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Hongkongs Pharmamarkt bietet Wachstumspotenzial

Die Alterung der Gesellschaft und der Ausbau des Gesundheitssystems treiben die langfristige Nachfrage nach Arzneiwaren. Für 2022 zeichnet sich allerdings eine Delle ab.

Von Roland Rohde | Hongkong

Der Markt für Arzneimittel in Hongkong besitzt ein beachtliches Potenzial: Die Bevölkerung der Sonderverwaltungsregion (SVR) altert rasch. Bereits jetzt haben Hongkonger nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation die höchste Lebenserwartung weltweit. Laut Prognosen des lokalen Statistikamtes wird zwischen 2021 und 2046 der Anteil von Personen, die 80 Jahre und älter sind, um den Faktor drei steigen.

Die Regierung baut daher den staatlichen Gesundheitssektor kräftig aus. Bis 2036 sieht sie 64 Milliarden US-Dollar (US$) an Investitionen in die Modernisierung und Erweiterung der öffentlichen Kliniken vor. Die Hospitäler bilden das Rückgrat der medizinischen Versorgung. Hier können sich alle Einwohner nahezu kostenlos behandeln lassen und ihre Arzneimittel im Empfang nehmen. Doch es gibt lange Wartezeiten und nicht alles wird auch übernommen. Künftig sollen aber mehr Menschen Zugang zu teuren Medikamenten, etwa zur Krebsbehandlung, erhalten.

Die Grenzschließung für den Personenverkehr seit Anfang 2020 wirkt sich jedoch dämpfend auf den Pharmamarkt aus, da keine chinesischen Medizintouristen mehr nach Hongkong kommen. In Normalzeiten stellen sie eine bedeutende Kundengruppe für private Krankenhäuser, Arztpraxen und Apotheken der SVR dar. In den zentralen Gesundheitszentren machten sie vor der Pandemie bis zu ein Drittel aller Patienten aus. Außerdem kaufen chinesische Touristen gerne Arzneiwaren in Hongkong, da sie dort relativ sicher gehen können, nicht an Fälschungen zu gelangen.

Grenzschließungen reduzieren Einfuhr nur leicht 

Besserung ist nicht in Sicht. Die Grenzen zwischen der SVR und dem chinesischen Festland dürften 2022 und womöglich auch 2023 dicht bleiben. Wie allerdings die Zollstatistiken zeigen, hatte dies keinen allzu großen Effekt auf die Gesamtnachfrage nach Pharmazeutika. So legten die entsprechenden Einfuhren Hongkongs 2021 um gut 1 Prozent auf 3 Milliarden US$ zu. Dabei handelt es sich um ein Rekordergebnis. Abzüglich der Reexporte - also Exportwaren, die zuvor importiert wurden - ergaben sich Nettoimporte in Höhe von fast 1,9 Milliarden US$, ein Plus von mehr als 2 Prozent zum Vorjahr. 

Die Einfuhren dürften jedoch 2022 wieder zurückgehen. Nachdem Hongkong zwei Jahre lange mit nahezu keinen Covid-19-Ansteckungen gelebt hatte, explodierten die Infektionszahlen im Februar 2022 förmlich. Das staatlichen Gesundheits- und Ambulanzsystem ist in Teilen zusammengebrochen. Viele Menschen meiden zudem aus Angst vor Ansteckungen den privaten Arztbesuch. Die Lage dürfte im gesamten 1. Halbjahr sehr angespannt bleiben.

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Die Nettoeinfuhren decken schätzungsweise 80 bis 90 Prozent des einheimischen Arzneimittelbedarfs ab. In Hongkong gibt es nur noch wenige und in der Regel kleine Branchenhersteller. Zumeist handelt es sich um Fabriken ausländischer Konzerne oder Auftragshersteller für Generika. Eigene Forschung und Entwicklung wird praktisch nicht betrieben. Die Produzenten müssen zudem nahezu sämtliche pharmazeutischen Wirkstoffe importieren. Der Branchenverband Hong Kong Association of the Pharmaceutical Industry zählt Anfang 2022 gerade einmal 33 Vollmitglieder.

Staatlicher Sektor generiert Hälfte der Nachfrage

Laut Angaben der Asia Partnership Conference of Pharmaceutical Associations (APAC) waren die öffentlichen Krankenhäuser und Kliniken für die Hälfte der Pharmanachfrage verantwortlich. Apotheken mit einem Vollsortiment wie in Deutschland gibt es nicht. Die meisten Patienten erhalten ihre Medikamente im Krankenhaus oder beim Arzt. In privaten Kliniken muss man allerdings mit saftigen Preisaufschlägen rechnen. Manche Kliniken bieten zudem nur Originalpräparate an. Mit etwas Überzeugungsarbeit ("meine Krankenkasse zahlt nur für Generika") stellen die dortigen Ärzte aber auch Rezepte aus.

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Hongkong sechstgrößter deutscher Exportmarkt in Asien

Die Pharmaeinfuhren Hongkongs stammen überwiegend aus Europa, den USA und Japan. Die entsprechenden Importe aus Deutschland gingen 2021 gemäß dem lokalen Statistikamt um rund 3 Prozent auf knapp 400 Millionen US$ zurück. Laut UN Comtrade war die ehemalige britische Kolonie 2020 für deutschen Arzneiwarenhersteller hinter China, Japan, Südkorea, Indien und Thailand der sechstgrößte Exportmarkt in Asien.

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Die beiden großen Drogerieketten Mannings und Watsons dominieren den Markt für frei verkäufliche Produkte. Zugleich unterhalten sie in vielen Outlets kleinere Pharmazie-Abteilungen mit beschränktem Sofortangebot. Jedoch kann man viele Produkte mit ein wenig Wartezeit bestellen. Insgesamt existieren in der SVR laut Angaben des Drug Office über 600 autorisierte Händler von Arzneimitteln. Die drei Anbieter DCH Auriga, DKSH und Zuellig Pharma kommen gemäß APAC im Bereich des Großhandels auf einen Marktanteil von 70 Prozent.

Generikaanteil viel niedriger als in Deutschland

Generika (Nachahmerpräparate) sind hingegen nicht weit verbreitet. APAC beziffert den entsprechenden Marktanteil für 2018 auf 39 Prozent. Die Preise für Originalprodukte fallen trotz fehlender Mehrwertsteuern und Einfuhrzölle tendenziell höher als in Deutschland aus. Das ist einerseits den hohen Mieten geschuldet, die Händler auf die Endpreise aufschlagen. Andererseits dürften kartellähnliche Zustände im Groß- und Einzelhandel eine Rolle spielen.

Die Hospital Authority ist Betreiber der 43 öffentlichen Krankenhäuser und 122 Tageskliniken. Sie lässt ab einem bestimmten Einkaufswert alle Beschaffungen ausschreiben. Bei kleineren Aufträgen informiert sie die registrierten Zulieferer. Öffentliche Beschaffungen verlaufen in Hongkong zumeist fair und offen. Die Behörde wickelt alle Anschaffungen über das Government Logistics Department ab. Dort kann man sich online als Zulieferer registrieren lassen. Das Department of Health veröffentlicht eine Liste aller privaten Krankenhäuser. Das Drug Office ist die oberste Arzneimittelbehörde, die unter anderem eine Übersicht über die Zulassungs- und Importbestimmungen publiziert.

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