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Healthcare Monitor - Tschechiens Krankenhäuser investieren

Europäische Aufbaumittel stoßen viele Gesundheitsprojekte an. Basis für eine kohärente Elektronisierung ab 2022 ist das E-Health-Gesetz. Die angehende Regierung setzt neue Akzente.

Von Miriam Neubert | Prag

  • Entwicklungen im Gesundheitswesen

    Tschechiens Gesundheitsmarkt ist nach dem polnischen der größte in Mittel- und Osteuropa. Die Ausgaben für Medizintechnik und Arzneimittel nehmen zu.

    Die Pandemie lenkte im Herbst 2021 in Tschechien erneut alle Augen auf den Gesundheitssektor, da sich die Deltawelle hochschraubte und die Krankenhausbelegung rapide anstieg. Obwohl im vergangenen Jahrzehnt Klinikbetten abgebaut wurden, liegt deren Zahl mit laut Eurostat 6,6 pro 1.000 Einwohner über dem EU-Schnitt und doppelt so hoch wie etwa in Spanien oder Italien. Das kam dem System schon während der Betawelle zugute, als die Kapazitäten schwer unter Druck kamen. Verlass ist auch auf die Qualität des Personals. Schon länger aber mangelt es an Pflegepersonal, was unter Corona zu extremen Belastungen führte. Hinzu kommen langfristige Herausforderungen wie die wachsende Zahl alter und pflegebedürftiger Menschen, immer mehr chronische Erkrankungen und ausufernde Kosten.

    Viel zusätzliches Geld für Medizintechnik

    Während sich das personelle Problem trotz Lohnanpassungen und Corona-Boni nicht über Nacht lösen lässt, ist das bei technischen Defiziten einfacher. Im Kampf gegen die Pandemie und ihre Folgen rüsten die Krankenhäuser ihre Not-, Intensiv- und Infektiologie-Abteilungen auf. Möglich machen das circa 800 Millionen Euro aus dem europäischen Antikrisenprogramm REACT-EU, die im September 2021 in das Gesundheitssystem zu fließen begannen. Hinzu kommt 2022 bis 2027 circa eine weitere Milliarde Euro aus den europäischen Aufbau- und Strukturfonds.

    Technischer Erneuerungsbedarf ist vorhanden, da im Schnitt fast 42 Prozent der medizinischen Geräte nach Angaben des Amts für Gesundheitsinformationen älter sind als acht Jahre. In einzelnen Segmenten wie Hyperbar-Kammern, Zahnröntgengeräten, Gammakameras, Radionuklid-Erhitzern, Operations- und Therapielasern ist es sogar mehr als die Hälfte. Eine Finanzspritze der Regierung hat eine Reihe von staatlichen Krankenhäusern entschuldet. Kompensationszahlungen glichen die durch den Ausfall des normalen Betriebs in der Pandemie bedrohten Finanzen der Kliniken aus.

    Das alles gibt dem Medizintechnikmarkt Auftrieb, der sich laut Fitch Solutions 2020 auf umgerechnet circa 1,4 Milliarden Euro belief. Der Bedarf wird zum großen Teil importiert. Wichtigstes Lieferland ist Deutschland.

    Weichen für umfassende Digitalisierung gestellt

    Auch die sehr fragmentierte digitale Gesundheitsinfrastruktur steht vor Investitionen. Ein Meilenstein auf dem Weg zu Vereinheitlichung und Kompatibilisierung ist das im August verabschiedete Gesetz über E-Health. Es tritt am 1. Januar 2022 in Kraft, setzt den Rahmen für die Infrastruktur, definiert Verantwortlichkeiten, legt die Rechte zur Teilung der Gesundheitsdokumentation fest. Den Kern werden drei Stammregister bilden (Dienstleistungsanbieter, Gesundheitspersonal, Patienten). Das Gesetz war ein Muss, um ab 2022 europäische Aufbaumittel für die E-Health-Infrastruktur freisetzen zu können.

    Damit einher gehen auch Investitionen in Cybersicherheit. In der Pandemie haben Hacker einigen Krankenhäusern hart zugesetzt. Das rief die Initiative Hospital Security Operation Center ins Leben, eine Plattform der sich schon 42 Gesundheitseinrichtungen angeschlossen haben. Sie wollen eine sichere Kommunikationsinfrastruktur untereinander schaffen, für ein Sicherheitsmonitoring sorgen und eine Task Force aufbauen.

