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Branchen | Kanada | Automobilsektor

Marktchancen Automobil- und Kfz-Teile-Produktion

Die Produktion von klassischen Verbrennern sinkt und OEM in Kanada rüsten zunehmend auf Elektrofahrzeuge um. Autonomes Fahren und Connected-Car-Technologien sind die Zukunft.

Von Daniel Lenkeit | Toronto

Kanadas Kfz-Produktion sackt ab

Insgesamt sinkt die Kfz-Produktion in Kanada seit 2016 kontinuierlich, und sie erreichte 2021 einen neuen Tiefpunkt. Liefen in Ontario 2004 noch 2,7 Millionen leichte Nutzfahrzeuge vom Band, sind es heute nur noch 1,1 Millionen. Der Output der Industrie wurde in den letzten zwei Coronajahren fast halbiert, denn noch 2019 fertigten die fünf großen Autobauer über 1,9 Millionen Fahrzeuge. Die Produktion sollte sich in diesem Jahr wieder erholen, wobei große Sprünge aufgrund der anhaltenden Halbleiterengpässe wohl nicht zu erwarten sind. 

Große Kapazitätszuwächse - trotz Aufbau neuer E-Auto Fertigungen einiger Hersteller - sind für die kommenden Jahre nicht abzusehen. Dazu besteht Unsicherheit über den künftigen Bedarf an Arbeitskräften in der Branche, sollte die Umstellung von Produktionen auf Elektroautos zügig erfolgen. Deren Fertigung erfordert nicht nur weniger Werkarbeiter, sondern auch deutlich weniger Teile. Viele Zulieferbetriebe, zum Beispiel aus der klassischen Antriebstechnik, müssen zukünftig mit einer fallenden Nachfrage für ihre Produkte rechnen.

Ontario ist nach Angaben des Autonomous Vehicle Innovation Network (AVIN) die einzige Region weltweit mit fünf OEM - Ford, FCA (Stellantis), GM, Honda und Toyota. Die Hauptwerke der "Detroit Drei", General Motors (GM), Stellantis und Ford, liegen in Windsor, Oshawa, Oakville, Ingersoll and Brampton, Ontario. Toyota (Cambridge, Woodstock) und Honda (Alliston) produzieren ebenfalls in Ontario. Alle großen Hersteller haben sich zum Standort bekannt und investieren in Kanada. Dabei steht der Wandel vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb im Fokus. Eine Übersicht der in Kanada produzierten Modelle bietet die Regierungswebseite.

Kanada setzt Fokus auf autonomes Fahren und Connected-Car-Technologien

Ein neues Exzellenzzentrum für Cybersicherheit in selbstfahrenden Autos, angesiedelt in der Universität Windsor, wird das erste seiner Art in Kanada sein. Im "SHIELD Automotive Cybersecurity Centre of Excellence" untersuchen Forscher die Schwachstellen von Hard- und Software in autonomen Fahrzeugen. Sie entwickeln Datenschutz- und Sicherheitsdesigns für vernetzte Fahrzeuge, um unter anderem die Anonymisierung von erhobenen Fahrzeugdaten sicherzustellen. Das Zentrum hat mit dem Kfz-Teile-Verband APMA einen einflussreichen Partner an der Seite, der die Entwicklung neuer Sicherheitsstandards mitgestalten will. So, hofft APMA, werden auch Produktionsmandate für neue Technologien im Bereich Connected Car in Kanada bleiben.

Der Branchenverband APMA ist sich sicher, dass die Connected-Car-Technologie ist für den Standort der richtige Weg ist. Verkehrstelematik, umweltbezogene Daten, Konnektivität und fortgeschrittene Fahrassistenzsysteme seien die Zukunft für Kanada. Vor allem das ausgeprägte Tech-Umfeld inklusive des staatlich geförderten Advanced-Manufacturing-Clusters in Ontario sowie des Toronto-Waterloo-Hubs für künstliche Intelligenz bilden einen guten Rahmen für Entwicklungen im Feld autonomes Fahren und Connected-Car-Technologien.

