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Branchenanalyse | China | Bauwirtschaft

Staat kurbelt mit Tiefbauprojekten die Konjunktur an

Der Infrastrukturbau gehört zu den wichtigen Stellschrauben, mit deren Hilfe die politische Führung in China versucht, die ökonomischen Folgen der Coronakrise abzufedern.

Von Stefanie Schmitt | Beijing

Um 1,4 Prozent sind die Investitionen in die Infrastruktur 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen, so das chinesische Statistikamt NBS (National Bureau of Statistics) – und dies, obwohl das 1. Quartal 2020 aufgrund der Coronakrise von einem quasi kompletten Stillstand geprägt gewesen war und es auch in den Folgemonaten nicht überall sofort wieder losgehen konnte. Unter anderem fehlte es an Wanderarbeitern auf den Baustellen. Zum Vergleich: 2019 hatten die Infrastrukturinvestitionen gegenüber dem Vorjahr um 3,4 Prozent zugelegt.

China investiert in Logistikinfrastruktur

Überdurchschnittlich flossen Gelder in Lagerhaltung (+9,9 Prozent), in den Ausbau der Wasserwege (einschließlich Häfen; +9,5 Prozent) und in den Pipelinebau (+8,8 Prozent). Straßen, auf die erfahrungsgemäß der Großteil der Infrastrukturinvestitionen entfällt, stiegen nur um 1,8 Prozent. Während die Investitionen in das Eisenbahnnetz wie bereits im Vorjahr leicht rückläufig waren (-2,2 Prozent), brachen diejenigen in die Luftfahrt sogar ein (-15,1 Prozent).

Trotzdem ist im Luftfahrtsektor weiter mit Großprojekten zu rechnen. So planen die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform NRDC (National Development and Reform Commission) und die Zivile Luftfahrtbehörde der Volksrepublik China CAAC (Civil Aviation Administration of China) den Ausbau von Luftfrachtkapazitäten im Land. Vor allem soll bis 2025 in Ezhou/Hubei eine Drehscheibe für Luftfracht entstehen. Darüber hinaus sollen die Frachtkapazitäten in Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen ausgebaut werden.

Ziel ist es, bis 2035 ein oder zwei nationale Champions für Luftfahrtlogistik zu etablieren. Diese Vorhaben sind Teil vorgesehener zusätzlicher Logistikinfrastrukturinvestitionen, wodurch die politische Führung Chinas die Wirtschaft stabilisieren und Lieferketten sicherer machen will.

Investitionen in relevante Infrastruktursparten in China (Veränderung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in Prozent) *)

Investitionen in den Infrastrukturausbau

2018

2019

2020

Gesamt

3,9

3,4

1,4

  Eisenbahnbau

-5,1

-0,1

-2,2

  Straßenbau

8,2

9,0

1,8

  Schifffahrt (inkl. Häfen)

-9,6

-22,5

9,5

  Flugverkehr (inkl. Flughäfen)

4,8

-17,8

-15,1

  Rohrleitungen

-4,4

-3,4

8,8

  Lagerhaltung

-1,3

-7,7

9,9

*) absolute Zahlen werden nicht mehr publiziertQuelle: National Bureau of Statistics (NBS)

Staat stützt Wirtschaft mit dem Bau neuer Straßen und Brücken

Die Ausgaben in die Verkehrsinfrastruktur wurden 2020 laut Verkehrsministerium im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent auf rund 497 Milliarden US-Dollar (US$) aufgestockt. Zur Stützung der Wirtschaft seien mit etwa 369 Milliarden US$ allein in den Ausbau von Straßen- und Wasserwegen rund 9,6 Prozent mehr als in der vergleichbaren Vorjahresperiode verausgabt worden. Bis Ende 2020 seien 232 Schlüsselprojekte unter der Federführung des Verkehrsministeriums mit einem Volumen von mehr als 1,5 Milliarden US$ zu 100 Prozent neu angestoßen worden, darunter etwa die jeweils über den Jangtse-Fluss führenden Qipanzhou- und Qingshan-Brücken.

