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Branchen | Russland | Energiewirtschaft

Energiewende mit Atom- und Windkraft

Die Energiewende erfasst auch den russischen Strommarkt. Erneuerbare Energiequellen gewinnen an Bedeutung, der Klimaschutz führt zu einem höheren Tempo bei der Kraftwerkssanierung.

Von Gerit Schulze | Moskau

Die Umbrüche im weltweiten Energiegeschäft sorgen auch in Russland für Umwälzungen in der Stromwirtschaft. Ausländische Konzerne trennen sich von ihren Kraftwerken auf Basis fossiler Brennstoffe. Der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper verkauft seine russischen Erzeugerkapazitäten an die finnische Muttergesellschaft Fortum und will künftig erneuerbare Energiequellen und Wasserstoff in Russland entwickeln. Fortum wiederum hat 2021 ein Kohlekraftwerk im Gebiet Tscheljabinsk an Rosatom veräußert.

Bei der Stromerzeugung im Land bahnt sich damit eine Konsolidierung an. Nach jahrelangen Verhandlungen könnte die Gazprom Energoholding das Unternehmen Kwadra mit seinen 20 Kraftwerken erwerben. Daneben will die Gazprom-Tochter das Unternehmen Rusenergosbyt kaufen, den Hauptlieferanten der russischen Eisenbahngesellschaft RZD. Auf der Wunschliste der Gazprom Energoholding stehen laut Medienberichten außerdem der Stromerzeuger T Plus und die Kohlekraftwerke der EN+ Group.

Anteil der erneuerbaren Energien soll sich verzehnfachen

Bei den erneuerbaren Energien ist die Ausgangslage weiterhin bescheiden. Sie sorgen erst für 1 Prozent der gesamten Erzeugung in Russland. Bis 2040 soll dieser Anteil laut Energieminister Alexander Nowak aber auf 10 Prozent steigen. Hierzu verlängert die Regierung das Förderprogramm DPM VIE-2 zum Ausbau von Wind-, Solar- und kleinen Wasserkraftanlagen von 2025 bis 2035. Allerdings wird die Fördersumme um ein Achtel auf rund 4,1 Milliarden Euro gekürzt. Die Hälfte davon entfällt auf Windenergie.

Während der Anteil der Kohlekraftwerke nach den Plänen der Regierung sinkt, soll die Atomkraft an Bedeutung zulegen. Bis 2040 könnte sich ihr Anteil an der Stromerzeugung von 20 auf 25 Prozent erhöhen.

Der Staatskonzern Rosatom plant in den nächsten zehn Jahren Investitionen von fast 6 Milliarden Euro in Technologien zur Gewinnung von Kernenergie. Ein Schwerpunkt liegt auf kleinen Atomkraftwerken (AKW) mit geringer Leistung, zu denen auch schwimmende AKW gehören. Die Regierung beabsichtigt, aus Haushaltsmitteln und aus dem Nationalen Wohlstandsfonds über 900 Millionen Euro für diesen Geschäftszweig bereitzustellen.

Schnelle Brüter sollen Atomkraft in die Zukunft retten

Nachdem ein erster Prototyp 2020 im Hafen Pewek auf Tschukotka in Betrieb ging, sollen vier weitere schwimmende Meiler ab 2028 die Energieversorgung des Erzanreicherungswerks Baimski GOK auf Tschukotka sicherstellen. Kleinere Reaktortypen sind auch bei einer Goldlagerstätte in Jakutien geplant sowie in entfernten Regionen ohne Anschluss an zentrale Versorgungsleitungen.

Ein weiterer Schwerpunkt der Atomkraftentwicklung liegt auf Brutreaktoren, die mehr Kernbrennstoff herstellen können, als sie selbst verbrauchen. In der Stadt Sewersk im Gebiet Tomsk startete Rosatom im Juni 2021 offiziell den Bau eines Brüters vom Typ Brest-300. Russland will mit diesem Reaktor seine Technologieführerschaft in der Kernkraft unterstreichen.

Für einen weiteren neuen Brutreaktortypen BN-1200M soll die technische Dokumentation bis 2030 abgeschlossen sein. Der natriumgekühlte Reaktor wird im AKW Belojarsk im Swerdlowsker Gebiet gebaut. Dort sind bereits zwei schnelle Brüter im Einsatz.

Turbinen aus russischer Produktion gefragt

Für seine Expansionspläne verbessert Rosatom seine Technologiebasis. Das Tochterunternehmen Atomenergomasch plant bis 2023 Investitionen von 110 Millionen Euro in die Produktionsanlagen.

Auch bei der Modernisierung von Gas- und Kohlekraftwerken strebt Russland einen höheren Anteil einheimischer Technik an. Ein Pilotprojekt ist das Kraftwerk Kaschira, wo bis 2028 vier Turbinen von Silowye maschiny mit jeweils 150 Megawatt Leistung eingebaut werden sollen. Das Vorhaben kostet über 700 Millionen Euro.

Rabatte für energieintensive Branchen

Da die Strompreise wegen verschiedener Umlagetarife steigen, arbeitet das Industrieministerium an Ausnahmeregelungen für energieintensive Branchen, darunter Chemie, Metallurgie und Wärmeerzeugung. Sie könnten von Sondertarifen für Elektroenergie profitieren.

Durch die Sonderzuschläge für den Ausbau der erneuerbaren Energiequellen, von Atomkraftwerken und Müllverbrennungsanlagen sind die Großhandelspreise für Strom in Russland stark gestiegen. Sie lagen im 1. Halbjahr 2021 bei durchschnittlich 27,31 Euro je Megawattstunde. Laut Vygon Consulting könnten sich die Investitionszuschläge bis 2025 auf 27 Prozent der Strompreise im europäischen Teil Russlands belaufen.

Aktuelle Investitionsprojekte in Russlands Energiewirtschaft

Projekt/Ort

Investition (Mio. Euro)

Geplante Fertigstellung

Projektbetreiber

Bau von 4 Wasserkraftwerken am Amur mit 1,6 GW Leistung / Amur-Gebiet

3.760

Plan aus Sowjetzeiten, im September 2021 wieder vorgestellt

Rushydro

Bau eines Windparks / Gebiet Rostow am Don

959

2023

UK Wetroenergetika (gehört zu Rosnano und Fortum)

Bau eines Windparks mit 237 MW Leistung / Gebiet Samara

291

2023

UK Wetroenergetika (gehört zu Rosnano und Fortum)

Bau eines Windparks mit 210 MW Leistung / Gebiet Saratow

290

2023

UK Wetroenergetika (gehört zu Rosnano und Fortum)

Bau von drei Solarkraftwerken mit 38 MW Leistung / Swerdlowsker Gebiet

34

2022

HEVEL

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

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