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Branchen | Hongkong | Medizintechnik

Hongkongs Medizintechnikeinfuhren erreichen abermals Rekordwert

Die Metropole muss einen Großteil ihres Bedarfs an Medizintechnik importieren. Deutsche Waren sind gefragt, ihre Einfuhr ging 2021 aber zurück.

Von Roland Rohde | Hongkong

Hongkong ist ein bedeutender Umschlagplatz für Medizintechnik. Vor allem chinesische Hersteller verschiffen einen Teil ihrer Produktion aus China über den Freihafen der ehemaligen britischen Kolonie ins Ausland. Diese sogenannten Reexporte waren maßgeblich für den hohen Anstieg der Medizintechnikeinfuhr Hongkongs 2021 verantwortlich. Diese stieg gemäß dem lokalen Statistikamt um 11 Prozent auf 3 Milliarden US-Dollar (US$). Zieht man die chinesischen Reexporte ab, ergaben sich Nettoimporte in Höhe von rund 310 Millionen US$. Sie haben sich damit über einen Fünfjahreszeitraum betrachtet verfünffacht. 

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China ist für die Sonderverwaltungsregion (SVR) traditionell der wichtigste Zulieferer von Medizintechnik, wobei eben ein Großteil der Lieferungen "made in China" reexportiert wird. Krankenhäuser in Hongkong kaufen vor allem Verbrauchsgüter und relativ einfache mechanische und elektromedizinische Geräte aus der Volksrepublik. Bei höherwertigen Apparaten setzen sie derweil auf Hightech-Produkte aus den USA, Deutschland oder Japan.

Hongkongs Brancheneinfuhren von Medizintechnik nach Warengruppen (Auswahl; in Millionen US$)

SITC-Position

Produktgruppe

2019

2020

2020 aus Deutschland

774.1

Elektrodiagnoseapparate und -geräte (EKG, EEG, UV- oder Infrarotgeräte, etc.)

516,9

592,6

27,8

774.2

Röntgenapparate, CT-Geräte, etc.

136,6

142,3

35,2

872.1

Zahnmedizinische Instrumente

45,8

53,1

5,6

872.21

Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen, etc.

354,4

316,4

12,7

872.25

Ophthalmologische Instrumente

70,4

58,9

4,2

872.31

Apparate für die Mechanotherapie, Massageapparate, etc.

123,7

183,5

1,8

872.33

Beatmungsapparate

72,6

234,0

13,7

872.4

Medizinmöbel

27,5

37,7

5,6

899.61, 899.67

Hörgeräte, Herzschrittmacher

29,9

17,4

2,6

899.63

Apparate für orthopädische Zwecke

13,2

28,5

1,5

899.65

Zahnprothesen

141,4

124,5

22,1

899.66

Andere Prothesen

87,7

66,9

2,0

899.69

Andere Vorrichtungen (u.a. Implantate) zum Beheben von Gebrechen

174,1

116,1

8,2

Quelle: Statistikamt Hongkong

Deutsche Zulieferungen gingen 2021 gegen Trend zurück

Die deutschen Branchenlieferungen hatten 2020 mit über 220 Millionen US$ einen Rekordwert erreicht. Doch 2021 fielen sie wieder um 18 Prozent auf gut 180 Millionen US$. Die Konkurrenz aus den USA und Japan konnte im Gegenzug ihre Marktanteile ausbauen. Warum es zu diesem Auseinanderdriften kam, lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten. Vermutlich steckt die geringe Investitionsbereitschaft des privaten Gesundheitssektors dahinter. Dieser setzt traditionell auf eine besonders moderne Ausrüstung und das Zugpferd "Made in Germany", um Patienten anzulocken.

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Über die Größe des lokalen Marktes für Medizintechnik gibt es keine offiziellen Angaben. Analysten schätzen das Volumen auf etwa 700 Millionen US$. Die SVR muss dabei einen Großteil ihres Bedarfs im Ausland einkaufen, weil es kaum einheimische Anbieter gibt. Es existieren lediglich einige Auftragshersteller für internationale Konzerne. Der Hong Kong Trade Development Council (HKTDC) zählte 2020 nur 160 produzierende Firmen im Bereich Medizin- und Biotechnik mit insgesamt knapp 1.400 Mitarbeitern. Hinzu kamen 1.450 spezialisierte Handelsfirmen mit 7.500 Angestellten.

