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Branchen | Lateinamerika | Bergbau und Rohstoffe

Chancen: Innovative Lösungen sind gefragt

Der Fokus auf klima- und umweltschonenden Verfahren sowie die Digitalisierung eröffnen gute Chancen für deutsche Zulieferer.

Von Gloria Rose | São Paulo

Am internationalen Kapitalmarkt berücksichtigen immer mehr Anleger Kriterien aus den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance). Mit der Relevanz der ESG-Faktoren wächst das Engagement der Bergbaukonzerne. Unabhängig von staatlichen Vorgaben intensivieren die Gesellschaften die Investitionen in klima- und umweltschonende Verfahren. Der Druck aus dem Finanzsektor treibt zudem die Strukturveränderungen voran. Anglo American und BHP verkauften ihre Anteile an El Cerrejón, einer der größten Steinkohle-Tagebaue der Welt, an Glencore. Im Gegenzug will der Schweizer Rohstoffkonzern die Kohlemine Prodeco stilllegen. Außerdem verkaufte Glencore die Mine Los Quenuales in Peru und plant den Rückzug aus Bolivien und Argentinien.

Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

Lateinamerikas größter Bergbaukonzern Vale investiert 6 Milliarden US-Dollar (US$) in die Emissionsminderung. Bis 2050 will der brasilianische Eisenerzgigant CO2-neutral werden. Ab 2025 plant der börsennotierte Konzern in Brasilien nur noch Strom aus erneuerbaren Energien zu nutzen, ab 2030 auch weltweit. Vorgesehen ist auch die Elektrifizierung des Transports und die Verwertung von Bioenergie in den Erzaufbereitungs- und Pelletieranlagen.

Der britische Konzern Anglo American will die Klimaneutralität bereits 2040 erreichen und setzt dafür auf wasserstoffbetriebene Muldenkipper, die zusammen mit dem Wasserstoffspeicherunternehmen NPROXX entwickelt werden.

Bis 2030 investiert Codelco 40 Milliarden US$ in saubere Energie und Nachhaltigkeit. Der weltweit größte Kupferproduzent setzt elektrische Minenfahrzeuge der deutschen SMT Scharf AG ein. Darüber hinaus beteiligt sich der chilenische Staatskonzern an einem Innovationsprojekt zur Nutzung des Wasserstoffantriebs.

Infolge der gestiegenen Gewinne erhöhen auch die Lobby-Organisationen wie der World Gold Council und die International Copper Association den Druck auf die Unternehmen, Klimaschutzziele zu etablieren und umzusetzen. Immer mehr Bergbauunternehmen schließen langfristige Abnahmeverträge für Strom aus erneuerbaren Energien ab und investieren in Energieeffizienz.

Umweltschonende Verfahren

Zu dem umfassenden Nachhaltigkeitsprojekt von Codelco gehören auch die Einsparung von Wasser, die Wiederverwertung von Industrieabfällen und die nachhaltige Lagerung von Rückständen (Tailings). Anhaltende Dürren sowie die zunehmende Rivalität um Wasserreserven mit anderen Wirtschaftsbereichen wie dem Tourismus oder auch der Landwirtschaft halten die Unternehmen dazu an, den Wasserverbrauch im Bergbau zu reduzieren. Auch die Verschärfung der Auflagen für Rückhaltebecken stimuliert den Trend zu umweltschonenden Verfahren. In Brasilien werden nach dem Dammbruch von zwei Rückhaltebecken - in Mariana im Jahr 2015 und in Brumadinho im Jahr 2019 - deutlich strengere Vorgaben festgelegt.

Digitalisierung auf dem Vormarsch

Die Pandemie beschleunigte die digitale Transformation in Lateinamerika. In Chile veröffentlichten zentrale Akteure Mitte 2020 eine Roadmap zur Digitalisierung der Bergbauindustrie. In Peru liefern sich die Mine Constancia der kanadischen Gesellschaft Hudbay und die von Anglo American betriebene Mine Quellaveco zurzeit einen Zweikampf um die Anerkennung als erste vollständig digitalisierte Mine des Landes.

Vale stellte die Mine Brucutu bereits 2018 auf automatisierte Fahrzeuge um und führt nun die ersten zehn automatisierten Fahrzeuge in Carajás ein, der größten Eisenerzmine der Welt. Auch Anglo American, Nexa Resources und die Eisenerz- und Stahlkonzerne CSN und Gerdau treiben die Digitalisierung in Brasilien voran. Rund 80 Prozent der brasilianischen Eisenerzproduktion nutzt Technologie von Thyssenkrupp. Um die digitale Transformation zu begleiten, eröffnete der Geschäftsbereich Plant Technology 2021 ein globales Engineering Center für den Bergbau in Brasilien. 

Innovationswettbewerb als Vertriebskanal

BHP, Rio Tinto und Vale, drei der fünf größten Bergbaukonzerne weltweit, riefen im Mai 2021 zu dem Innovationswettbewerb 'Charge On' auf. Auch die chilenischen Großkonzerne Codelco und Antofagasta plc (mit Sitz in London) beteiligen sich an der Initiative, die Lösungen zur Elektrifizierung der Minen-Lkw bringen soll.

Der Innovationswettbewerb etabliert sich als Vertriebskanal und bietet deutscher Technologie gute Chancen.

Jan Patrick Häntsche, Kompetenzzentrum für Bergbau und Rohstoffe der AHK Peru

Nach Chile setzen nun auch die Bergbauunternehmen in Brasilien und Peru auf Open Innovation und schreiben sogenannte Challenges aus. Ausrüster können durch den technologieoffenen Einkauf den Mehrwert ihrer Lösungen anpreisen, der gegebenenfalls erst bei der Analyse mehrerer Etappen des Produktionsprozesses oder der gesamten Betriebslaufzeit zu erkennen ist. Außerdem können die Provider dadurch mehrere Abnehmer gleichzeitig erreichen. Bei dem BHP-Tailings-Challenge kam das deutsche Helmholtz-Institut mit seinem Ansatz zur Aufbereitung chilenischer Bergbauhalden unter die Top 10. Insgesamt treten jedoch Anbieter aus den USA und Australien bislang wesentlich agiler als deutsche Zulieferer auf.

Informationen zu aktuellen Innovationswettbewerben in Lateinamerika bieten das German Mining Network über seinen Newsticker sowie die Innovationsnetzwerke vor Ort. Santiago gehört zu den weltweit bedeutendsten Standorten für Mining Start-ups. Über das Alta Ley National Mining Program fördert Chile das Ökosystem seit 2015. Challenges aus Chile werden über das Innovationsprogramm Expande kommuniziert. In Brasilien bringt die Initiative Mining Hub Akteure der gesamten Wertschöpfungskette zusammen, um innovative Lösungen für den Bergbau zu stimulieren.

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