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China baut in Indonesien zahlreiche Nickelschmelzen
Nach dem strikten Exportverbot für unverarbeitete Nickelerze werden in Indonesien viele neue Schmelzanlagen errichtet, die meisten von chinesischen Unternehmen.
06.04.2021
Von Frank Malerius | Jakarta
Indonesien lässt zahlreiche Schmelzanlagen für Mineralerze errichten. Von 2021 bis 2023 rechnet das Ministerium für Energie und Rohstoffe (ESDM) mit einem entsprechenden Investitionsbedarf in Höhe von 21,6 Milliarden US-Dollar (US$) für 33 Anlagen. Insgesamt 17 davon sind Nickelschmelzen, die laut ESDM fast alle von chinesischen Unternehmen gebaut werden, die ihre eigene Technologie mitbringen. Auch heimische Schmelzanlagenbetreiber beziehen ihre Ausrüstung vor allem aus dem Reich der Mitte, berichtet eine Vertreterin der Indonesian Smelter & Mineral Processing Association (ISPA) auf Anfrage.
Hintergrund der Expansion ist ein Verbot des Exports unverarbeiteter Mineralerze aus dem Jahr 2014, das durch eigene Weiterverarbeitung mehr Wertschöpfung im Land lassen sollte. Es wurde allerdings mit so vielen Ausnahmen gehandhabt, dass Investoren zunächst vor dem teuren Bau von Schmelzanlagen zurückschreckten.
Bild vergrößernMittlerweile hat die Regierung in Jakarta allerdings die Zügel angezogen. Vor allem die kurzfristige Ankündigung vom September 2019, die Ausfuhr von Nickelerz ab Januar 2020 nicht mehr zuzulassen (zwei Jahre vor dem ursprünglich vorgesehenen Termin), hatte die internationalen Märkte in Aufruhr versetzt. Die EU legte umgehend Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO ein. Das nun strikter umgesetzte Verbot war der Startschuss für den Bau von Schmelzanlagen, vor allem im Osten des Archipels. Indonesien gehört zu den größten Förder- und Exportländern von Nickelerzen (HS 2604).
Die Regierung nahm den Schmelzanlagenbau in die Liste der Prioritäts-Infrastrukturprojekte auf, was eine schnellere Umsetzung ermöglicht. In wie weit tatsächlich genug Investitionen eingeworben werden, um tatsächlich alle geplanten Schmelzanlagen umzusetzen, ist von ESDM und Branchenverbänden kaum in Erfahrung zu bringen. Laut Medienberichten scheinen aber zahlreiche Anlagen in Planung und im Bau zu sein, auch wenn es durch die Corona-Krise Verzögerungen gibt. Schwerpunkte für den Bau der Anlagen sind die Regionen um die großen Nickelminen auf Sulawesi und den nördlichen Molukken.
Bild vergrößernNickel soll Batterieproduktion anlocken
Nach Angaben des Statistikamtes BPS hat der Archipel 2020 tatsächlich praktisch kein Nickelerz mehr exportiert. 2019 hatte dessen Ausfuhrwert noch 1,1 Milliarden US$ betragen. Indonesiens Ausfuhren von Nickelerzen und Zwischenprodukten gehen laut UN Comtrade praktisch ausschließlich nach China und Japan.
Nickel ist in den vergangenen Jahren in den Fokus der indonesischen Politik geraten, denn das chemische Element ist Bestandteil der Batterien von E-Autos. Jakarta will es als Hebel für den Aufbau einer entsprechenden Batterieproduktion im Land nutzen und eine Mobilitätswende einleiten (die vor allem helfen soll, die enormen Stromüberkapazitäten auf Java abzubauen).
Bild vergrößernLaut ESDM sind die meisten neuen Schmelzanlagen allerdings nicht für Batterienickel ausgerichtet, sondern überwiegend für Produkte der Eisen- und Stahlindustrie, wo Nickel unter anderem bei der Erzeugung von Edelstahl zum Einsatz kommt.
Streit um Stromversorgung lässt Projekte scheitern
Erzschmelzen benötigen viel Energie, die in Indonesien vor allem von Kohlekraftwerken erzeugt wird. Sulawesi als Schwerpunkt von Nickelbergbau und -verhüttung ist ein strategisch günstiger Standort. Denn die Insel liegt kaum 200 Kilometer entfernt von den großen Kohlevorkommen jenseits der Straße von Makassar in der Provinz Ostkalimantan. Von dort lässt sich der Brennstoff vergleichsweise einfach anliefern.
Dennoch sind an der Stromversorgung schon einige Projekte gescheitert, berichtet ein ESDM-Vertreter im Gespräch. Denn Schmelzanlagen können ihren Strom entweder mit einem eigenen Kohlekraftwerk erzeugen. Dann sind sie aber verpflichtet, einen Teil davon in das Netz des staatlichen Monopolisten PLN einzuspeisen. Alternativ können sich die Schmelzanlagenbetreiber die Elektrizität auch von PLN liefern lassen, müssen dann aber Preise über dem Marktniveau zahlen.
Bild vergrößernPLN will auf Sulawesi nach eigenen Angaben in den kommenden Jahren 10 Milliarden US$ in neue Stromerzeugungs- und -verteilungskapazitäten investieren. Der Elektrizitätsbedarf für die dort geplanten Schmelzanlagen wird laut Medienberichten mit 4.000 Megawatt (MW) beziffert. Das wäre mehr als das doppelte der dort installierten Erzeugungskapazitäten.
Nickel heizt Indonesiens Edelstahlexporte an
Indonesiens Exportverbot für unverarbeitete Mineralerze zieht nicht nur chinesische Schmelzanlagenbauer an, die Nickel vor Ort schmelzen und dessen Zwischenprodukte exportieren, sondern auch eine Stahlproduktion, die diese zu Eisen und Stahl weiterverarbeiten. So haben sich die Stahlexporte des Landes nach Angaben des Statistikamtes von 2,2 Milliarden US$ (2016) auf 11,3 Milliarden US$ (2020) verfünffacht. Zwei Drittel davon wurden nach China geliefert.
Zu den wichtigsten Playern im Markt gehört die chinesische Tsingshan-Gruppe, die bereits nach dem ersten Exportverbot im Jahr 2014 begann, mehrere Milliarden US$ im Archipel zu investieren. Tsingshan produziert im zentralsulawesischen Morowali jährlich mehrere Millionen Tonnen Edelstahl ("Stainless Steel") zu niedrigen Preisen und hat Branchenberichten zufolge mit seinen Lieferungen bereits in etlichen asiatischen Ländern Hersteller zu Produktionsdrosselungen gezwungen. Die EU verhängte Anti-Dumping-Zölle auf Edelstahlimporte aus Indonesien.
Tsingshan gilt mit seinen Anlagen mittlerweile als einer der größten Kohlekonsumenten in Indonesien. Und der Konzern expandiert weiter: Der Bau weiterer Schmelzen in den nördlichen Molukken und Zentralkalimantan sind im Gespräch.