheint aber keine großen Auswirkungen auf VW oder die Beliebtheit deutscher Automarken zu haben", erklärt Riemann. Der Anteil, der aus Deutschland importierten Pkw an den gesamten Pkw-Importen, betrug 2017 laut Eurostat knapp 46 Prozent. "Deutsche Autos sind weiterhin Statussymbol und auch für gute Qualität bekannt. Trotz Abgasskandal war Volkswagen (VW) 2017 die meistgekaufte deutsche Pkw-Marke", weiß Riemann. "Die Marke "Made in Germany" gilt für eine so große Anzahl von beliebten Produkten, dass ein Skandal keine großen Auswirkungen hat."
Auch in Brexitzeiten bleibt "Made in Germany" ein starkes Marketinginstrument. "Nach unserer Einschätzung ist "Made in Germany" weiterhin ein sinnvolles Label, da es bekannt und respektiert ist", erklärt Riemann. Auch das Label "German Engineering" sei gut bekannt und werde besonders für technische Produkte im Marketing verwendet, wo es praktisch als Qualitätssiegel gelte. "Das Label "Designed in Germany" ist sicher sinnvoll für Produkte, die in Deutschland erfunden, aber nicht hergestellt wurden, was in einer globalen Welt zunehmend relevant ist", so Riemann. Allerdings wirke "Made in Germany" beruhigender, da es suggeriere, dass das Produkt unter strengen deutschen Kontrollen und nicht in einem Billiglohnland hergestellt worden sei. Dies rechtfertige nach Einschätzung von Riemann auch den oft höheren Preis.
Ein Gebrauchtwagenhändler in Kent verkauft zwar diverse ausländische Automarken, nennt sich aber German Engineering Car Sales Ltd. Die Tageszeitung Daily Star schrieb über Mellow Drive, einen elektrisch betriebenen Antrieb für Skateboards der Mellow Boards GmbH: "Mellow Board - German engineering at its BEST comes to electric skateboards".
Doch auch nichttechnische Produkte werden mit "German Engineering" beworben. Das Pharmaunternehmen Queisser aus Flensburg wirbt auf seiner Webseite für das Nahrungsergänzungsmittel Doppelherz mit "German Engineering for your health". Der Arzneimittel- und Kosmetikhersteller Dr. Wolff aus Bielefeld preist im britischen Fernsehen sein Haarshampoo Alpecin mit dem Slogan "German Engineering for your hair" an.
Mehrere Fachzeitschriften und -portale loben deutsche Wohnzimmer- und Küchenmöbel. So heißt es im Fachportal für Heimgestaltung Ideal Home: "Built by robots, designed for people, that's German kitchen manufacturing at its best". Die Internetseite für Möbelmode http://www.furnitureinfashion.net urteilt: "Traditional German furniture has always been characterized by incredible sturdiness and durability." Und weiter: "German furniture is usually made of high quality natural woods such as beech, oak, walnut and mahogany."
Bioläden auf der britischen Insel (unter anderem Whole Foods und As nature intended) bieten eine sehr große Anzahl deutscher Bioprodukte - auch, weil es manchmal keine hochwertige Alternative zu ihnen gibt. Diese sind allerdings nicht unbedingt immer sofort als deutsche Produkte erkennbar.
Allgemein sehr gut vertreten sind deutsche Lebensmittelhersteller unter anderem im Bereich Süßwaren. Insbesondere Weihnachtsprodukte (Lebkuchen, Stollen) und auch Bier sind gut sichtbar als deutsche Produkte gekennzeichnet.
Ein uneinheitliches Bild bietet der Bereich Fleisch- und Wurstprodukte: Bei Tesco gibt es klar gekennzeichnete "German Salami" und bei Marks&Spencer deutschen Schinkenaufschnitt ("German wafer thin Brunswick Ham"), der sogar mit einer deutschen Flagge gekennzeichnet ist. Die Discounter Aldi und Lidl und die in London unzähligen, bayerisch anmutenden Biergärten bieten deutsche Wurst und deutsches Fleisch an.
Andererseits gilt ganz besonders für Rindfleisch und Huhn: Am liebsten essen viele Briten Produkte inländischer Herkunft. Tesco und andere Einzelhandelsunternehmen rühmen sich damit, vor allem auf britisches und irisches Rindfleisch und britisches Huhn zu setzen, das als besonders gut und sicher gilt.