    Die Vorteile bereits digitalisierter Abläufe haben viele Menschen unter Corona schätzen gelernt. Seit 2018 ist die elektronische Ausstellung von Rezepten und Überweisungen gängige Praxis. Bei Krankschreibungen startete sie passgenau Anfang 2020 und fand sofort massive Anwendung. Die Verschreibungsakte des Patienten ist seit Mitte 2020 für Apotheken, Ärzte und Patienten abrufbar. Sie wird von der Mehrheit der Ärzte wenigstens zuweilen genutzt und hilft in Apotheken, Kompatibilitäten von Medikamenten zu überprüfen.

    Tschechiens dynamischer IT-Sektor hat mit Ausbruch der Pandemie zu digitalen Lösungen beigetragen – ob bei der Verfolgung von Infektionsketten durch Apps oder dem elektronischen Nachweis von Tests und Impfungen. Das durch Corona geschärfte Gesundheitsbewusstsein steigert das Interesse an digitalen Produkten, Wearables und telemedizinischen Angeboten. Solche Produkte und Dienste werden noch nicht verschrieben.

    Stark wachsende Arzneimittelausgaben

    Hingegen hat die Verschreibung von Arzneimitteln unter Corona zugelegt. Nach Angaben der Analysegesellschaft IQVIA nahmen sie von Juli 2020 bis Juni 2021 um ein Zehntel auf umgerechnet 75 Milliarden Tschechische Kronen zu, umgerechnet circa 2,8 Milliarden Euro. Als wichtigster Treiber etablieren sich innovative Medikamente. Beim Absatz freiverkäuflicher Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel war es ein Zuwachs um 5 Prozent auf umgerechnet 1,2 Milliarden Euro.

    Die Pharmaindustrie ist eine eher kleine, aber äußerst dynamische Branche, deren Umsätze 2019 um 16 Prozent auf umgerechnet über 1,5 Milliarden Euro anzogen und auch 2020 Zuwächse verzeichnete. Der Großteil der Arzneimittelproduktion wird exportiert. Den heimischen Bedarf decken in hohem Maße Importe.

    Corona hat Pharma- und Biotechnologieunternehmen aufgemischt. Im Mai 2020 übernahm das US-Unternehmen Novavax eine Impfstoff-Anlage östlich von Prag, in der sie ihren Covid-19-Impfstoffkandidaten NVX-CoV2373 produzieren will. Die hohe Nachfrage nach Coronatests hält Labore und Biotechnologiefirmen in Atem. Tschechiens Krankenversicherungen haben seit Ausbruch des Virus fast 620 Millionen Euro für PCR- und Antigentests bezahlt.

    Für Hersteller von Schutzkleidung hat sich die Lage nicht optimal entwickelt. Angesichts der anfänglich erschreckend defizitären Versorgung hatte der Staat neue Produktionskapazitäten mit Programmen unterstützt. Dadurch gibt es hinreichend Kapazitäten für FFP2-Masken, oft mit dem innovativen Einsatz von Nanomaterialien, die eine Stärke tschechischer Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind. Doch werden inzwischen wieder verstärkt günstigere asiatische Produkte eingekauft.

    Eckdaten Gesundheitsmarkt

    Indikator

    Wert

    Einwohnerzahl (2020 in Mio.)

    10,7

    Bevölkerungswachstum (2020 in % p.a.)

    0,03

    Altersstruktur der Bevölkerung (2020)

      Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

    16,1

     Anteil der über 65-Jährigen ( in %)

    20,2

    Durchschnittseinkommen (2020 in Euro)

    1.349

    Gesundheitsausgaben *)

     pro Kopf (2019 in Euro)

    1.744

     öffentlich (2019, Mrd. Euro)

    15,4

     privat (2019, Mrd. Euro)

    3,2

    Anteil der Gesundheitsausgaben 

     am BIP (2019 in %, öffentl. und privat) *)

    8,3

     Medikamente (2019 in %)

    19,6

    Anzahl Krankenhäuser (2020), davon

    263

     öffentlich (in %)

    62,4

     privat (in %)

    37,6

    Ärzte/1000 Einwohner (2019)

    4,1

    Krankenhausbetten/1000 Einwohner (2019)

    6,6

    *) Zahlen der Gesundheitsrechnung des Statistikamts in laufenden Preisen; in der Methodologie der OECD 7,8 Prozent am BIPQuelle: OECD; Tschechisches Statistikamt; Wechselkurs Tschechische Nationalbank

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Gesundheitssystem

    In Tschechien sind alle Einwohner gesetzlich versichert. Unter der neuen Regierung soll es erstmals Raum für eine freiwillige Zusatzversicherung geben. 

