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Branchen | Kolumbien | Abwasser

Hohe Investitionen in Kolumbiens Abwassersektor

In Kolumbien wird viel Wasser verschwendet und nur wenig aufbereitet. Mit umfangreichen Projekten will das Land dies ändern. 

Von Janosch Siepen | Bogotá

Kolumbien bereitet weniger als die Hälfte seiner Abwässer auf. Zudem liegen die Wasserverluste bei über 40 Prozent. Gemäß der UN Sustainable Development Goals (SDG) will das Land daher seine Wasserwirtschaft verbessern. 

Großinvestitionen in Kläranlagen

Um diese Ziele zu erreichen, wird gerade in der Hauptstadt Bogotá kräftig in die Abwasseraufbereitung investiert. Der Ausbau der Anlage PTAR (Planta de Tratamiento de Aguas Residuales) Salitre umfasst Investitionen von insgesamt 480 Millionen US-Dollar (US$). Der Bau soll noch vor Jahresende 2021 abgeschlossen sein. Dann wird Salitre 30 Prozent der Abwässer der Hauptstadt reinigen. Im Juni war das Projekt bereits zu mehr als 96 Prozent fortgeschritten. So sind einige Teile der Anlage jetzt schon in Betrieb: Die Abwasservorbehandlung findet beispielsweise schon statt, auch die primären Klärbecken laufen bereits.

Für den Bau ist ein Konsortium aus dem spanischen Unternehmen Aqualia, Aktor aus Griechenland und der kolumbianischen Firma CASS Constructores y Cia zuständig. Auch das deutsche Unternehmen Flottweg ist im Geschäft: Es lieferte vier Dekanterzentrifugen für die Schlammentwässerung in der Kläranlage. „Das war unser bislang größter Auftrag im Bereich Kläranlagen in Südamerika“, berichtet Carlos Olivo, Vertriebsmanager für Spanisch sprechende Länder bei Flottweg.

Eine weitere Anlage ist das 1,5 Milliarden US$ schwere Projekt PTAR Canoas. Bei Inbetriebnahme soll die Kläranlage die größte in Südamerika sein. Die Anlage wird ab 2026 die restlichen 70 Prozent von Bogotás Abwässern klären. Die Kosten für die Konstruktion belaufen sich auf über 1,2 Milliarden US$. Momentan läuft ein Bewerbungsverfahren für eine Umweltlizenz für die Anlage. Die Ausschreibung soll 2022 stattfinden.

Mehr Abwasseraufbereitung im ländlichen Raum

Auch abseits von Kolumbiens Hauptstadt wird in die Abwasseraufbereitung investiert. Bereits im April 2021 begann der Ausschreibungsprozess für die Kläranlage PTAR Los Cámbulos in Manizales im Wert von 38 Millionen US$. Nach Betriebsbeginn 2022 soll die Anlage im Schnitt 320 Liter pro Sekunde aufbereiten. Die Anlage wird kofinanziert durch die deutsche Förderbank KfW. Das Projekt soll im September ausgeschrieben werden. 

Die Kläranlage Ubaté im Bundesstaat Cundinamarca soll bereits Endes des Jahres in Betrieb gehen. Ein weiteres Projekt ist die Kläranlage am Río de Oro im Bundesstaat Santander, in die 80 Millionen US$ fließen sollen. Neben weiteren großen Kläranlagen in den Bundesstaaten Huila und Risaralda, gehört auch der Bau von Wasserleitungen um Barranquilla im Bundesstaat Atlántico zu den zukünftigen Projekten im Abwassersektor. 

Gemäß einer Studie der Aufsichtsbehörde für öffentliche Versorgung (Superintendencia de Servicios Públicos Domiciliarios) aus dem Dezember 2020 verfügt das Land inzwischen über 712 Systeme zur Wasseraufbereitung. Die meisten davon befinden sich in Cundinamarca (121), gefolgt von Antioquia (90), Tolima (55), Santander (39) und Cauca (37).

Aktuelle Projekte in Kolumbiens Wasser- und Abwassersektor

Name

Investitionen (in Mio. US$)

Projektstand

Anmerkungen

Kläranlage PTAR Canoas (Bogotá)

1.519

Beantragung der Umweltlizenz läuft, Ausschreibung soll 2022 stattfinden, Inbetriebnahme ab 2026

Kapazität: 16.000 l/s; Empresa de Acueducto, Alcantarillado y Aseo de Bogotá (EAAB)

Ausbau Kläranlage PTAR Salitre (Bogotá)

485

Testphase hat begonnen, Betrieb ab 2021

Kapazität: 7.000 l/s; Corporación Autónoma Regional de Cundinamarca (CAR) und EAAB

Kläranlage Ubaté (Cundinamarca)

168

Konstruktion der ersten Phase zu 92 % abgeschlossen, Inbetriebnahme im Dezember 2021

Kapazität: 61 l/s; CAR

Pumpstation für Kläranlage PTAR Canoas

100

Vorläufige Arbeiten laufen, das Projekt soll 2024 abgeschlossen werden

Kapazität: 38.000 l/s; Alcaldía Mayor de Bogotá und Emgesa

Río de Oro Kläranlage

80

Soll die Wasserqualität des stark verschmutzten Río de Oro verbessern, allerdings gibt es noch Unklarheit bezüglich der Finanzierung 

