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Kfz-Industrie setzt auf Exporte und Elektromobilität

Mit Milliardeninvestitionen will Spanien Drehscheibe für vernetzte Elektroautos werden. Im Jahr 2020 konnte die hohe Auslandsnachfrage die Automobilindustrie stützen.

Von Oliver Idem | Madrid

Spaniens Automobilindustrie litt 2020 massiv unter den Auswirkungen der Coronakrise. Die Produktion lag um 20 Prozent unter dem Ergebnis von 2019. Laut Branchenverband Anfac liefen nur 2,27 Millionen Fahrzeuge von den inländischen Bändern.

Die Aktivität der Fabriken wurde vor allem im 2. Quartal 2020 durch massive Beschränkungen in der Pandemie gebremst. Den Tiefpunkt bildete der April mit 98 Prozent weniger Produktion als im Vorjahresmonat. Hinderlich für die Verkäufe im Inland war, dass auch die Autohäuser über Wochen geschlossen bleiben mussten.

Nach einer Erholungsphase der Produktion zeigten sich Probleme in der Halbleiterversorgung. Diese führten seitdem mehrfach dazu, dass Werke auf Kurzarbeit umstellen mussten. Sehr wahrscheinlich wird sich der Chipmangel noch mindestens im 2. Halbjahr 2021 weiter bemerkbar machen.

Im internationalen Wettbewerb konnte sich das iberische Land 2020 dennoch behaupten. Spanien produzierte erneut die zweitmeisten Kfz in Europa nach Deutschland. Im weltweiten Vergleich gelang sogar eine Verbesserung auf Rang acht, vorbei an Brasilien.

Unter den führenden Herstellerländern war Spanien durchschnittlich vom Produktionsrückgang betroffen. China und Korea (Republik) erlitten weitaus geringere Einbußen. Andere Standorte wie Brasilien, Indien und Deutschland mussten jedoch wesentlich stärkere Einbrüche hinnehmen.

Kfz trugen 12 Prozent zu den spanischen Exporten bei

Innerhalb der spanischen Ausfuhren konnten Kraftfahrzeuge ihre Position 2020 nahezu halten. Der Fahrzeugexport summierte sich auf 31,5 Milliarden Euro. Damit wurde jeder achte Euro der spanischen Exporteinnahmen mit Automobilen erwirtschaftet.

Einem Rückgang um 16 Prozent auf 1,95 Millionen Kfz zum Trotz behaupteten sich die Ausfuhren 2020 weitaus besser als der Inlandsmarkt. Die wichtigsten Absatzmärkte hatten selbst mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen. Dabei handelte es sich vor allem um Deutschland, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich.

Trotz der Schwierigkeiten auf diesen Absatzmärkten traf die spanische Produktpalette offenbar den Bedarf der Kunden im Ausland. Aufgrund des Produktionsrückgangs schnellte die Exportquote rechnerisch um vier Punkte auf 86 Prozent nach oben.

Krise schlug stark auf inländische Verkäufe durch

Den Binnenmarkt für Kraftfahrzeuge traf der Wirtschaftseinbruch 2020 besonders hart. Mit nur noch 1,03 Millionen Einheiten wurden 31 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft als 2019. Sämtliche Autonomen Gemeinschaften des Landes waren von diesem Negativtrend betroffen.

Auch alle drei großen Kundengruppen machten keine Ausnahme. Sowohl Autovermietungen als auch andere Unternehmen und Privatkunden fragten weniger Fahrzeuge nach. Besonders stark fiel die Pkw-Nachfrage der Autovermietungen. In diesem Segment brachen die Verkäufe um 60 Prozent ein. Hier wirkte sich aus, dass kaum ausländische Touristen das Land besuchen konnten und auch über viele Monate die Mobilität innerhalb Spaniens eingeschränkt war.

Bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben war von der Coronakrise hingegen nichts zu spüren. Erstmals wurden mehr als 200.000 Elektro- und Hybridfahrzeuge verkauft. Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr betrug 31 Prozent. Der Marktanteil legte auf 19 Prozent zu.

Durch die überwiegend geringen Verkäufe wurde auch die Erneuerung des Fahrzeugbestands gebremst. Das Durchschnittsalter der Kfz legte weiter zu und erreichte 13,1 Jahre. Diese Tendenz besteht seit der Wirtschaftskrise ab 2008. Damals lag das mittlere Alter noch bei 8,4 Jahren und stieg seitdem kontinuierlich an.

Eine Nachfrage nach individueller Mobilität war 2020 durchaus vorhanden. Auffällig war jedoch, dass rund die Hälfte der verkauften Gebrauchtwagen älter als zehn Jahre war. Viele Interessenten konnten oder wollten nur geringe Budgets für den Erwerb von Fahrzeugen einsetzen.

Transformation des Sektors wird weiter vorangetrieben

Der Umbau der spanischen Automobilindustrie geht weiter. Mitte Juli 2021 beschloss der Ministerrat ein Großprojekt im Bereich der Elektromobilität und des vernetzten Fahrens. In diesem arbeiten die Branchenunternehmen und der Staat zusammen, um 24 Milliarden Euro Investitionen innerhalb von drei Jahren zu mobilisieren. 

Die Wertschöpfungsketten sollen ausgebaut und in innovativen Produktionsstätten klimafreundliche Fahrzeuge mit Internetverbindung hergestellt werden. Für das Vorhaben nutzt die spanische Regierung auch Mittel aus der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität. Spanien erhält den höchsten Anteil an Zuschüssen unter allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.

Das Land verfügt bereits über eine Grundlage, um sich zur angestrebten europäischen Führungsrolle vorzuarbeiten. So nahmen die Hersteller neue elektrisch betriebene und Hybridmodelle in die Produktpaletten auf. Die Herstellung solcher Fahrzeuge stieg auf 164.821 Einheiten und repräsentierte rund 7 Prozent der gesamten Fertigung.

Das Förderprogramm Moves mit seinen Kaufzuschüssen von Juni 2020 wurde von den Autonomen Gemeinschaften in unterschiedlichen Geschwindigkeiten umgesetzt. Katalonien mit Barcelona und Madrid als regionale Schwerpunkte der Elektromobilität schöpften die Fördermittel aufgrund einer hohen Nachfrage bereits innerhalb weniger Monate aus.

Bürokratie dämpft den Ausbau der Ladeinfrastruktur

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur schritt auch 2020 voran. Vom 1. bis zum 4. Quartal 2020 nahm die Zahl der Ladepunkte um 12 Prozent auf 8.545 zu. Davon befanden sich knapp zwei Drittel in städtischen Gebieten.

Zum Erreichen der europäischen und spanischen Klimaziele sind mehr Elektrofahrzeuge erforderlich. Doch es sind wesentlich mehr Auflademöglichkeiten erforderlich, betonen Branchenvertreter. Die Verbände des Automobilsektors sehen als gravierendes Hindernis für den Ausbau unterschiedliche Regeln auf den verschiedenen Verwaltungsebenen des Landes.

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