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Branchen | Russland | Automobilsektor

Halbleitermangel bremst Russlands Autobauer

Russlands Kfz-Industrie lässt die Coronarezession allmählich hinter sich. Durch fehlende Elektronikbauteile kommt es zu Produktionsausfällen. Die Regierung fördert die E-Mobilität.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Das globale Defizit an Halbleitern und Elektronikbauteilen lässt die Bänder in Russlands Autowerken zeitweise stillstehen. Marktführer AwtoVAZ und Volkswagen mussten im September 2021 für mehrere Wochen die Fertigung aussetzen. Der Hersteller von leichten Nutzfahrzeugen (Light Commercial Vehicles - LCV) GAZ liefert seine Fahrzeuge derzeit ohne Mikrochips aus und rüstet diese nach, sobald die Lieferengpässe behoben sind. Branchenkenner rechnen damit, dass die Halbleiterkrise bis mindestens Mitte 2022 anhalten wird.

BMW erteilt den Plänen für ein eigenes Werk eine endgültige Absage und will stattdessen seine langjährige Zusammenarbeit mit Awtotor in Kaliningrad weiter ausbauen. Doch seit Juli 2021 erhält der Auftragsfertiger keine Erstattung der Entsorgungsabgabe auf lokal montierte BMW-Modelle mehr, was die Premiumlimousinen verteuert und ihren Import attraktiver macht. ZF Kama steckt 12,5 Millionen Euro in den Aufbau einer Fertigung von Automatikgetrieben in Nabereschnyje Tschelny. Der deutsche Zulieferer für Nutzfahrzeuge SAF-Holland errichtet bis 2022 in Moskau ein Werk zur Fertigung von Scheiben- und Trommelbremsen für Lkw.

Behörden verschärfen Kontrolle des Lokalisierungsgrades

Zur Überprüfung der strengen Lokalisierungsanforderungen will sich das Industrieministerium künftig nicht mehr nur auf Angaben der Hersteller verlassen. Stattdessen sollen Kfz „Made in Russia“ zerlegt werden, um die lokal erbrachten Prozessschritte wie Schweißen, Lackieren oder Montage nachvollziehen zu können. Zudem müssen Bauteilelieferanten mit unangekündigten Kontrollbesuchen rechnen. Nur ab einem bestimmten Lokalisierungsgrad haben Autobauer Ansprüche auf staatliche Subventionen.

Mangel an Neuwagen drosselt Kfz-Absatz

Die Verkäufe von Pkw und LCV werden 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 9,8 Prozent auf rund 1,6 Millionen Einheiten steigen, erwartet die Association of European Businesses (AEB). Damit knüpft der Automarkt beinahe an das Niveau vor der Coronakrise an. Für 2022 sind die Erwartungen jedoch zurückhaltend. Seit Juli 2021 sinken die monatlichen Verkaufszahlen, bedingt durch die hohen Basiswerte aus den Vorjahresmonaten und wegen des Defizits an Neuwagen aufgrund der Chipkrise. Zudem wird 2022 die angekündigte Anhebung der Entsorgungsabgabe voraussichtlich in Kraft treten und damit Importwagen verteuern.

Um den Pkw-Absatz anzukurbeln, erwägt Industrieminister Denis Manturow, die seit August 2021 ausgesetzten Absatzfördermaßnahmen ab Januar 2022 wieder in Kraft zu setzen. Für Programme zur Vergabe vergünstigter Kredite und zum vergünstigten Leasing stehen rund 120 Millionen Euro zur Verfügung.

Regierung fördert Entwicklung der E-Mobilität

Auf Russlands Straßen verkehren erst rund 11.000 Elektroautos. Doch die Nachfrage nach E-Mobilen wächst. In den ersten zehn Monaten 2021 wurden 845 neue E-Autos verkauft – ein Plus von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Den Absatz ankurbeln sollen ein Rabatt auf den Kaufpreis von 25 Prozent sowie vergünstigte Autokredite oder die Befreiung von Maut- und Parkgebühren. Durch das Auslaufen des Nullzollsatzes in der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) für importierte Elektromobile wird ab Januar 2022 jedoch ein Einfuhrzoll von 15 Prozent fällig. Diese Maßnahme drückt den E-Mobil-Absatz.

Die Regierung verabschiedete Ende August 2021 ein Konzept zur Entwicklung der E-Mobilität. Ziel ist es, Russland zu einem weltweiten Vorreiter bei der Elektromobilität zu machen. Bis 2024 sollen pro Jahr 25.000 E-Autos vom Band rollen und 9.400 Ladestationen errichtet werden. Ab 2030 soll bereits jeder zehnte Neuwagen ein E-Auto sein. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, stehen 7,1 Milliarden Euro bereit.

Derzeit wird in Russland noch kein Elektromobil serienmäßig gefertigt. Awtotor plant ab 2023 die Montage von Elektroautos der koreanischen OEM Hyundai und Kia und erweitert sein Engagement im Rahmen des Sonderinvestitionsvertrags. Der Lkw-Gigant Kamaz plant ab 2024 den Serienstart des Elektro-Pkw-Modells Kama-1. Die Batterien für E-Mobile „Made in Russia“ soll Renera liefern. Die Rosatom-Tochter errichtet bis 2025 eine Batteriezellenfertigung im Gebiet Kaliningrad.

Aktuelle Projekte in der russischen Kfz- und Zulieferindustrie

Projekt/Region

Investition (Mio. Euro)

Projektstand

Projektbetreiber

Bau einer Batteriezellenfertigung / Gebiet Kaliningrad

258,6

Geplante Inbetriebnahme: 2025

Renera (gehört zu Rosatom)

Produktion von Elektromobilen und Bauteilen / Gebiet Kaliningrad

242,4

Im Rahmen des 2019 geschlossenen Sonderinvestitionsvertrags; geplante Inbetriebnahme: 2023

Awtotor

Ausbau der Produktion von Reifen / Gebiet Jaroslawl

95,7

Geplante Inbetriebnahme: 2026

Cordiant

Erweiterung der Motorenproduktion um den 1,4 Liter TSI-Motor / Gebiet Kaluga

70

Im Rahmen des 2019 unterzeichneten Sonderinvestitionsvertrages; geplante Inbetriebnahme: 2024

Volkswagen 

Erweiterung der Produktion von Achsen und Bremsen / Moskau

k.A.

Geplante Inbetriebnahme: 2022

SAF-Holland SE

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

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