    Tschechien bietet eine umfassende, günstige und zugleich qualitativ hochwertige medizinische Versorgung. Das Gesundheitssystem erfasst 10,6 Millionen Menschen mit einem Netzwerk von 194 Krankenhäusern für die Grund- und Akutversorgung, 120 Fachkliniken (einschließlich Reha und Hospize), 93 Kureinrichtungen sowie 27.700 ambulanten Einrichtungen und Arztpraxen. In den Krankenhäusern (ohne Kurbetriebe) wurden 2018 über 2,2 Millionen Menschen im Schnitt 6,6 Tage lang behandelt. Auf private Betreiber entfallen fast 18 Prozent der Klinikbetten. 

    Gesundheitsausgaben ziehen an

    Die Gesundheitsausgaben steigen von Jahr zu Jahr - trotz Preisregulierungen, Erstattungskatalogen und anderen Limitierungen. Sie haben bereits in den beiden Jahren vor Corona um jeweils gut ein Zehntel sprunghaft zugelegt, zuletzt 2019 auf 478 Milliarden Tschechische Kronen (Kč), umgerechnet 18,6 Milliarden Euro. Den Hauptanteil finanzieren mit 83 Prozent öffentliche Quellen: die Versicherungen (65 Prozent), der Staatshaushalt, der besonders die Langzeitpflege bezahlt (16 Prozent) sowie Etats von Regionen und Gemeinden (2 Prozent). An zweiter Stelle stehen die privaten Ausgaben der Haushalte mit einem Anteil von 13 Prozent. Nicht gewinnorientierte Firmen tragen 4 Prozent bei. 

    Im tschechischen Gesundheitssystem sind alle Menschen pflichtversichert. Bei abhängig Beschäftigten zahlt der Arbeitgeber 9 Prozent des Bruttolohns, der Arbeitnehmer 4,5 Prozent. Insgesamt stemmen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Selbständige mehr als drei Viertel der Beitragsleistung. Nicht ganz ein Viertel zahlt der Staat – allerdings für mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Es handelt sich um Rentner, beim Arbeitsamt gemeldete Arbeitslose, Kinder, Auszubildende und Studenten, Frauen in Mutterschutz sowie andere nicht erwerbstätige Gruppen. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist Teil der Sozialversicherung. Hier zahlt der Arbeitgeber 2,1 Prozent des Bruttolohns.

    Versicherungen 2020 mit Überschuss

    Alle Einwohner sind bei der Allgemeinen Gesundheitsversicherung VZP oder einer der sechs Betriebskassen versichert. Der Wechsel ist einmal in zwölf Monaten möglich. Öffentliche und private Gesundheitsdienstleister haben mit diesen Krankenkassen Verträge abgeschlossen. Sie decken das gesamte Spektrum ab: Vorsorgeuntersuchungen, ambulante und stationäre Heilbehandlungen, diagnostische Untersuchungen, Rehabilitationen und Kuren, Rettungs- und Notfalldienste. Kosten für zahnärztliche Behandlungen werden nur begrenzt übernommen. Zuzahlungen fallen auch bei bestimmten Medikamenten und Zusatzleistungen an. Bei Inanspruchnahme der Notdienste beträgt die Gebühr 90 Kč (3,50 Euro).

    Unter Corona sind die Ausgaben der Versicherungen gegenüber 2019 nominal um 15,6 Prozent, umgerechnet mehr als 1,8 Milliarden Euro in die Höhe geschossen. Um das System zu stabilisieren, griff die Regierung zu einem etablierten Rezept: Sie erhöhte die Beiträge für die staatlich Versicherten kräftig auf aktuell 1.767 Kč (69 Euro). Für das Jahr 2022 wurde eine weitere Erhöhung von 200 Kč (circa 8 Euro) verabschiedet.

    System auf Dauer nicht nachhaltig

    Trotz Covid-19 konnte das System dadurch 2020 im siebten Jahr einen Überschuss erwirtschaften. Er lag bei 219 Millionen Euro. Dem Finanzministerium zufolge hat sich inzwischen eine Reserve von 2,4 Milliarden Euro aufgebaut.

    Doch warnt der Verband der Betriebsversicherungen davor, dass das System nicht nachhaltig ist, weil die Ausgaben schneller wachsen als das Bruttoinlandsprodukt. Diese Tendenz hat die Pandemie noch verstärkt. Einer Untersuchung des Instituts für wirtschaftliche Studien der Karlsuniversität zufolge könnte das System bei diesem Tempo 2024 mit einem Defizit von umgerechnet bis zu 3 Milliarden Euro dastehen. Die Arbeitgeber wehren sich angesichts ihres bereits hohen Abgabenanteils gegen weitere Erhöhungen auf ihrer Seite. Zusammen mit den Versicherern rufen sie dazu auf, das Ausgabenwachstum 2022 bis 2024 auf nachhaltigere 4 bis 5 Prozent pro Jahr zu begrenzen.

