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Indiens Automobilsektor steht weiterhin vor Herausforderungen

Die Pandemie und Lieferkettenprobleme halten die Branche in Schach. Allerdings gibt es staatliche Hilfen.

Von Florian Wenke | Mumbai

Zu Anfang des Jahres 2021 wähnte sich Indiens Wirtschaft und mit ihr der Automobilsektor bereits auf dem Weg aus der Coronakrise. Die offiziellen Infektionszahlen waren niedrig, und viele Verbraucher holten aufgestauten Konsum nach. Dies kam auch der Kfz-Branche zugute. Eine erneute Infektionswelle im Frühjahr 2021 hat den Aufschwung jedoch gedämpft, dabei war dieser nach dem wirtschaftlich schwierigen Vorjahr sehr herbeigesehnt worden.

Schwere Zeiten für die Kfz-Branche 

Bereits das Finanzjahr 2019/20 (1. April bis 31. März) war mit einem deutlichen Minus bei der Produktion und dem inländischen Absatz von Kraftfahrzeugen zu Ende gegangen. Laut der Society of Indian Automobile Manufacturers (SIAM) fielen die Zahlen 2020/21 noch schlechter aus. Das Minus war zweistellig, und auch der Export konnte nicht für Entlastung sorgen.

Produktion, Inlandsabsatz und Export von Fahrzeugen in Indien (in Tausend Einheiten; Veränderung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in Prozent)

Kategorie

2018/19*)

2019/20*)

2020/21*)

Veränderung 2020/21 zu 2019/20

Produktion

30.915

26.353

22.652

-14,0

  davon Pkw

4.028

3.424

3.062

-10,6

Absatz Inland

26.266

21.546

18.615

-13,6

  davon Pkw

3.377

2.774

2.711

-2,3

Export

4.629

4.749

4.129

-13,1

  davon Pkw

676

662

404

-38,9

*) Finanzjahr jeweils vom 1. April bis 31. MärzQuelle: SIAM

Der gesunkene Absatz trifft auch die Zulieferindustrie hart. Laut vorläufigen Schätzungen der Automotive Component Manufacturers Association of India (ACMA) ging der Umsatz der Branchenunternehmen im Finanzjahr 2020/21 um 10 bis 12 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Damals betrug er rund 50 Milliarden US-Dollar (US$) - bereits 12 Prozent weniger als 2018/19.

Importe von Kfz-Teilen aus Deutschland rückläufig

Indien importierte im Pandemiejahr 2020 Automobilteile in Höhe von 4,4 Milliarden US$. Der Wert der indischen Importe aus Deutschland ging gegenüber dem Vorjahr erneut deutlich zurück, um 46 Prozent auf 396,3 Millionen US$. In der Folge ging der Anteil am Importmarkt von 13 Prozent im Vorjahr auf 9 Prozent zurück. Damit schrumpfte der Wert von Indiens Einfuhren aus Deutschland stärker als der Gesamtimportwert in dem Bereich.

Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Indien (in Millionen US-Dollar; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in Prozent)

SITC-POS

Gesamt 2020

Veränderung

aus Deutschland 2020

Veränderung

713.2 Motoren

419,1

-37,9

6,2

-82,6

773.13 Zündkabelsätze

57,5

-26,3

3,6

-41,9

778.3 Kfz-Elektrik

570,7

-10,8

30,1

-44,5

784 Karosserien, Stoßstangen usw.

3.335,9

-22,1

356,4

-44,6

Summe

4.383,2

-21,4

396,3

-46,4

Quelle: UN Comtrade

Die Bänder standen erneut still

Im Frühjahr 2021 wurde das südasiatische Land von einer verheerenden zweiten Infektionswelle erfasst. Die Bundesstaaten verhängten jeweils mehr oder weniger strikte Maßnahmen. Hinzu kam, dass die Wirtschaft teilweise in den Krisenversorgungsmodus wechseln musste. So wurde beispielsweise Sauerstoff fast ausschließlich für den Gesundheitssektor produziert und dort verwendet. All dies verlangsamte nicht nur Indiens gesamtwirtschaftliche Erholung, sondern beeinflusste auch die Fahrzeugproduktion und führte in einigen Fällen erneut zu geringer Produktion oder gar stillstehenden Bändern. Besonders im Mai 2021 waren die Auswirkungen deutlich zu spüren, seitdem erholt sich die Produktion wieder. Der Weg zum Vorkrisenniveau bleibt jedoch weit.

