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Marktchancen
Kasachstans Agrarstrategie zielt auf steigende Exporte landwirtschaftlicher Güter und auf mehr Versorgungssicherheit ab. Die Nachfrage nach ausländischen Zulieferungen nimmt zu.
05.05.2021
Von Jan Triebel | Almaty
Ausbau der Getreideexporte geplant
Die Stärkung des Exportpotenzials gilt aktuell als eines der wichtigsten agrarpolitischen Ziele. Kasachstan möchte seine Agrarausfuhren mittelfristig verdoppeln. Das geht aus einem Entwurf zu einem neuen nationalen sektoralen Aktionsplan für den Zeitraum 2022 bis 2026 hervor, der noch 2021 verabschiedet werden soll. Ausgehend von Daten für 2019, als landwirtschaftliche Erzeugnisse für etwa 2,5 Milliarden US-Dollar (US$) ins Ausland geliefert wurden, liefe das auf 5 Milliarden US$ hinaus.
Dafür soll vor allem das Potenzial bei Getreide noch stärker gehoben werden. Getreide steuerte 2019 rund 70 Prozent zu den agrarischen Exporterlösen bei; allein Weizen wurde für rund 1 Milliarde US$ ausgeführt. Das Produktportfolio für einen höheren Auslandsabsatz soll zukünftig durch weitere Feldkulturen und Erzeugnisse der Tierproduktion erweitert werden.
Parallel steht eine Erhöhung der Versorgungssicherheit durch mehr Importsubstitution zur Debatte. Für Grundnahrungsmittel soll die Eigenversorgungsrate 2026 bei durchschnittlich 80 Prozent liegen. Bei Hühnereiern mit einer Eigenversorgungsrate von 78 Prozent ist dieses Ziel bereits in Sichtweite. Bei Milch (Stand 2020: 73 Prozent), Geflügelfleisch (58 Prozent) und sonstigem Fleisch (56 Prozent) gibt es noch einiges zu tun.
Cluster sollen zukünftig wichtige Rolle spielen
Für den Ausbau ist vor allem ein höheres Maß an Effizienz nötig, wofür vor allem auf spezialisierte Agrarcluster gesetzt wird. Einer der ersten integrierten Verarbeitungskomplexe für Getreide entsteht derzeit im Gebiet Nordkasachstan. Investor ist das Unternehmen BioOperations, das zusätzlich zu Fertigungslinien für Mehl, Stärke und Futtermittel demnächst in die Produktion von Bioethanol aus Getreide einsteigen will.
Cluster für Pflanzenöl sind in Akmola und Ostkasachstan vorgesehen. In den Gebieten Almaty und Turkestan bestehen gute Bedingungen für Gartenbau-Cluster mit dem Schwerpunkt Äpfel. Landesweit sollen neue Apfelplantagen auf insgesamt 1.800 Hektar Fläche entstehen.
Als potenzieller Standort eines Zucker-Clusters gilt das Gebiet Schambyl. Zur Vorbereitung des Zuckerrübenanbaus müssen zunächst aber großflächige Beregnungsanlagen installiert werden. Im Jahr 2020 wurden landesweit etwa 2,2 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Flächen künstlich beregnet; 2030 sollen es etwa 3 Millionen Hektar sein.
In der Tierproduktion sind elf neue Komplexe zur Geflügelaufzucht und -verarbeitung mit Kapazitäten von rund 190.000 Tonnen Fleisch vorgesehen. Zur Haltung von Milchkühen sollen des Weiteren jährlich 35 neue Betriebe eröffnet werden, womit das Aufkommen an Rohmilch um etwa 100.000 Tonnen pro Jahr wachsen könnte. Die Regierung rechnet im neuen Aktionsplan mit dem Start von jährlich 75 bis 80 neuen Projekten in den Schwerpunktbereichen Getreide, Ölsaaten, Obst, Gemüse, Zucker, Fleisch und Milch.
