Deutsche Lebensmittellieferungen nach Hongkong erreichen Rekord

Die Einfuhr von Lebensmitteln nach Hongkong wird durch Transportstörungen zunehmend erschwert. Zahlreiche Airlines haben zum Jahreswechsel 2021/2022 ihre Personenflüge in die Sonderverwaltungsregion (SVR) stark reduziert oder komplett eingestellt. Da Passagiermaschinen regulär eine Menge Beifracht befördern, führt dies zu einem starken Rückgang der Transportkapazitäten. Die Frachtsparte war zwar bisher nicht ganz so stark von der Entwicklung betroffen, doch auch dort gab es Flugstreichungen. Des Weiteren führt der Krieg in der Ukraine dazu, dass Flugrouten aufwändig umgelenkt werden müssen.

Auch zu Lande und zu Wasser mehren sich die Probleme. Die Reedereien haben ihre Zubringerdienste (Feederverkehr) innerhalb des südchinesischen Perlflussdeltas (offiziell Greater Bay Area genannt) bereits Ende 2021 ausgedünnt oder zeitweise eingestellt. Anfang 2022 kam zudem der Straßenverkehr ins Stocken. Aufgrund des explosionsartigen Anstiegs der Infektionsfälle in Hongkong wurden seit Februar immer mehr Lkw-Fahrer positiv auf das Coronavirus getestet und durften die Grenze nach China nicht passieren.

Bei der Nahrungsmittelversorgung kommt es daher immer wieder zu Engpässen. Zunächst wurde im Januar 2022 frisches Gemüse knapp. Mit geeinten Kräften schafften es die Behörden, die Knappheit einigermaßen zu beheben. Dann erreichte die Pandemie Ende Februar Hongkongs Schlachthöfe. Tagelang gab es kaum noch Frischfleisch zu kaufen. Experten gehen davon aus, dass sich die Lage in den kommenden Wochen und Monaten verschärfen wird. In der chinesischen Nachbarstadt Shenzhen hat die Regierung die Quarantäneregeln für Lkw-Fahrer Anfang März 2022 nochmals verschärft.

Einfuhren von Lebensmitteln und Getränken 2021 bei 26 Milliarden US-Dollar

Für die SVR mit rund 7,4 Millionen Einwohnern ist dies eine bedrohliche Entwicklung, denn die Metropole kann sich nicht selbst versorgen. Im Jahr 2021 beliefen sich die Einfuhren von Nahrungsmitteln und Getränken laut Angaben des lokalen Statistikamtes auf fast 26 Milliarden US-Dollar (US$). Damit haben sie gegenüber dem Vorjahr um 8,5 Prozent zugelegt. Dennoch blieben die Importe 2021 noch rund 7,5 Prozent unter dem Vorkrisenniveau, das aufgrund der politischen Unruhen auf das Jahr 2018 fällt.

Der Lebensmitteleinzelhandel spürt das Ausbleiben der Touristen vom chinesischen Festland infolge der seit Anfang 2020 für den Personenverkehr geschlossenen Grenzen. Regulär kommen jährlich rund 50 Millionen Besucher aus China in die Metropole. Die meisten verbinden ihren Aufenthalt mit ausgiebigen Shoppingtouren. Viele Lebensmittelgeschäfte haben sich mit dem Angebot auf diese Kundengruppe spezialisiert und haben nun das Nachsehen. Auch Restaurants verzeichnen weniger Kundschaft, sodass ihr Einkaufsvolumen entsprechend zurückging. Supermärkte machen hingegen nach wie vor ein gutes Geschäft. 

Importvolumen dürfte 2022 leicht zurückgehen

Nach den guten Ergebnissen im Jahr 2021 ist für 2022 wieder mit einem Rückgang der Nahrungsmitteleinfuhren zu rechnen. Hongkong befindet sich pandemiebedingt im Ausnahmezustand. Restaurants haben nur noch unter strengen Auflagen geöffnet. Im März 2022 steht ein kompletter Lockdown bevor. Corona dürfte die SVR im gesamten 1. Halbjahr in den Fängen halten. Zugleich verlassen immer mehr ausländische Familien die Stadt. Alleine im Februar 2022 wanderten gemäß der Einwanderungsbehörde 1 Prozent der Gesamtbevölkerung ab (Abwanderung abzüglich Zuwanderungen). Das dürften insbesondere Anbieter von europäischen Lebensmitteln zu spüren bekommen.

Nahrungsmittel aus China leiden unter schlechtem Ruf

China ist traditionell der größte Lieferant und bedient die Nachfrage im unteren Preissegment. Doch Waren aus dem Reich der Mitte haben infolge zahlreicher Lebensmittelskandale einen schlechten Ruf. Die USA, Brasilien und Australien sind wichtige Zulieferer von Fleisch, Fisch und Molkereiprodukten. Japan bedient vor allem die Nachfrage nach asiatischen Nahrungsmitteln. Frankreich und das Vereinigte Königreich liefern in großem Umfang Rotwein beziehungsweise Whiskey. Die SVR hat sich in Asien als wichtiges Handels- und Lagerzentrum für hochwertige Weine etabliert.

Hongkong ist für deutsche Nahrungsmittelanbieter viertwichtigster Absatzmarkt in Asien

Einfuhren der SVR von Nahrungsmitteln und Getränken aus Deutschland stiegen 2021 gemäß der Statistikbehörde um rund 21 Prozent auf einen Rekordwert von fast 450 Millionen US$. Laut UN Comtrade war die SVR 2021 für deutsche Exporteure in diesem Segment der viertwichtigste Absatzmarkt in Asien – hinter China, Südkorea und Japan. Deutsche Lieferungen bestehen vor allem aus Schweinefleisch sowie Milchprodukten. Daneben spielen Back- und Süßwaren eine gewisse Rolle. In großen Supermärkten sind oftmals Spezialitäten "Made in Germany" zu finden. Weine aus deutschem Anbau konnten sich in Hongkong indes bislang kaum durchsetzen.

Die Preise für Nahrungsmittel und Getränke fallen in der Metropole deutlich höher aus als in Deutschland, obwohl es weder Mehrwertsteuern noch Einfuhrzölle gibt. Dies ist vor allem der monopolartigen Struktur des Groß- und Einzelhandels geschuldet. Die beiden Konzerne Jardine Matheson und CK Hutchison teilen sich den Markt untereinander auf. Wer ins Geschäft kommen möchte, sollte sich in einem ihrer Supermärkte listen lassen, was allerdings äußerst schwierig ist.

Der E-Commerce hat zuletzt stark an Bedeutung gewonnen. Führender Anbieter in Hongkong ist HKTVmall. Daneben gibt es unabhängige Online-Anbieter, die sich auf den Vertrieb von europäischen und deutschen Lebensmitteln spezialisiert haben. Dazu gehören unter anderem Cheese Club, EuroGoodies oder Taste Matters. Zusätzliche Informationen zum Vertrieb finden Interessenten in der GTAI-Broschüre "Vertrieb und Handelsvertretersuche – Hongkong (SVR)". Die Deutsche Auslandshandelskammer (AHK) in Hongkong kann bei der Suche nach Handelsvertretern Hilfestellung leisten. Sie bietet unter anderem eine kostenpflichtige Geschäftspartnersuche an.