    Neue gesundheitspolitische Akzente

    Infolge der Parlamentswahlen kommt es zu einem Regierungswechsel. Die Parteien ODS, TOP 09, KDU-ČSL, Piráti und STAN unterzeichneten am 8. November 2021 den Koalitionsvertrag. Ihre Gesundheitspolitik will den Versicherungen mehr Verantwortung übertragen und eine Diskussion über Bedarf und Sinn eines Preiswettbewerbs unter ihnen starten. Es wird die Möglichkeit einer freiwilligen Zusatzversicherung geben. Beiträge für staatlich versicherte Gruppen werden regelmäßig angepasst.

    Mehr Effizienz, Transparenz, Systematik und Kontrolle soll die Kosten zügeln. So wird das Preis-Leistungsverhältnis neuer Technologien und empfohlener klinischer Vorgehensweisen fortan systematisch bewertet. Finanzierung und Planung der Rückerstattungen sollen mehrjährig erfolgen. Seit 2016 läuft das Projekt DRG Restart, das das Erstattungssystem für die Krankenhauspflege in Tschechien methodisch optimiert und effizienter macht. Diese Transformation der Erstattungspauschalen für akute stationäre Leistungen wird fortgesetzt, wobei auch in anderen Segmenten Ungleichgewichte ausgeräumt werden sollen.

    Elektronisierung wird großgeschrieben. Mit Hilfe der Versicherungen sollen Gesundheitsdienstleister ein elektronisches Monitoring-System für freie Kapazitäten einführen. Ein weiteres soll bei geplanten Operationen und Behandlungen die Wartezeiten organisieren. Besonderes Augenmerk gilt der Verfügbarkeit von Gesundheitsdienstleistungen in kleinen Gemeinden und weniger besiedelten Regionen. Das Gesundheitsministerium wird dort neue Praxen von Allgemein-, Kinder- und Zahnärzten massiv unterstützen und durch ein Bonus-System bei der Leistungserstattung motivieren.

    Vor dem Hintergrund der Pandemie rückt die Vorsorge sowie die Unterstützung der Gesundheitskompetenz und eines gesunden Lebensstils nach vorn. Dafür sind finanzielle Anreize geplant. Zu Prävention und Management von kardiovaskulären, onkologischen, psychischen Erkrankungen und Diabetes sollen innovative Behandlungsformen beitragen.

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Förderung und Investitionen

    Der nationale Investitionsplan nennt für den Gesundheitssektor bis 2030 Projekte im Wert von rund 3 Milliarden Euro. Eine wichtige Rolle spielen die Fördermittel der EU.

    Das Gesundheitswesen profitiert seit dem EU-Beitritt Tschechiens 2004 von Fördergeldern der Europäischen Union (EU). Das setzt sich im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 fort. Zusammen mit den Mitteln aus EU-REACT sowie der Aufbau- und Resilienzfazilität stehen für die Modernisierung und Stärkung der Gesundheitsinfrastruktur circa 2 Milliarden Euro zur Verfügung. Anbieter von Medizintechnik und von digitalen Lösungen werden besonders von ihnen profitieren.    

    React-EU stärkt zentrale Notaufnahmen 

    Unter dem unmittelbaren Eindruck der Pandemie starteten Krankenhäuser im September 2021 erste Ausschreibungen zu Mitteln aus React-EU. Sie haben Bau und Modernisierung von Operationssälen zum Ziel, die Beschaffung diagnostischer Systeme, Chromatografen, klinischer Informationssysteme, Herz-Lungenmaschinen, Magnet-Resonanz-Anlagen, Linearbeschleuniger und Laborausrüstungen. Tschechien setzt fast 1 Milliarde Euro im Rahmen von REACT-EU großteils im Krankenhaussektor, aber auch für die Verbesserung der Rettungs- und Sozialdienste ein. Die Umsetzung erfolgt über das Integrierte Regionale Operationelle Programm IROP 2014 bis 2020. Projekte müssen bis März 2023 abgeschlossen sein. Ein Schwerpunkt ist die Stärkung der 97 Krankenhäuser, die das Rückgrat der Gesundheitsversorgung ausmachen.

    Aufbauplan mit Schwerpunkt Onkologie

    Der tschechische Aufbauplan hat aus der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität fast 480 Millionen Euro für das Gesundheitswesen eingeplant. Um die Versorgung krisenresistenter zu machen, erfolgen Investitionen in die Optimierung des Ausbildungssystems, den Bau eines Simulationszentrums für Intensivmedizin, die Rehabilitation von Patienten nach kritischen Zuständen, den Bau eines Zentrums für kardiovaskuläre und Transplantationsmedizin.