Ausgewählte Projekte in der Landwirtschaft in Kasachstan (Investitionen in Millionen US-Dollar)
Projekt | Investition | Stand | Projektträger |
---|---|---|---|
Gewächshauskomplex auf 500 ha für Gemüsekulturen (Gebiet Turkestan) | 1.100 | Umsetzung bis 2025 | Agrarholding Ekokultura (Russland) |
Verarbeitungskomplex für Kartoffeln (Gebiet Schambyl) | 145 | Umsetzung bis 2023 | Farm Frites International (Niederlande) |
Ausbau eines Geflügelkomplexes (Gebiet Akmola) | 131 | Umsetzung bis 2025 | |
Milchviehkomplex für 250.000 l/Tag (Gebiet Almaty) | 120 | Umsetzung ab Mitte 2021 | Investor aus dem Vereinigten Königreich |
Zucht- und Verarbeitungskomplex für 32.000 Schweine (Gebiet Akmola) | 22 | Umsetzung bis 2022 | k.A. |
Ausbau eines Geflügelkomplexes (Gebiet Almaty) | k.A. | Umsetzung bis 2028 |
Gute Aussichten für Importnachfrage bei Ausrüstungen
Die Umsetzung der Projektpläne dürfte bei Landmaschinen sowie sonstigen Ausrüstungen und Vorleistungen für die Pflanzen- und Tierproduktion für weitere Nachfrageimpulse sorgen. Bei den Importen waren bereits zuletzt deutliche Zuwächse zu beobachten. So wurde 2019 Landtechnik im Wert von etwa 510 Millionen US$ eingeführt, gut ein Viertel mehr als im Vorjahr. Auch die Einfuhren von Düngemitteln (133 Millionen US$; +40 Prozent), Rindern zu Zuchtzwecken (74 Millionen US$; +85 Prozent) oder Saatgut (19 Millionen US$; +18 Prozent) legten zu.
Umfangreiche staatliche Förderung für Landwirte
Bei der Realisierung ihrer Vorhaben können die kasachischen Landwirte auf ein recht breit gefächertes Förderinstrumentarium der öffentlichen Hand zurückgreifen. Dieses reicht von zinsgünstigen Krediten zur Finanzierung des laufenden Geschäfts über vergünstigte Konditionen für das Leasing von Maschinen und Ausrüstungen sowie Subventionszahlungen beim Erwerb wichtiger Vorprodukte bis hin zu direkten Investitionszuschüssen.
So können Initiatoren neuer, perspektivreicher Agrarprojekte mit Investitionszuschüssen von bis zu 25 Prozent der Kosten rechnen. Bis zu 50 Prozent übernimmt der Staat beim Bau von Bewässerungssystemen. Außerdem wird der Erwerb von Landtechnik mit 25 bis 35 Prozent subventioniert, bestimmte Technik wie Erntemaschinen für Rüben und Futtermittel sogar mit bis zu 50 Prozent. Farmen für Milchkühe oder -ziegen können für die Beschaffung ihrer Ausrüstungen staatliche Hilfe in Höhe von bis zu 40 Prozent der Kosten beanspruchen. Darüber hinaus winken nennenswerte Subventionen für Dünge- und Pflanzenschutzmittel oder den Einkauf von hochqualitativem Saatgut und Setzlingen. Landwirte können außerdem Dieselkraftstoff zu ermäßigten Preisen erwerben.
Zahlreiche Förderaktivitäten sind seit Mitte März 2021 unter dem Dach der staatlichen Holding Baiterek angesiedelt: Agrocredit (Schwerpunkt: zinsgünstige Kredite), KazAgroFinance (Leasing) und der Fonds für finanzielle Unterstützung der Landwirtschaft (Mikrokredite, Kreditgarantien, Versicherung).
Interessante Ansatzpunkte für ausländische Akteure zur Bearbeitung des kasachischen Marktes bieten nicht zuletzt Förderprogramme internationaler Geberorganisationen, deren Umsetzung mit zahlreichen öffentlichen Ausschreibungen einhergehen. So verfolgt die Weltbank aktuell etwa Projekte im Bereich Tierproduktion sowie zur Be- und Entwässerung und die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) Vorhaben zur Finanzierung in der Viehwirtschaft und Etablierung einer Börse für Agrargüter.
Digitalisierung gewinnt an Bedeutung
Die Anwendung digitaler Lösungen befindet sich in der kasachischen Landwirtschaft noch im Frühstadium. Erste Effekte des Rückgriffs auf Lösungen des Smart Farming sind aber bereits zu verzeichnen: Das Landwirtschaftsministerium beziffert die erzielten Effekte zur Kosteneinsparung in der Tierproduktion auf 15 bis 20 Prozent, in der Pflanzenproduktion lag das durchschnittliche Ertragsplus bei 10 Prozent.