In Hongkong existieren insgesamt zwölf private Krankenhäuser. Zur Anzahl der privaten Arztpraxen gibt es keine Angaben. Insgesamt praktizieren in der SVR aber rund 15.000 Mediziner. Die Privatpraxen schließen sich zunehmend zu Verbänden wie Quality HealthCare zusammen oder siedeln sich in großen Gesundheitszentren wie dem Virtus Medical Tower im zentralen Geschäftsviertel an. Die privaten Hospitäler unterhalten teilweise auch ausgegliederte Arztpraxen.

Wichtigster Großkunde ist die Hospital Authority

Staatliche Krankenhäuser setzen bei ihrer Ausstattung ebenfalls auf Qualität. Die Hospital Authority managt 43 staatliche Krankenhäuser und 122 Tageskliniken. Ab einem bestimmten Einkaufswert lässt sie sämtliche Beschaffungen ausschreiben. Bei kleineren Aufträgen informiert sie die registrierten Zulieferer. Öffentliche Beschaffungen verlaufen in Hongkong zumeist fair und offen. Die Behörde wickelt alle Anschaffungen über das Government Logistics Department ab. Dort kann man sich online als Zulieferer registrieren lassen.

In der SVR existieren weder Einfuhrzölle noch Mehrwertsteuern. Bezüglich des Imports und Verkaufs von Medizintechnik gibt es keine spezifische Gesetzgebung. Die zuständige Abteilung des Gesundheitsministeriums, die Medical Device Division, hat mit dem Medical Device Administrative Control System ein freiwilliges Kontrollsystem entwickelt, mit dessen Hilfe Branchenanbieter ihre Produkte in verschiedene Kategorien klassifizieren können.

Omikronwelle lässt Nachfrage nach Branchengütern kurzfristig sinken

Hongkong baut angesichts des Scheiterns seiner Null-Covid-Politik die Kapazitäten zur Isolierung und Behandlung von Corona-Infizierten aus. Die neuartige Seuche hat gezeigt, wie wenig Luft nach oben im staatlichen Gesundheitssystem besteht. Bereits wenige Wochen nach Ausbruch der Omikronwelle waren Mitte Februar 2022 bereits 90 Prozent aller Intensivbetten belegt. Da die Zahlen in den nächsten Wochen und Monaten weiter steigen werden, droht teilweise ein Kollaps.

Das wird auch den Markt für Medizintechnik vorübergehend beeinflussen. Während Produkte zur Pandemiebekämpfung heiß begehrt sind, wird die Nachfrage nach anderen Branchengütern eher zurückgehen. Die staatlichen Krankenhäuser haben alle Hände voll zu tun und können sich kaum noch um die Anschaffung neuer Großgeräte kümmern. Die privaten Kliniken (die keine Covid-Patienten aufnehmen) und Arztpraxen wiederum müssen im gesamten 1. Halbjahr 2022 mit stark sinkenden Einnahmen rechnen.

Arztpraxen und Privatkliniken leiden unter starken Einnahmerückgängen

Die Privatpatienten schieben Standarduntersuchungen und -behandlungen aus Angst vor Ansteckungen auf. Zudem bleiben aufgrund der Grenzschließungen zahlungskräftige Medizintouristen vom chinesischen Festland weiterhin aus. In den großen Gesundheitszentren sind sie regulär für bis zu einem Drittel der Einnahmen verantwortlich. Besserung ist nicht in Sicht. Sehr wahrscheinlich wird es 2022 keine größere Grenzöffnung zwischen Hongkong und dem chinesischen Festland geben.

Letztendlich werden aber die entsprechenden Anschaffungen nur aufgeschoben, denn langfristig wächst die Nachfrage nach Medizintechnik und Krankenhausausstattungen kräftig. Angesichts von Corona und der raschen Alterung der Gesellschaft investiert die Regierung massiv in den Ausbau des staatlichen Gesundheitssystems. Bis 2036 will sie 64 Milliarden US$ investieren. Der private Sektor wird wohl entsprechend nachziehen.


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