Prinzipiell gelten aber die staatlichen Möglichkeiten zur Abfederung der Coronakrise in China im Vergleich zu vorherigen Sondersituationen wie der SARS-Krise 2003 oder der Finanzkrise 2008 als beschränkter. Nicht nur sind seither bereits Tausende Kilometer Autobahnstrecken errichtet beziehungsweise Eisenbahnschienen gelegt worden, zugleich hat die Verschuldung des öffentlichen Bereichs stark zugenommen – Tendenz steigend. Darüber hinaus ist die Produktivität solcher Investitionen stark rückläufig.

Milliarden für neue Infrastruktur geplant

Trotzdem liegt auch im 14. Fünfjahresplan (2021 bis 2025) ein Schwerpunkt auf dem Ausbau der Infrastruktur, darunter speziell auf den Sparten Transport und städtische Einrichtungen. Ein besonderer Fokus gilt den neuen Infrastrukturausgaben ("New Infrastructure"). Darunter werden in China etwa Investitionen in Big Data, 5G, künstliche Intelligenz wie autonomes Fahren und Internet der Dinge (IoT) gezählt.

Ebenfalls in diese Richtung weisend gab die NDRC im September 2020 neue Leitlinien zur Steigerung von Investitionen in neue strategische Industriezweige heraus (Dokument-Nummer 1409). Darin wurde erneut „die Beschleunigung des Aufbaus neuer städtischer Infrastruktur“ genannt.

Nach einer Schätzung von Haitong Securities sollen die Gesamtinvestitionen in neue Infrastruktur bis Jahresende rund 441 Milliarden US$ erreichen, schrieb die China Daily im Juli 2020. Andere Schätzungen übertreffen diesen Wert angesichts der Dehnbarkeit des Begriffs bis hin zu Telemedizin und Smart Cities. Die China Academy of Information and Communications Technology geht jedoch "nur" von bis zu 110 Milliarden US$ aus, davon allein 56 Milliarden US$ für 5G.

Zu den Gesamtinvestitionen in die neue Infrastruktur kursieren die unterschiedlichsten Zahlen. Beispielsweise geht die Bank of China für 2020 von umgerechnet rund 174 Milliarden US$ aus, IDC (International Data Corporation) rechnete mit 290 Milliarden US$, Goldman Sachs schätzt für 2020 bis 2025 insgesamt 2.176 Milliarden US$, die China Academy of Information and Communications Technology (CAICT)  für 2020 circa 230 Milliarden US$ und für 2021 etwas über 258 Milliarden. Für die Dauer des 14. Fünfjahresplan kalkuliert sie rund 1.527 Milliarden US$.

Anders als klassische Infrastrukturausgaben können diese auch für private Geldgeber von Interesse sein, allerdings gilt hierbei dringend zu beachten, dass die Erzeugnisse unter Umständen auch zur stärkeren Überwachung von Minderheiten genutzt werde können. Firmen, die sich hier engagieren, müssen sich der politischen Risiken und des steigenden Rechtfertigungsdrucks von Seiten der Öffentlichkeit und der Kunden außerhalb Chinas gewahr sein.

Als weiterer Impulsgeber für den Infrastruktur- und Städtebau hat sich Chinas neue Seidenstraße (Belt and Road Initiative - BRI) entwickelt. Landesweit gibt es in deren Namen Zuschüsse von der Zentralregierung. Interessant für deutsche Architektur- und Stadtplanungsbüros sowie Zulieferer sind beispielweise immer wieder städtische Vorhaben im Rahmen der Erweiterung des Hochgeschwindigkeits-Netzes sowie die geplante bessere Anbindung von Flughäfen an das Hochgeschwindigkeitsbahnnetz.

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