Kapazität: 1.845 l/s; Empresa de Alcantarillado de Santander (Empas) und Corporación Autónoma para la Defensa de la Meseta de Bucaramanga (Cdmb)

Neiva Kläranlage

70

Finanzierung wird momentan geklärt, die Umweltlizenz muss neu beantragt werden

Die Gemeindeverwaltung und Las Ceibas Empresas Públicas de Neiva sind projektverantwortlich, Finanzierung durch den Bundesstaat Huila

Kläranlage El Paraíso (Pereira und Dosquebradas)

68

Technische Studien sind abgeschlossen, Umweltlizenz erhalten, die Ausschreibung und Arbeiten sollen noch 2021 beginnen, Inbetriebnahme ab Mitte 2025

Kapazität: 139,968 m³/Tag; Aguas y Aguas de Pereira S.A. E.S.P

Prozessoptimierung der Tibitoc Trinkwasseraufbereitungsanlage

60

Die Ausschreibung für die Bauarbeiten ging 2019 an chinesisches Konsortium, im Dezember 2020 wurde auch die Projektaufsicht vergeben

Kapzität: 12.000 l/s; EAAB

Nördliche Wasserleitung (Barranquilla)

55

Erstes Vertragswerk unterzeichnet, Co-finanzierung von der nationalen Regierung und vom Bundesstaat Atlántico beschlossen

Kapazität: 1.100 l/s; Gobernación del Atlántico

PTAR San Silvestre

50

Bau soll Anfang 2022 fertiggestellt werden

Verantwortlich sind Aguas de Barrancabermeja S.A. und Consorcio PTAR SS

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, BNamericas

Effizienz der Wasserwirtschaft soll verbessert werden

Bei der Abwasseraufbereitung liegt Kolumbien im lateinamerikanischen Mittelfeld hinter Mexiko und Brasilien aber vor Bolivien und Venezuela. Zwar hat sich die städtische Abwasseraufbereitung in Kolumbien deutlich verbessert. Waren es 2010 noch 28 Prozent, wurden im Jahr 2017 bereits 42 Prozent aller Abwässer aufbereitet. Dennoch hat das Land noch einen weiten Weg vor sich. Das Ausmaß der Wasserproblematik im Land zeigt sich gerade beim Bogotá-Fluss. Von seiner Gesamtlänge von 380 Kilometern befinden sich gerade einmal 11 km in einem vollkommen sauberen Zustand, der Fluss gilt als „tot“. Täglich fließen rund eine Million Liter Abwasser in den Fluss. Damit ist das Gewässer selbst für die industrielle Nutzung unbrauchbar. Die Investitionen in Bogotás Kläranlagen sollen das ändern. Nach Abschluss der Arbeiten soll PTAR Salitre zwischen 95 und 98 Prozent des eingehenden Wassers aufbereiten und unter anderem für die Landwirtschaft nutzbar machen.

Die Projekte sind Teil einer nationalen Initiative im Rahmen der SDG. Demnach sollen 2022 schätzungsweise 54,3 Prozent aller Abwasser gereinigt werden; 2030 sollen es dann 68,6 Prozent sein. Auch die Effizienz seiner Wasserwirtschaft will Kolumbien verbessern. Das Abwassersystem in Kolumbien ist noch sehr ineffizient. Momentan liegen die Wasserverluste im Schnitt bei rund 410 Litern von 1.000 Litern. Gerade an der Karibikküste finden mit 62 Prozent große Verluste statt. Um die SDG zu erreichen, will Kolumbien die Wasserverluste bis 2030 auf 30 Prozent senken.

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KfW in Kolumbiens Wassersektor aktiv

Die Regierung unternimmt dazu verschiedene Schritte. Daher sieht das neue Konjunkturprogramm „Compromiso por Colombia“ Investitionen in den Wassersektor im Wert von über 700 Millionen US$ vor. Durch insgesamt 158 größere und kleinere Projekte soll der Wassersektor verbessert werden. So fördert die Regierung unter anderem den Bau von Kanalisationsnetzen in den Bundesstaaten Córdoba und Antioquia sowie die Trinkwasserversorgung im Bundesstaat Valle del Cauca. 

Auch die KfW unterschrieb Anfang des Jahres einen Vertrag für Investitionen von rund 85 Millionen US$ in Kolumbiens Wassersektor. Bereits 2019 und 2020 hatte die KfW dem Ministerium für Wohnungswesen Kredite zur Finanzierung von Kläranlagen in Manizales und Pereira gewährt. Neben Investitionen haben sich auch die steuerlichen Rahmenbedingungen im Land in den letzten Jahren verändert. So ist der Anteil der Umweltsteuer am Gesamtsteuersatz seit 2017 angestiegen. Lag er 2016 noch bei 0,13 Prozent, waren es 2019 bereits 0,40 Prozent.

Im kolumbianischen Abwassersektor sind auch einige deutsche Firmen vertreten, darunter Ferrostaal, Prominent und KSB. CHRIWA betreibt seit 2012 eine Kläranlage mit einer Kapazität von 5616 m³/Tag im Land. 2017 renovierte das Unternehmen Enexio eine Kläranlage in Kolumbien. 

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