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Chinas Hersteller von Supercomputern verlieren Marktanteile

Die Volksrepublik hat - in ungewohnter Stille - ihre ersten Rechner mit mehr als 1 Trillion Rechenoperationen pro Sekunde entwickelt. US-Sanktionen treffen die Hersteller hart.

Von Roland Rohde | Bonn

Berechnung von Umweltauswirkungen, Medikamentenentwicklung oder neue Waschmittel-Formulierungen - Supercomputer können mit ihrer hohen Rechnerleistung komplexe Probleme lösen und kommen in zahlreichen Branchen wie der Chemie oder Medizin zum Einsatz. Sie ermöglichen zudem den intensiven Einsatz von Künstlicher Intelligenz sowie die Analyse großer Datenmengen. Ganz weit vorn bei der Entwicklung von Supercomputern liegen die USA und China. 

Das Rennen zwischen beiden Ländern, wer den leistungsstärksten beziehungsweise die meisten Supercomputer betreibt, geht unvermindert weiter. Doch in Sachen Kommunikation gab es im Reich der Mitte einen deutlichen Wandel: Kündigten die Staatsmedien bis vor wenigen Jahren stolz jeden neu installierten Superrechner an, geben sie sich nun ungewohnt schmallippig. 

China bei Entwicklungserfolgen zurückhaltend

Wie die Hongkonger South China Morning Post (SCMP) und zahlreiche Fachmedien berichteten, hat China aber bereits drei Computer der sogenannten Exascale-Leistungsstufe entwickelt - Rechner, die die Grenze von 1 Trillion Rechenoperationen pro Sekunde schaffen. Im Gegensatz zu früher veröffentlichte China nur wenige Informationen zu den Rechnern, sodass sie auch nicht - wie bislang üblich - auf der Top500 Liste auftauchen. Dort liegen daher die USA mit dem offiziell ersten Exascale-Computer der Welt namens Frontier auf Rang eins. Auch in Jülich soll ab 2023 der erste europäische Exascale-Rechner stehen.

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Schwäche im Mittelfeld

Die Liste gibt dennoch einen guten Überblick über die globale Verteilung an Supercomputern. Laut dem Ranking vom November 2022 standen davon über ein Drittel in China und gut ein Viertel in den USA. Jedoch verfügt die Volksrepublik über einige besonders leistungsstarke Maschinen, hat aber Schwächen im Mittelfeld. Gemessen an der installierten Rechenleistung lagen die Vereinigte Staaten unangefochten auf Rang eins. China landete weit abgeschlagen - und sogar hinter Japan - auf dem 3. Platz.

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Die neue Bescheidenheit hat wohl damit zu tun, dass man die USA nicht noch zu mehr Liefersanktionen anspornen möchte. China ist bei Halbleitern in einem sehr hohen Maße auf Importe angewiesen. Die USA haben zahlreiche chinesische Konzerne - insbesondere solche mit einer großen staatlichen Nähe - auf eine schwarze Liste gesetzt. Sie dürfen nicht mehr mit Hochleistungs-Computerchips beliefert werden. Dieses Verbot gilt praktisch weltweit. Halbleiterkonzerne aus Taiwan, Südkorea oder Japan halten sich nach Angaben aus Branchenkreisen an die Regeln. Ein Verstoß kann ihnen sehr teuer zu stehen kommen.

US-Sanktionen treffen Hersteller

Laut der SCMP haben die USA bereits zwölf chinesische Konzerne, die an der Entwicklung von Supercomputern beteiligt sind, mit entsprechenden Lieferboykotten belegt. Im Oktober 2022 kündigte Washington neue Sanktionen an. Es bleibt die Frage, wie stark sie damit die Volksrepublik beim Bau weiterer Mega-Rechner behindern. Das Reich der Mitte hat besonders bei sehr stark miniaturisierten Chips einen technologischen Rückstand von zwei Halbleitergenerationen. Doch diese kommen vor allem bei modernen Geräten mit geringem Platzbedarf wie Smartphones zum Einsatz.

China hängt nicht nur bei Halbleitern, sondern auch bei der Softwaresteuerung für Supercomputer der US-amerkanischen Konkurenz hinterher.

Bei Superrechnern mag der Druck zur Miniaturisierung nicht ganz so groß sein. Hier gibt es aber einen weiteren Engpass: die Software. Entsprechende chinesische Programme sind nicht so ausgefeilt wie Konkurrenzprodukte aus den USA oder Japan. Die beiden Länder sollen einen Wettbewerbsvorsprung von fünf bis zehn Jahren haben. Ohne diese moderne Software können die Mega-Computer ihre Leistung nicht im vollen Umfang ausschöpfen. 

Ausländische Unternehmen, die Zulieferer von Komponenten für Superrechner sind, drohen beim Tech-Decoupling zwischen China und den USA zwischen die Fronten zu geraten. China hat nämlich Gegensanktionen verfügt. Darüber hinaus ist das China-Geschäft insgesamt risikoreicher geworden. Gerade im Supercomputer-Bereich kommen zusätzliche Befindlichkeiten hinzu: Sie können zur staatlichen Überwachung oder zur Unterdrückung von ethnischen Minderheiten eingesetzt werden.

Chinesische Firmen verkaufen kleine Supercomputer

Herstellern von Supercomputern wie Lenovo, Inspur und Sugon droht ein Wegbrechen ihrer Auslandsmärkte. Die drei führenden chinesischen Anbieter kamen Mitte 2022 laut Top500 bei der Anzahl der verkauften Maschinen auf einen globalen Marktanteil von fast 50 Prozent. Doch gemessen an der Leistung lag die Quote lediglich bei einem Siebtel. Mit anderen Worten: chinesische Anbieter verkauften sehr viele, aber relativ kleine Supercomputer.

Der Technologiekonflikt scheint in der Statistik deutliche Spuren zu hinterlassen. Bis etwa 2019 konnten chinesische Anbieter von Supercomputern ihren weltweiten Marktanteil (gemessen an den Rechnerkapazitäten) kräftig ausbauen, während die US-amerikanische Konkurrenz Federn lassen musste. Doch in den drei Jahren 2020 bis 2022 drehte sich das Blatt. Der chinesische Marktanteil hat sich mehr als halbierte. Das spricht abermals für die These, dass die Lieferboykotte bei Halbleitern die Volksrepublik stark behindert haben.

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Bedenken gegenüber chinesischer Technologie 

Da im Technologiestreit weitere Sanktionen drohen, wird sich die Lage eher noch zuspitzen. Zudem sind die Vorbehalte gegenüber chinesischer Technologie stark gestiegen. Lenovo, Inspur und Sugon werden in den nächsten Jahren wohl weitere Marktanteile einbüßen. Profiteure dürfte die Konkurrenz aus den USA und Japan sein.

Zugleich droht in China die Innovationsfreude zu erlahmen. Das Land schottet sich immer weiter vom Rest der Welt ab und setzt auf weniger internationale Kooperation. Ausländische Fachkräfte haben infolge der Null-Covid-Politik in Scharen das Land verlassen. Die Anzahl chinesischer Studenten im Ausland geht zurück. Der Staat setzt auf weniger Markt und stattdessen auf mehr Kontrolle und Regulierung von Unternehmen.

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