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Digital Health

Portugal verfügt bereits über eine digitale Basis durch Krankenakten und Rezepte. Im Fokus für die Zukunft stehen neue Initiativen und die stärkere Nutzung von Synergien.

Von Oliver Idem | Madrid

Portugal setzte bereits früh auf die Nutzung digitaler Technologien und Produkte im Gesundheitswesen. Eine lebendige Forschungs- und Entwicklungslandschaft sowie die Kooperation zwischen Universitäten und Unternehmen bilden eine fruchtbare Grundlage für Innovationen. In Zukunft wird die Vernetzung und Verzahnung von Initiativen eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehört auch die Konsolidierung und Skalierung, um Anwendungen in der Breite nutzen zu können.

Die elektronische Patientenakte Registo de Saúde Eletrónico bildet einen Dreh- und Angelpunkt der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Diese Basisdaten werden durch die erfassten Behandlungen auf dem neuesten Stand gehalten. Für die Zukunft ist ein wesentliches Ziel, den Datenaustausch zwischen öffentlichen und privaten Gesundheitsanbietern zu ermöglichen.

Bereits seit 2015 erfolgt die Nutzung von digitalen Rezepten. Dieses Instrument hat sich sehr schnell durchgesetzt. Mittlerweile werden nahezu ausschließlich elektronische Rezepte genutzt.

Sehr weit verbreitet ist auch die Registrierungssoftware SClínico Hospitalar. Dass rund 66.500 Anwender sie nutzen, sorgt für eine gleiche Datenbasis bei der Mehrzahl der Anbieter. Zudem laufen durch die einheitliche Struktur landesweit Gesundheitsinformationen zusammen, die für Erkenntnisse und die Steuerung der Gesundheitsversorgung genutzt werden können.

SNS bündelt Inhalte für die Bürger in einem Internetportal

Für die Patienten wurde eine elektronische Anlaufstelle eingerichtet. In dieser Área do Cidadão laufen Informationen und Anwendungen des öffentlichen Gesundheitswesens zusammen. Der staatliche Gesundheitsdienst SNS bietet den Bürgern dort unter anderem sieben Apps an. Damit können unter anderem Wartezeiten und Preise von Medikamenten abgefragt werden. 

Einem Bericht der Onlinezeitung Observador zufolge nutzten 2019 bereits 87 Prozent der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen telemedizinische Anwendungen. Besonders verbreitet waren Sprechstunden und die Fernüberwachung. Vor allem für die Versorgung chronisch Kranker ist die Telemedizin zu einer wesentlichen Unterstützung herangereift.

Neben den staatlich geplanten Initiativen entstehen auch viele Anwendungen aus der lokalen Praxis heraus. Damit reagieren zum Beispiel Krankenhäuser auf den Bedarf, der in ihrem Arbeitsalltag erkennbar wird. Nach Erkenntnissen der AHK Portugal bezieht sich das zum Beispiel auf Telesprechstunden, Überwachung und Screening.

Seit 1998 ist die Region Alentejo Vorreiter bei telemedizinischen Anwendungen. Mit einer großen Fläche, einer dünnen Besiedlung und einer verhältnismäßig alten Bevölkerung bietet sich das Gebiet für derartige Lösungen an. Hinzu kommen weitere Faktoren wie niedrige Einkommen, eine geringe Ärztedichte und ein lückenhaftes öffentliches Verkehrssystem. Über die Jahre entstand ein Netzwerk von Gesundheitseinrichtungen, das intensiv genutzt wird.

Mit dem eHealthsummit verfügt Portugal über eine große Fachveranstaltung für die digitale Gesundheitswirtschaft. Zuletzt wurde das Forum im Juni 2021 abgehalten. Informationen zum Teilnehmerfeld, der Agenda und einigen Inhalten sind weiterhin im Internetauftritt abrufbar.

Die Covid-19-Pandemie hat die Nutzung digitaler Gesundheitslösungen weiter vorangetrieben. In den öffentlichen Gesundheitszentren und Krankenhäusern brach zu Beginn der Pandemie die Zahl der Konsultationen ein. Um diesen Rückgang aufzufangen und die Versorgung zu sichern, erhielten die staatlichen Krankenhäuser Zugänge für die neue Onlineplattform RSE Live. Damit wurden Live-Sprechstunden auf Distanz möglich. Ärzte können während der Konsultation die Krankenakte aufrufen und auch Rezepte ausstellen.

Für die Patienten ist der Zugang unkompliziert gestaltet. Die Anwendung dockt an den Bürgerservice-Bereich im Internetauftritt des SNS an, in dem Informationen und Zugänge gebündelt sind. Damit benötigen sie lediglich eine Registrierung auf dem Portal und eine Kamera an ihrem Rechner. 

Drei Projekte fördern die Entwicklung digitaler Lösungen

Zu den wesentlichen aktuellen Projekten gehört das von der portugiesischen Regierung geförderte Smart Health 4 All. Damit soll bis 2023 ein Ökosystem für die Entwicklung und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen geschaffen werden. 

An dem von der EU geförderten Projekt Smart4Health sind auch portugiesische Akteure beteiligt. Dabei geht es um die Entwicklung einer Anwendung zum Sammeln, Teilen, Verwalten und Freigeben von Gesundheitsdaten über Ländergrenzen hinweg.

Die Plattform VitalMobile Health konzentriert sich auf die Entwicklung von Monitoring- und Telehealth-Systemen für Gesundheitsdienstleister. 

Strategieplan setzt auf neue Initiativen und Weiterbildung 

Das portugiesische Gesundheitsministerium integrierte in den vergangenen Jahren digitale Elemente in die Gesundheitspolitik. Der Trend geht zu höheren staatlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen. Gleichzeitig finden mehr digitale Elemente Eingang in die Leistungserbringung und auch die Verwaltung des Gesundheitssystems. 

Ende 2019 wurde ein Strategieplan bis 2022 veröffentlicht. Die englische Version heißt National Strategic Telehealth Plan. Zu den Maßnahmen gehören einfach zu nutzende, aber zugleich sichere Lösungen. Sowohl Beschäftigte im Gesundheitswesen als auch Versicherte sollen mit den Möglichkeiten vertraut gemacht werden. Der Blick richtet sich auch weiter in die Zukunft. So sollen neue Initiativen geplant, Synergien geschaffen und in einem "Living Lab" Ideen erprobt werden.

Next Generation EU sorgt für 345 Millionen Euro an Fördermitteln

Aus dem portugiesischen Aufbau- und Resilienzplan sollen insgesamt 345 Millionen Euro in digitale Gesundheitsbereiche fließen. Der größte Anteil von 300 Millionen Euro entfällt auf die Digitalisierung des SNS. Zwei weitere Vorhaben sind in den Regionen Azoren (30 Millionen Euro) und Madeira (15 Millionen Euro) geplant. Durch die isolierte Lage bieten sich digitale Lösungen für diese Inselregionen an.

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