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Einnahmen aus Ölexporten sprudeln wieder

Die globale Nachfrage nach Erdöl erholt sich. Während die Ausfuhrmenge sinkt, profitieren Russlands Ölkonzerne von den steigenden Preisen in Europa, China und den USA.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Obwohl die Coronapandemie global noch nicht überstanden ist, steigt die Nachfrage nach Öl wieder. Die knappen Reserven treiben die Weltmarktpreise nach oben. Der Preis für ein Fass Rohöl der Sorte Urals stieg im 1. Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 60 Prozent auf 63,35 US-Dollar (US$). Da das Kartell OPEC+ die Fördermenge seit 1. August 2021 schrittweise erhöht, rechnet das Energieministerium 2021 lediglich mit einem durchschnittlichen Preis von 55 US$ pro Barrel. Bis 2024 soll der Preis auf bis zu 60 US$ steigen, erwartet Energieminister Nikolaj Schulginow.

Ölnachfrage wird Ende 2022 das Vorkrisenniveau erreichen

Die weltweite Nachfrage nach Rohöl soll bis Ende 2022 auf 100,6 Millionen Barrel pro Tag steigen. Somit werden 2021 durchschnittlich 5,4 Millionen Barrel pro Tag und 2022 weitere 3,1 Millionen Barrel zusätzlich umgesetzt. Damit wird voraussichtlich wieder das Niveau vor der Pandemie erreicht, berechnet die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem Marktreport vom Juni 2021. Bis 2030 soll der tägliche Bedarf etwa 104 Millionen Barrel erreichen.

Russland exportiert 2021 weniger Öl

Die Ausfuhren von Erdöl in Länder außerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) gingen als Folge der Fördermengenbegrenzung der OPEC+ im 1. Halbjahr 2021 um 12,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 104,1 Millionen Tonnen zurück, meldet die zentrale Dispatcherverwaltung des Energieministeriums (ZDU TEK). Die Exporte in GUS-Staaten, vor allem Belarus, stiegen hingegen um 34 Prozent auf 6,2 Millionen Tonnen.

Für das Gesamtjahr 2021 rechnet das Wirtschaftsministerium mit einer Exportmenge von 217 Millionen Tonnen und damit 6,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Im Jahr 2022 sollen die Ölausfuhren laut Basisszenario auf 250,9 Millionen Tonnen und 2023 weiter auf 262,9 Millionen zulegen. Dieses Niveau soll auch 2024 gehalten werden.

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Im Jahr 2020 gingen die Ölexporte aufgrund der sinkenden Nachfrage um 12,6 Prozent auf 232,4 Milliarden Tonnen zurück, meldet das Energieministerium. Der Preis für Rohöl der Sorte Urals brach um mehr als ein Drittel auf durchschnittlich 41,73 US$ pro Barrel ein, den niedrigsten Wert seit 2004.

Einnahmen aus Ölexporten steigen wieder

Rohöl und Erdölprodukte sind das wichtigste Exportgut Russlands. Mit einem Weltmarktanteil von 11,3 Prozent war Russland 2020 nach Saudi-Arabien der zweitgrößte Exporteur von Erdöl. Die Ausfuhren von Rohöl und Ölprodukten waren für 35 Prozent der Einnahmen aus dem Außenhandel verantwortlich, meldet der Föderale Zolldienst.

Die Ölbranche profitiert von den derzeit hohen Ölpreisen. In den ersten fünf Monaten 2021 stiegen die Einnahmen aus den Ölexporten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7,1 Prozent auf 36,3 Milliarden US$. Im Vorjahr waren die Einnahmen um 40,8 Prozent auf 72,4 Milliarden US$ zurückgegangen.

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Nachfrage nach Rohöl aus der EU sinkt mittelfristig

Die Europäische Union (EU) ist Russlands wichtigster Exportmarkt für Rohöl und Ölprodukte. Rund die Hälfte der entsprechenden Ausfuhren in die EU erfolgt über die Pipeline "Druschba" oder per Schiff. Russlands Marktanteil an den europäischen Importen liegt bei etwa 30 Prozent. Deutschland deckt knapp ein Drittel seines Rohölbedarfs mit Einfuhren aus Russland und bezog 2020 rund 26,3 Millionen Tonnen Erdöl. Wichtigster Grund für die russische Dominanz auf dem EU-Markt ist die Beschaffenheit des gelieferten Öls, das für europäische Verarbeitungswerke besser geeignet ist als Öl aus anderen Weltregionen.

Mittelfristig wird die EU für Russlands Ölexporteure jedoch an Bedeutung verlieren. Durch den Green Deal dürfte die Nachfrage nach Rohöl sinken. Bis 2040 wird sich der EU-Markt halbieren, schätzt Leonid Fedun, Miteigentümer von Lukoil. Bei erfolgreichen Verhandlungen über das Atomabkommen JCPOA und einer Aufhebung der US-Sanktionen könnte zudem der Iran weitere 1,5 Millionen Barrel Öl pro Tag auf den Markt bringen und die Vormachtstellung Russlands bei seinem wichtigsten Abnehmer gefährden.

Wettbewerb um chinesischen Markt verschärft sich

China war 2020 mit 85,6 Millionen Tonnen im Wert von 27,3 Milliarden US$ nach der EU der zweitwichtigste Absatzmarkt für russisches Öl. Rund 28 Prozent der Ölausfuhren gehen in das Reich der Mitte, vor allem über die Pipeline "Ostpazifik – Stiller Ozean (ESPO)" sowie per Tanker über die Häfen im Fernen Osten. Bis 2025 dürfte die Ölnachfrage aus China weiter steigen, schätzen Analysten der Investmentbank Morgan Stanley. Anschließend wird der Druck zur Dekarbonisierung bis 2060 den Rohölbedarf voraussichtlich dämpfen. Im chinesischen Markt konkurriert Russland mit Saudi-Arabien um die Vormachtstellung als Anbieter. Das Königreich lieferte 2020 Rohöl für etwa 28,1 Milliarden US$ und war mit einem Anteil von 15,9 Prozent Chinas wichtigster Lieferant.

USA importieren zunehmend aus Russland

Die Vereinigten Staaten erhöhen ihre Einfuhren von Erdölprodukten aus Russland. Zwischen Januar und Mai 2021 stiegen die russischen Exporte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 22,7 Prozent auf 844.000 Barrel pro Tag. Der Erlös kletterte sogar um 78 Prozent auf 6,7 Milliarden US$. Damit verdrängte Russland Mexiko und belegte im Ranking der wichtigsten Lieferländer der USA mit einem Marktanteil von 6,9 Prozent Platz zwei hinter Kanada. Im Pandemiejahr 2020 stiegen die russischen Ausfuhren von Rohöl und Ölprodukten wie Heizöl und Masut in die USA um 3,5 Prozent auf 538.000 Barrel pro Tag.

Der Anteil Russlands am US-Ölmarkt erreichte mit 7 Prozent seinen Höchststand. Russland profitiert davon, dass US-Firmen wegen der Sanktionen gegen Venezuela kein Rohöl mehr von dort beziehen dürfen. Die Ankündigung von Rosneft, seine Erdölexporte künftig nicht mehr in US-Dollar abzuwickeln, um mögliche weitere US-Sanktionen abzufedern, bedeutet für seine Abnehmer in den Vereinigten Staaten jedoch einen größeren Verwaltungsaufwand und höhere Kosten.

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