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Geschäftspraxis

Die Regierung Russlands vereinfacht das Dickicht der Bauvorschriften. Deutsche Firmen müssen sich bei Ausschreibungen auf die landes- und branchenübliche Vergabepraxis einstellen.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Deutsche Unternehmen können sich an Projekten der russischen Bauwirtschaft beteiligen. Bei öffentlichen Bauvorhaben wird jedoch großer Wert auf die Erbringung lokaler Wertschöpfung gelegt. In diesem Falle sollte das Unternehmen prüfen, ob die Eröffnung einer lokalen Niederlassung wirtschaftlich Sinn macht. Ein Joint-Venture-Zwang besteht in Russland nicht.

Staat modernisiert Regelwerk am Bau

Die Regierung nimmt bei der Umsetzung des Nationalen Wiederaufbauplans auch die Verschlankung der Bauvorschriften in Angriff. Seit 1. August 2020 wurde die Zahl der GOST- und SNiP-Normen um ein Drittel reduziert. Von mehr als 10.000 verbindlichen Anforderungen an Bauvorhaben in der Planungs- und Umsetzungsphase haben über 3.000 Normen nur noch "empfehlenden" Charakter. Damit soll der Druck durch die Aufsichtsbehörden gesenkt werden. Im Dezember 2020 wurde angekündigt, ein weiteres Drittel der Baunormen in Empfehlungen umzuwandeln.

Die Regierung hat neue Anforderungen an Teilnehmer öffentlicher Ausschreibungen eingeführt. Seit 1. September 2020 muss der Auftragnehmer statt bisher drei nunmehr fünf Jahre Berufserfahrung vorweisen. Für alle Projekte, die eine bestimmte Kostenschwelle übersteigen, müssen weitere Kompetenzen nachgewiesen werden: Bei föderalen Projekten gilt die Nachweispflicht ab 10 Millionen Rubel, bei regionalen und kommunalen Vorhaben ab 5 Millionen Rubel.

Russland führt ab 1. Januar 2022 BIM-Technologien (Building Information Modeling) im Bauwesen ein, die für Developer, Baufirmen und Betreibergesellschaften aller im öffentlichen Auftrag errichteten Objekte verpflichtend sind. Derzeit nutzen nur etwa 7 Prozent aller russischen Baufirmen BIM. Die Anwendung der Technologie soll Planungsfehler minimieren und die Umsetzung von Projekten beschleunigen.

Korruption bleibt leidiges Dauerthema

Russlands Bauwirtschaft gilt als notorisch intransparent und korruptionsanfällig. Auf regionaler Ebene ist zudem oftmals Vetternwirtschaft im Spiel. Der Rechnungshof stellte im Januar 2021 während eines Audits für den Bau der Autobahn M-12 von Moskau nach Kasan bei der staatlichen Autobahnbetreibergesellschaft Awtodor Anzeichen von Korruption fest. In mehreren Fällen seien Leistungen zu überhöhten Preisen abgerechnet worden. Die Fertigstellung der Autobahn verteuere und verzögere sich damit, so die Auditoren.

Daneben kritisiert der Rechnungshof Konzessionsvergaben im Straßenbau. Beim Bau eines Abschnitts der neuen Mautautobahn M-11 Moskau - Sankt Petersburg und ihrer Anschlussstelle an den Moskauer Autobahnring (MKAD) verlor der Staat mehr als 60 Millionen Euro, monierten die Revisoren Mitte November 2020. Ein Großteil der entstandenen Zusatzkosten sei auf fehlerhaftes Verhalten von Beamten zurückzuführen. Bei Konzessionsvergaben werde das geplante Verkehrsaufkommen oftmals um das Zwei- bis Dreifache überhöht veranschlagt, um die Attraktivität des Projekts zu steigern.

Öffentliche Ausschreibungen werden in einer nationalen Datenbank veröffentlicht.

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