Lieferengpässe bei wichtigen Verbauteilen sind eine zusätzliche Herausforderung. Die Hersteller kämpfen unter anderem mit Beschaffungsproblemen bei Halbleitern. Zudem setzen steigende Inputkosten, besonders für Metalle, die Produzenten unter Druck. Viele haben daher gleichfalls mit Preissteigerungen reagiert. 

Der in den vergangenen Monaten stetig gestiegene Spritpreis dämpft das Interesse vieler Haushalte am Kauf eines neuen Automobils. In dem ohnehin preissensiblen Markt wirken sich höhere Kosten für Anschaffung und Unterhalt bremsend auf die Nachfrage aus - besonders im unteren Preissegment. Gleichwohl drohen weiter steigende Pkw-Preise.

Auf die Hersteller kommt die Umsetzung neuer Normen zur Verringerung des Schadstoffausstoßes zu. Das Testen unter Realbedingungen (Real Driving Emissions - RDE) soll 2023 beginnen. Bereits ein Jahr früher greifen neue Grenzwerte für den CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotten im Rahmen der Corporate Average Fuel Economy-Regelungen (CAFE). Auch die nun verpflichtenden Frontairbags verteuern viele Modelle in den kostengünstigeren Varianten.

Die Abwrackprämie kommt

Von staatlicher Seite bemüht man sich um Unterstützung. Eine der angedachten Ideen ist die Einführung einer Abwrackprämie. So soll zukünftig die Tauglichkeit älterer Fahrzeuge geprüft und gleichzeitig die Verlängerung der Zulassung für alte Kfz deutlich verteuert werden. Dadurch können Anreize zur Neuanschaffung geliefert werden. Käufer neuer Fahrzeuge erhalten dann den Schrottwert des alten Fahrzeuges. Zusätzlich sind die Bundesstaaten und die Fahrzeughersteller angehalten, weitere Zuschüsse zu zahlen. Die Regelungen sind noch nicht in Kraft getreten, allerdings wird dies noch für das laufende Finanzjahr angestrebt.

Elektromobilität noch im Anfangsstadium

Laut Angaben der Society of Manufacturers of Electric Vehicles (SMEV) wurden im Finanzjahr 2020/21 etwa 237.000 Elektrofahrzeuge (einschließlich Motorräder und -roller) verkauft, rund 20 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Mehrzahl der Kfz waren elektrische Zweiräder, die für circa 60 Prozent des Absatzes standen. Der Verkauf von vierrädrigen elektrischen Fahrzeugen stieg zwar deutlich an, lag aber absolut bei überschaubaren 4.588 Einheiten. Besonders die Schaffung einer großflächigen und zuverlässigen Ladeinfrastruktur gilt als Herausforderung. Bisher gebe es erst ungefähr 1.300 Ladestationen in Indien, so die SMEV.  

Die Regierung hält jedoch an ihren Ausbauzielen fest. Gerade erst wurde der Förderzeitraum im Rahmen von Phase 2 des Programms Faster Adoption and Manufacturing of Hybrid and Electric Vehicles (FAME) um zwei Jahre bis 2024 verlängert und der Förderbetrag für einige Kfz-Modelle erhöht. Einzelne Bundesstaaten unterstützen die E-Mobilität gleichfalls. So hat beispielsweise das westlich gelegene Maharashtra mit Mumbai als Hauptstadt im Juli 2021 das Ziel ausgegeben, den Anteil an Neuzulassungen von elektrischen Automobilen bis zum Jahr 2025 auf 10 Prozent steigern zu wollen. Dafür werden Subventionen für den Kauf der Fahrzeuge, aber auch für die Schaffung von Ladeinfrastruktur gezahlt. 

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