Im Bereich Kosmetik und Körperpflegeprodukte sind viele Bioprodukte aus Deutschland auf dem Markt, die zum Teil deutlich mit "Made in Germany" gekennzeichnet sind. Konkurrenz für deutsche Kosmetikprodukte gibt es teilweise aus dem Commonwealthland Australien. Im konventionellen Segment gibt es im Bereich Kosmetik und Körperpflege starke Konkurrenz unter anderem aus den USA und Frankreich.
Deutsche Produkte und Dienstleistungen? | Trifft vollkommen zu | Trifft teilweise zu | Trifft weniger zu | Trifft nicht zu |
haben eine überdurchschnittlich hohe Qualität. | X | |||
sind innovativ. | X | |||
sind vergleichsweise günstig. | X | |||
sind besonders vertrauenswürdig. | X | |||
repräsentieren einen hohen Status. | X | |||
sind bekannt/werden gut vermarktet. | X | |||
sind ein gutes Gesamtpaket im Vergleich zu anderen Produkten/Dienstleistungen. | X | |||
sind leicht beschaffbar. | X | |||
haben ein attraktives Design. | X |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
Britische Verbraucher gelten als äußerst aufgeschlossen gegenüber neuen Entwicklungen. Daher wird der britische Markt von internationalen Firmen auch gerne als Testmarkt für neue Produkte genutzt. Deutsche Produkte gelten zwar hinsichtlich Qualität, Effizienz und Nachhaltigkeit als absolut top. Für die Originalität gilt dies aber nicht immer. Hier gibt es zum Teil noch Nachholbedarf.
Auch AHK-Mitarbeiter Riemann hat noch einige Tipps, damit deutsche Unternehmen weiterhin wettbewerbsfähig bleiben: "Firmen sollten darauf achten, dass das Marketing auf den britischen Markt zugeschnitten ist und dass der Konsument durch die für ihn relevantesten Kanäle angesprochen wird. Dies gilt besonders für das Onlinemarketing. E-Commerce hat im Vereinigten Königreich einen hohen Stellenwert und Firmen sollten darauf achten, dass sie eine relevante Webseite haben, die auch auf allen mobilen Geräten einsehbar ist."
Auch das in Zeiten des Brexit fallende Realeinkommen der britischen Kunden sollten deutsche Firmen beachten, empfiehlt Riemann. "Die Briten lieben Schnäppchen und der Preis wird in Zukunft noch eine größere Rolle spielen. Die Discounter Aldi und Lidl zeigen bereits durch ihren massiven Erfolg mit ihrer Strategie, Qualitätsprodukte zu niedrigeren Preisen als herkömmliche Supermärkte in hellen, modernen Stores anzubieten, wie Qualität und geringer Preis verbunden werden können."
Die globale Konkurrenz, vor allem aus Billiglohnländern, wird nach Einschätzung von Riemann künftig eine größere Herausforderung sein. Die Importe haben sich durch das gefallene Pfund Sterling ohnehin schon verteuert. "Hinzu kommt, dass sich die britische Regierung mehr auf den Welthandel und weniger auf den Handel mit der Europäischen Union konzentrieren will."