    Das zweite große Feld sind Krebsvorsorge und –behandlung. Geplant sind präventive Screeningprogramme, der Bau eines Nationalen Onkologischen Instituts, die Entwicklung der hochspezialisierten hämatoonkologischen und onkologischen Versorgung, ein Zentrum für onkologische Prävention und innovative Pflege am Masaryk Institut für Onkologie in Brünn. Zusätzlich profitiert der Gesundheitssektor von den Digitalisierungsmitteln aus dem Aufbauplan.

    Investitionen in Psychiatrie und Langzeitpflege

    Im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens laufen Hilfen für Projekte im Gesundheitswesen auch 2021 bis 2027 über das auf die Entwicklung in den Regionen spezialisierte IROP. Verantwortlich ist das Ministerium für regionale Entwicklung. Die angestrebten Maßnahmen im Gesundheitswesen haben das Ziel, allen Menschen gleichen Zugang zur Primärversorgung zu geben, die Krankenpflege stärker auf Gemeinden und Familien überzuleiten, Gesundheits- und Sozialdienste gerade im Hinblick auf die geriatrische Versorgung und Langzeitpflege besser zu koordinieren. Auch wird die in der vorangegangenen Förderphase angelaufene Reform der psychiatrischen Pflege fortgesetzt. Mit Blick auf die Covid-19-Pandemie und ihre Folgen stehen Investitionen in Infektionskliniken und Gesundheitsbehörden an.    

    Innerhalb der Arbeitsprogramme EU4Health können sich tschechische Gesundheitseinrichtungen mit Projekten bei der Exekutivagentur für Gesundheit und Digitales (HaDEA) um Förderung bewerben. Diese sollen zur Schaffung moderner und robuster Gesundheitssysteme beitragen, betreffen zum Teil grenzüberschreitende Projekte und unterstützen unter anderem Krankheitsprävention, Digitalisierung und den Kampf gegen Krebs.

    Die Staatliche Gesundheitsbehörde hat sich beim Europäischen Programm HERA (Health Emergency Prepardness and Response) erfolgreich um 3,5 Millionen Euro beworben. Diese erleichtert Laboren die Beobachtung des Virus und erweitert die Gen-Sequenzierungskapazität in Tschechien. Die Gelder fließen bis Herbst 2022 in Laborausstattung, Archiviersysteme für die Proben und Datenanalyse. Ziel ist es, so viele Schritte wie möglich zu automatisieren.    

    In 2020 ist die Umsetzung eines Programms zu Neubau und Modernisierung von 7 Universitätskrankenhäusern unter Regie des Gesundheitsministeriums angelaufen. Insgesamt geht es um Investitionen in Höhe von mehr als 450 Millionen Euro bis 2027.

    Gesundheitsforschung zu Folgen der Pandemie

    Im Coronajahr 2020 sind Tschechiens Forschungsausgaben deutlich langsamer gestiegen als in den Jahren zuvor – um nur 1,6 Prozent auf einen weiteren Höchststand von umgerechnet 4,3 Milliarden Euro. Die Forschungsausgaben im Bereich Medizinwissenschaften wuchsen ähnlich gedämpft auf ein neues Rekordvolumen von umgerechnet 270 Millionen Euro. Ein Drittel fällt in den Unternehmen an.

    Die Krise und damit verbundene Notlagen brachten Impulse für Forschung und Innovationen im Bereich Filter, Beatmungstechnik, Medikamente – selbst wenn das Projekt der nationalen Entwicklung einer Covid-19-Impfung letztlich gestrichen wurde. Das Virus, seine Mutationen und die Folgen begleiten die Forschung auch in den kommenden Jahren.

    So wurde das Nationale Programm zur Unterstützung der angewandten Gesundheitsforschung 2020 bis 2026 im September 2021 um ein Unterprogramm für Projekte ergänzt, die die Folgen der Pandemie für die Gesundheitspflege in Tschechien erforschen. Generell unterstützt das Programm industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung im Bereich der in Tschechien besonders verbreiteten Krankheiten. Bis 2026 wird es fast ausschließlich aus dem Staatshaushalt mit umgerechnet über 230 Millionen Euro dotiert.

    Zugleich sind in Tschechien Forschungseinrichtungen und Unternehmen aufgerufen, sich mit innovativen Gesundheitsprojekten von gemeinsamem europäischen Interesse (Health IPCEI) zu melden. Diese Initiative der EU soll die medizinische Forschungszusammenarbeit und industrielle Umsetzung in Europa vorantreiben.


