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Flughäfen in Chinas Greater Bay Area bauen Kapazitäten aus
Die Airports in Hongkong, Guangzhou und Shenzhen werden erweitert. Foshan erhält einen komplett neuen Flughafen. Ob Vorhaben in Zhuhai und Macau umgesetzt werden, ist noch unklar.
13.04.2021
Von Roland Rohde | Hongkong
China investiert weiterhin massiv in den Ausbau seiner Infrastruktur. So will das Land bis 2035 das Hochgeschwindigkeitsnetz um 84 Prozent auf 70.000 Kilometer ausbauen. Damit bekommt der Flugverkehr insbesondere im Kurz- und Mittelstreckenbetrieb zusätzliche Konkurrenz. Er wird allerdings ebenfalls großzügig bedacht. Bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts sollen 162 neue Airports gebaut werden, davon die meisten im Hinterland. Doch auch in den wohlhabenden Regionen gibt es entsprechende Projekte.
Davon profitieren kann unter anderem die Greater Bay Area (GBA) im Süden der Volksrepublik. Sie rückt seit einigen Jahren zunehmend in die Schlagzeilen. Dabei handelt es sich um neun wirtschaftlich besonders fortschrittliche Städte beziehungsweise Kreise in der Exportprovinz Guangdong einschließlich der benachbarten Sonderverwaltungsregionen (SVR) Hongkong und Macau. Die Zentralregierung möchte die Region zum Silicon Valley Chinas ausbauen.
Die Region verfügt bereits über ein breites Netz von Flughäfen. Der Luftraum stellt daher den eigentlichen Engpassfaktor dar. Kaum ein Jet auf dem Flug von Hongkong auf das benachbarte chinesische Festland hebt pünktlich ab. Jedenfalls war dies vor dem Ausbruch der Coronapandemie noch der Fall. Dennoch setzen die Verantwortlichen weiter auf den Ausbau der entsprechenden Infrastruktur.
Foshan bislang unbedeutend
So soll in Foshan, wenige Kilometer von der Provinzhauptstadt Guangzhou entfernt, ein komplett neuer Flughafen entstehen. Der bisherige Airport war erdenklich unbedeutend. Er fertigte 2019 weniger als 1 Million Passagiere und 10.000 Tonnen Fracht ab. Zum Vergleich: Der Guangzhou Baiyun Flughafen kam auf weit über 70 Millionen Fluggäste und fast 2 Millionen Tonnen Fracht.
Der neue Airport in Foshan soll groß angelegt sein. Die Investitionskosten belaufen sich laut Angaben der Hongkonger Zeitung Ming Pao auf umgerechnet etwa 5,4 Milliarden US-Dollar (US$). Die Bauarbeiten dürften gemäß Berichten der South China Morning Post bereits 2021 beginnen und schon 2024 abgeschlossen sein. Bis 2035 soll die Kapazität 30 Millionen Passagiere erreichen. Für 2050 werden sogar rund 60 Millionen Fluggäste angepeilt.
Das neue Vorzeigeprojekt ist isoliert betrachtet nicht am Bedarf vorbeigeplant. Der Flugverkehr in China wächst seit vielen Jahren kräftig. Daran dürfte auch Covid-19 und das sich langfristig verlangsamende Wirtschaftswachstum wenig ändern. Vor allem beim Inlandstourismus besteht noch ein enormer Nachholbedarf. Problematischer ist, dass gleichzeitig viele andere Airports in unmittelbarer Nachbarschaft kräftig ausgebaut werden. So starteten im Herbst 2020 die Bauarbeiten an der Erweiterung des Flughafens in Guangzhou. Er erhält eine vierte und fünfte Startbahn sowie einen dritten Passagierterminal. Für das Vorhaben sind rund 8 Milliarden US$ eingeplant.
Flughäfen in Guangzhou und Shenzhen erhalten neue Start- und Landebahnen
Der Baiyun Airport soll 2030 rund 120 Millionen Fluggäste abfertigen. Für 2045 ist ein Umschlag von 140 Millionen Passagieren geplant. Der letztere Wert käme gegenüber 2019 nahezu einer Verdoppelung gleich. Auch Shenzhen an der Grenze zu Hongkong kommt nicht zu kurz. Der dortige Flughafen erhält für umgerechnet knapp 1,8 Milliarden US$ eine dritte Start- und Landebahn. Im Jahr 2019 zählte er knapp 53 Millionen Passagiere. Doch schon bis 2030 soll er per anno rund 80 Millionen Fluggäste abfertigen.
Nur wenige Kilometer entfernt, jenseits der Grenze, wird auch der Hongkonger Flughafen ausgebaut. Er erhält eine dritte Start- und Landebahn sowie einen zusätzlichen Fluggastterminal. Die entsprechenden Investitionskosten sind sehr hoch, da zusätzlich Land aufgeschüttet werden muss. Sie belaufen sich auf rund 18,5 Milliarden US$. Bis 2024 soll das Vorhaben abgeschlossen sein.
Für den Airport in Zhuhai, an der Grenze zu Macau, stehen die Zeichen ebenfalls auf Expansion. Der Hongkonger Flughafen will sich nämlich mehrheitlich an dem Airport auf dem chinesischen Festland beteiligen. Es soll künftig eine stärkere Kooperation zwischen den beiden Standorten geben. Sicherlich sind die Kapazitäten in Zhuhai noch ausbaufähig. Konkrete Pläne wurden aber bislang nicht veröffentlicht.
Vorläufig keine konkreten Ausbaupläne für Macau
Die Ausbauchancen für den Flughafen in Macau sind derweil noch unklar. Bis 2019 konnte er zwar stetig steigende Passagierzahlen verzeichnen. Doch seit dem Ausbruch der Coronapandemie lag er lange Zeit still, da keine Touristen mehr in die Metropole kamen. Zudem dürfte der Fiskus nicht mehr so ausgabefreudig sein. Das Spielbankgeschäft, das den Großteil der Staatseinnahmen generiert, kam für viele Monate praktisch zum Erliegen. Die Wirtschaftskraft der SVR hat sich 2020 laut Angaben des lokalen Statistikamtes mehr als halbiert.
Zuliefermöglichkeiten für deutsche Spezialanbieter
Im Rahmen der erwähnten Expansionspläne bestehen für deutsche Anbieter von Spezialtechnologie Zuliefermöglichkeiten. In Hongkong mit seinen relativ transparenten und wenig korruptionsanfälligen Ausschreibungsverfahren stehen die Chancen besonders gut, zumal es nur wenige einheimische Konkurrenten gibt. Der staatliche Flughafenbetreiber, die Airport Authority, veröffentlicht sämtliche Ausschreibungen auf seiner Webseite.
In China sieht die Situation indes anders aus. Im Gegensatz zu Hongkong ist die Volksrepublik noch nicht dem Abkommen der World Trade Organization (WTO) zum öffentlichen Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement; GPA) beigetreten. Einheimische Unternehmen müssen bei Regierungsaufträgen laut chinesischem Recht sogar bevorzugt behandelt werden. Ob sich auf diesem Gebiet in nächster Zeit etwas ändern wird, bleibt fraglich.