Branche | Bewertung *) | Begründung |
Maschinenbau | 3 | "German Engineering" steht für die höchstmögliche Qualität. |
Umwelttechnik | 3 | Produkte aus Deutschland gelten als technisch ausgefeilt, effizient und langlebig. |
Informations- und Kommunikationstechnik | 2 | Deutschen Herstellern und Dienstleistern wird ganz besonders im Bereich IT-Sicherheit eine sehr hohe Kompetenz zugesprochen. Punktabzug gibt es in den Bereichen Kreativität und Innovation. |
Energietechnik | 3 | Deutschen Herstellern und Dienstleistern wird eine hohe Kompetenz und lange Erfahrung zugesprochen. |
Gesundheitswesen | 3 | Deutschen Herstellern wird eine hohe Kompetenz zugesprochen. Produkte aus Deutschland gelten als qualitativ sehr hochwertig. |
Consulting (Architektur- und Ingenieurdienstleistungen) | 2 | Deutschen Dienstleistern und Experten wird eine hohe Kompetenz zugesprochen. Der Markteinstieg über Ausschreibungen ist dennoch nicht einfach. |
Kfz | 3 | Deutsche Autos gelten als die weltweit besten. Audi wirbt im Vereinigten Königreich nicht nur in englischer, sondern auch in deutscher Sprache ("Vorsprung durch Technik"). |
Möbel | 3 | Deutsche Möbel werden für ihre hohe Qualität geschätzt. Dies gilt insbesondere für Küchen inklusive deutscher Küchengeräte (weiße Ware). |
Nahrungsmittel | 2 | Unter anderem bei Bier, Süßigkeiten und Bioprodukten eignet sich das Label "Made in Germany" als Qualitätsmerkmal. Für Fleisch- und Wurstwaren gilt dies nur teilweise. |
Körperpflegemittel/Kosmetik | 2 | Bei Bio- beziehungsweise Naturkosmetik kann das Logo "Made in Germany" hilfreich sein. Ansonsten kaufen die Konsumenten aber auch gerne Produkte aus Australien, den USA und Frankreich. |
Sanitär | 3 | Deutsche Produkte haben einen extrem guten Ruf. Der im Vereinigten Königreich stark vertretene deutsche Hersteller von Sanitärarmaturen Grohe betont, dass seine Produkte "made in Germany" sind. |
*) 0 = kontraproduktiv, 1 = neutral (keine Wirkung), 2 = bedingt hilfreich, 3 = sehr hilfreich
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
Branche | Wichtigste Konkurrenten | Begründung/Erläuterung |
Maschinenbau | USA | Der Anteil der britischen Maschineneinfuhren aus den USA betrug 2017 über 31% (aus Deutschland: knapp 15%). |
Umwelttechnik | Frankreich | Franzosen treten als gute Verhandler auf und können sich charmant verkaufen. |
Informations- und Kommunikationstechnik | China, Asien allgemein, USA | Britische Konsumenten sind weniger skeptisch gegenüber asiatischer Billigware als deutsche. |
Energietechnik | Frankreich (unter anderem Atom), China (Atom), Japan, Dänemark (Windenergie) | Franzosen treten als gute Verhandler auf. Chinesen sind günstig und im Vereinigten Königreich mehr willkommen als in anderen Ländern Europas. |
Gesundheitswesen | USA | Viele amerikanische Firmen sind im Vereinigten Königreich ansässig. Sie sind stark im Marketing und Networking. |
Consulting (Architektur- und Ingenieurdienstleistungen) | Unter anderem USA, Frankreich | Es gibt sehr viele gute Architekten aus dem Vereinigten Königreich. Deutsche gelten im Denkmalschutz als stark. Amerikanische Firmen sind stark im Marketing und Networking. |
Kfz | Unter anderem Japan | Nissan (Japan) baut ein Elektroauto vor Ort. Allerdings stammen 46% der Pkw-Einfuhren aus Deutschland. |
Möbel | Skandinavische Länder | Skandinavische Produkte werden im Hochpreissegment vor allem wegen ihres Designs und an zweiter Stelle auch wegen ihrer Qualität geschätzt. Gleichzeitig sind auch skandinavische Billigprodukte (Ikea) stark gefragt. |
Nahrungsmittel | Niederlande, Frankreich, Australien und andere Commonwealthländer | Die Handelsbeziehungen zu Australien (Commonwealthmitglied) sind sehr gut (Weinimporte). Lebensmittel (Obst und Gemüse) aus den Niederlanden sind günstig. Produkte aus Frankreich stehen für hohe Qualität. |
Körperpflegemittel/Kosmetik | Frankreich, USA, Australien | Französische Produkte stehen für hohe Qualität. Aus den USA kommen viele günstige Produkte. Australische Anbieter profitieren von der kulturellen Nähe ihres Landes zum Vereinigten Königreich. |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
Germany Trade & Invest hat 2018 seine Auslandsmitarbeiter in 43 Ländern gefragt, wie das Label "Made in Germany" in ihrem Standortland wahrgenommen wird. Die vollständigen Texte zu allen untersuchten Ländern finden Sie unter http://www.gtai.de/made-in-germany.
Weitere Informationen zum Vereinigten Königreich finden Sie unter http://www.gtai.de/Vereinigtes-Koenigreich.