    Ausgewählte Investitionsvorhaben

    Stadt

    Art des Projekts

    Art der Investition

    Zeitraum

    Investitionssumme (in Millionen Euro) *)

    Beschreibung des Projekts

    Pardubice

    Krankenhaus

    Erweiterung/Ausbau

    Baubeginn 2021, Fertigstellung 2023

    65,1

    Zentrale Notaufnahme, Zuschüsse aus dem Programm REACT-EU.

    Liberec

    Krankenhaus

    Neubau

    Baubeginn 2022

    51,2

    Zentrum für Notfallmedizin.

    Ostrava

    Städtisches Krankenhaus

    Ausbau/Modernisierung, Neubau, Ausstattung

    2021 und folgende Jahre

    43,3

    Sanierung des Gebäudes E2, Überdruckkammer im neuen Gebäude und Medizintechnik.

    Prag

    IKEM

    Erweiterung/Ausbau, Neubau

    Bau begonnen, gehört zu den  7 strategischen Projekten der Regierung

    41,4

    neue Gebäude G1 und G2 für die Transplantations- und die Herz-Kreislauf-Medizin, Ausstattung mit innovativer Technik und intelligenter Energieversorgung.

    Ostrava

    Fakultätskrankenhaus

    Ausbau/Modernisierung, Neubau, Ausstattung

    Investitionssumme 2021 und 2022

    39,4

    Gerätetechnik, Renovierung der Apotheke, Begleitungszentrum sowie Psychiatrie, Datensicherung.

    Rychnov nad Kněžnou

    Krankenhaus

    Modernisierung und Ausbau, Neubau

    Baubeginn Herbst 2021, Fertigstellung 2023

    34,1

    Sanierung, neues Gebäude mit Notaufnahme, Operationssälen und ambulanter Versorgung und die Modernisierung des bestehenden Gebäudes mit Kinderstation, Innerer Medizin, Gynäkologie und Geburtshilfe.

    Rumburk

    Krankenhaus

    Ausstattung, Ausbau/Modernisierung

    Geräte genehmigt, Modernisierung in Vorbereitung

    33,5

    Zuschüsse aus dem Programm REACT-EU, Modernisierung des Gebäudes und der Einrichtung Innere Medizin, Chirurgie, Kinderabteilung und Gynäkologie.

    Děčín

    Krankenhaus

    Neubau

    Baustart Herbst 2021, Fertigstellung Ende 2023

    30,9

    Emergency-Pavillon mit Operationssälen, Sterilisationsabteilung und Intensivstationen.

    Jičín

    Bereichskrankenhaus

    Neubau

    Baubeginn Herbst 2021, Fertigstellung Frühjahr 2023

    12,5

    Labore und Magnetresonanzgerät, Transfusionsmedizin, Hämatologie, ein Zentrum klinischer Labore und die Onkologie-Bettenabteilung.

    landesweit

    Klinikkonzern EUC

    Ausbau/Modernisierung, Neubau, Ausstattung

    Investitionssumme 2021

    9,2

    Gebäude, Geräte, Ausstattung, Telemedizin und IT-Ausstattung.

    Prag

    Allgemeines Fakultätskrankenhaus

    Ausstattung, Modernisierung

    Investitionssumme 2021

    7,9

    Erneuerung der Gerätetechnik und Umbau.

    Havlíčkův Brod

    Krankenhaus

    Ausstattung

    Investitionssumme 2021 und eventuell 2022

    7,3

    SPECT/CT-Geräte und Skiaskope und -grafen, die als Ersatz für ausgediente Geräte dienen. 2022 hängen die Investitionen von den Zuschüssen aus dem Programm REACT-EU ab.

    Bohumín

    Städtisches Krankenhaus

    Ausbau

    Baubeginn 2021

    2,3

    Aufbau des Ambulant-Traktes.

    Kroměříž

    Krankenhaus

    Modernisierung

    Baubeginn der Geburtsklinik 2021, Vorbereitung des Chirurgie-Gebäudes

    0,5

    Umbau der Geburtssäle un der Chirurgie.

    Rokycany

    Krankenhaus

    Umbau und Aufbau, Modernisierung

    Projektdokumentation in Vorbereitung, Baubeginn Frühling 2022

    k.A.

    Erweiterung des Ambulant-Traktes.

    Kladno

    Bereichskrankenhaus

    Modernisierung

    Baubeginn 2021

    k.A.

    Sanierung des Gebäudes C2.

    Hradec Králové

    Fakultätskrankenhaus

    Neubau, Modernisierung, Ausstattung

    Vorbereitungsphase

    k.A.

    Neubau der Chirurgie und der Klinik für Infektionskrankheiten, Gebäudesanierung und die Erneuerung der Medizintechnik.

    *) Umrechnung anhand des Wechselkurses 1 Euro = 25,375 Tschechische Kronen (Tschechische Nationalbank, 12.10.2021)Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Čia News; Pressemeldungen

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Rahmenbedingungen und Marktzugang

    Bei Beschaffung von Medizintechnik sollen staatliche Krankenhäuser stärker kooperieren. Im Consumer-Health-Markt hat die Pandemie die Rolle elektronischer Absatzkanäle verstärkt.

    Auf der Vertriebsseite bestimmen in den Segmenten Arzneimittel, aber auch medizinischen Verbrauchsmaterialien Großhändler mit ihren Distributionszentren das Bild. Sie beliefern Apotheken und Krankenhäuser. Die größten sind die im Verband der Großhändler zusammengeschlossenen Distributoren Alliance Healthcare, Phoenix und ViaPharma. Sie gehören zu ausländischen oder tschechischen Gesundheitsdienstleistungsgruppen, die zum Teil auch Apothekenketten umfassen. Hinzu kommen spezialisierte Großhändler und die Hersteller selbst.

    Wachsende Konzentration der Apotheken

    Im Arzneimitteleinzelhandel haben unter den circa 2.700 Apotheken die inhabergeführten weiterhin Gewicht. Doch nimmt die Marktkonzentration über Apothekenketten zu. Die größten sind Dr. Max mit 480 Filialen und die zu Phoenix gehörende BENU mit 280 Filialen.

    Im Auf und Ab der Pandemie hatten die Einzelhändler einen Vorteil, die schon länger über mehrere Kanäle arbeiten (Omnichannel) und ihre Kunden digital bedienen konnten, als die Infektionsgefahr hoch war. Punkten konnten auch Apotheken- und Drogerie-Internethändler. Die größten sind lekarna.cz, Apotek und pilulka.cz. Letztere verfügt zugleich über ein Netz von 140 zum Teil eigenen, zum Teil im Franchise kooperierenden Apotheken.

    In Tschechien sind rund 120 Internet-Apotheken registriert. Ihren Markt beziffert die Marktberatungsgesellschaft IQVIA auf umgerechnet circa 100 Millionen Euro, ihren Anteil am gesamten Consumer-Health-Markt auf ein Zehntel. Stationäre Apotheken bleiben wichtig, weil nur in ihnen die verschreibungspflichtigen Medikamente abgeholt werden können.

    Das Staatliche Institut für Arzneimittelkontrolle SUKL führt Datenbanken der zugelassenen Distributoren und Apotheken. Es ist die Stelle, die die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente und die Konditionen für ihre Erstattung festlegt und zu jedem 1. eines Monats veröffentlicht.

    Gemeinsame Beschaffungsprojekte

    Bei Medizintechnik und -produkten treten an die Seite von spezialisierten Vertriebsfirmen wie etwa Mapo Medical, Hospimed oder Promedica die tschechischen Vertriebsgesellschaften ausländischer Hersteller - vor allem wenn es um Technik der Nuklearmedizin geht oder die Ausstattung ganzer Einheiten, etwa Operationssäle.

    Öffentliche Krankenhäuser sind der größte Auftraggeber für diese Produkte. Ihre Ausschreibungen sind gut nachzuvollziehen, da sie neben dem Tschechischen Amtsanzeiger im Tenders Electronic Daily der Europäischen Union (EU) veröffentlicht werden. Germany Trade and Invest bietet als Partner des European Tender Information System (ETIS) Informationen zu EU-Binnenmarktausschreibungen unter- und oberhalb der nach den EU-Vergaberichtlinien geltenden Schwellenwerte an. Wichtige Investoren sind aber auch die 76 Krankenhäuser in privater Trägerschaft von Gruppen wie Agel, EUC, Penta, Vamed oder von kirchlichen Einrichtungen. Um zu erfahren, welche Pläne öffentliche und private Träger haben, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit eingeführten lokalen Handelsfirmen oder eine eigene Vertriebsniederlassung. Bei der Geschäftspartnersuche und generell dem Markteinstieg hilft die AHK Tschechien.

    Gerätekommission billigt Medizintechnikeinkäufe

    Das Gesundheitsministerium hat die ihm unterstehenden 24 Krankenhäuser aufgefordert, in Pilotprojekten ihre Beschaffungsprozesse besser zu koordinieren. Vor allem bei Verbrauchsmaterialien - etwa Spritzen, Schutzmasken, Desinfektionsmitteln - haben gemeinsame Tender schon Kosten und administrativen Aufwand gespart. Bei Medizintechnik aber erwies sich ein koordinierter Anlauf wegen der spezifischen Bedingungen als schwierig.

    Größere öffentlich finanzierte technische Anschaffungen der Krankenhäuser brauchen das grüne Licht durch eine spezielle Gerätekommission. Diese tagt vier Mal im Jahr und befindet bei medizinischen Geräten ab einem Wert von 5 Millionen Kronen (circa 195.000 Euro), ob die Anschaffung mit Blick auf vorhandene Kapazitäten und Nachfrage notwendig und der Preis angemessen ist. Nach jeder Sitzung wird die Liste der gebilligten Anschaffungen veröffentlicht.

    Das Portal Mapa zdravotnické techniky gibt einen Überblick zur aktuellen Medizintechnikausstattung der Krankenhäuser.

    Deutsche Anbieter sind sehr gut aufgestellt

    Nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Handel gibt es rund 2.400 Unternehmen, die medizinische und zahnmedizinische Apparate und Materialien herstellen (NACE 32.5), davon sind die meisten Einzelunternehmer. Außerdem sind 66 Produzenten von elektromedizinischen Geräten registriert (NACE 26.6). Hinzu kommen 88 Unternehmen der Pharmaindustrie und medizinischen Biotechnologie.

    Unter den Großen gibt es eine Reihe mit ausländischen Müttern. Das ist besonders in der Pharmaindustrie der Fall (Merck, Johnson & Johnson, Novartis, Gilead, Lonza Biotec, Teva, Glenmark, Otsukam), aber auch der Herstellung von medizinischen Produkten und Technik (Gerresheimer, GCE, Mölnlycke Health Care, Hartmann-Rico, Lohmann & Rauscher). Mit Linet bietet Tschechien den größten europäischen Hersteller von medizinischen Betten, die er zunehmend digitalisiert. Die südmährische Metropole Brno hat sich durch Unternehmen wie Delong Instruments, Thermo Fisher Scientific oder Tescan Orsay Holding zu einem Weltmarktführer in der Elektronenmikroskopie entwickelt. Zentiva ist mit Generikaprodukten der größte Pharmahersteller des Landes, der nach eigenen Angaben eins von fünf verschriebenen Medikamenten im Land liefert.

    Deutsche Anbieter sind im gesamten Gesundheitssegment gut aufge­stellt. Laut dem Tschechischen Statistikamt standen sie auch in der turbulenten Coronazeit im Jahr 2020 und in den ersten acht Monaten 2021 im grenzüberschreitenden Warenverkehr als Lieferanten vor den USA, China und den Niederlanden - sowohl im Segment elektrodiagnostische und radiologische Geräte (SITC 774), als auch bei medizinischen Instrumenten, Apparaten und Geräten (SITC 872). Das gilt ebenso bei den Arzneimitteln, wo Deutschland vor Dänemark und Frankreich liegt.

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    Exportinitiative Gesundheitswirtschaft

    Die Exportinitiative bündelt Unterstützungsangebote für die Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft.

    AHK Tschechische Republik

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Gesundheitsministerium

    führt Krankenhausliste und Informationen zu den Pflichten für Distributoren von Medizinprodukten

    Wirtschaftsförderagentur CzechInvest

    führt Zulieferdatenbank

    Institut für Gesundheitsinformationen und Statistik

    Statistiken für das Gesundheitswesen und leitet das Projekt DRG-Restart  

    Staatliches Institut für Arzneimittelkontrolle

    zulassende und preisregulierende Instanz 

    Verband der Hersteller und Zulieferer von Medizintechnik

    104 Mitglieder 

    Nationales Portal für Gesundheitsinformationen

    Informationen aus staatlichen Gesundheitsinstitutionen

    Verband der innovativen Pharmaindustrie

    35 Mitglieder

    Apothekerverband

    Zusammenschluss der Apotheker

    Verband der biotechnologischen Unternehmen

    26 Mitglieder

    Nationalregister der Gesundheitsdienstleister

    Übersicht und Karte mit Gesundheitsanstalten und Praxen

    Nationalzentrum für E-Health

    Organisation des Gesundheitsministeriums für die Digitalisierung 

    Agentur für Gesundheitsforschung

    Förderprogramme für Forschung, Entwicklung und Innovationen

    Medicína

    Fachportal

    Fachmesse für Medizinhilfsmittel / Rehaprotex

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    Von Miriam Neubert | Prag

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