Unternehmen aus der Kfz-Teile-Industrie bauen ebenfalls auf autonomes Fahren und Connected-Car-Technologien. Diese Anwendungen werden unabhängig vom Antrieb des Autos die Zukunft bilden und im nordamerikanischen Markt gebraucht. Don Walker, ehemaliger CEO des kanadischen Automobilzulieferers Magna International, sieht das Wachstum der nächsten Jahre klar in den SAE-Autonomiestufen 2 und 3. Da sei das Geld zu verdienen. Der Aufpreis sei nicht hoch und die Konsumenten wollten die Technik.

Magna konzentriert sich in dem Bereich unter anderem auf Kameratechnik und die dazugehörige Steuerungssoftware sowie auf optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessung ("Lidar" oder "Ladar"). Allerdings sei die ausgereifte Abstandstechnik erst in den Level 4 und 5 wichtig, glaubt Magna. Und diese Fahrzeugautonomie dürfte selbst in zehn Jahren von nur 30 Prozent der Autos auf den Straßen genutzt werden. Im Feld autonomes Fahren ist in Kanada auch eine wachsende Start-up-Szene zu beobachten und Unternehmen wie LeddarTech, Algolux oder GeoDigital zogen bereits Investitionskapital an. 

Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Kanada (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)

2020

Veränderung 2020/19

aus Deutschland 2020

SITC 778.3 Kfz-Elektrik

1.570,5

-26,1

18,1

SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

14.474,6

-27,6

365,2

SITC 773.13 Zündkabelsätze

1,158,7

-27,2

3,9

SITC 713.2 Motoren

3,859,5

-19,6

6,4

Summe

21.063,3

-26,1

393,5

Quelle: UN-Comtrade Database, 2022

Investitionen amerikanischer OEM in Kanada angekündigt 

Die kanadische Gewerkschaft Unifor, welche über 23.000 Arbeitnehmer in der Kfz-Fertigung und 16.000 aus der Kfz-Teile-Industrie vertritt, hat 2020 mit Ford, GM und Fiat Chrysler (heute Stellantis) Zusagen über Investitionen in die kanadische Automobilindustrie von etwa 4,5 Milliarden US$ ausgehandelt. GM kündigte an etwa, 1 Milliarde US$ in sein Werk CAMI in Ingersoll zu investieren und dieses für die Produktion von elektrisch angetriebenen gewerblichen Kleinbussen umzurüsten.

FCA (heute Stellantis) sagte Ende 2020 Investitionen von 1,1 Milliarden US$ für den Aufbau einer E-Auto-Fertigung in seinem Werk in Windsor, Ontario zu. Neben 2.000 neuen Jobs soll das Werk so umgerüstet werden, dass die Produktion von Hybridelektrofahrzeugen und Elektroautos mit mindestens einem neuen Modell 2025 realisiert wird.

Auch das Stellantis-Werk in Brampton, Ontario würde nach dem Plan etwa 40 Millionen US$ an Investitionen erhalten. Dies soll die Produktion von zusätzlichen Modellen in Brampton neben den dort aktuell gefertigten Chrysler 300, Dodge Charger und Challenger ermöglichen, die auf älteren Plattformen laufen.

Ford kündigte ebenso Investitionen von 1,4 Milliarden US$ in den Umbau seiner Fabrik in Oakville an und will diese für die Herstellung von Elektrofahrzeugen ab 2024 umrüsten. Fast ein Drittel der Summe sind staatliche Förderungen von Bund und der Provinz Ontario, um dem US-Autobauer die Produktion weiterer Elektrofahrzeuge in Kanada zu versüßen. 

Toyota wird nach begonnenen Modernisierungen seines Werks in Cambridge ab 2022 dort die Lexus NX und Lexus NX Hybrid Modelle für den nordamerikanischen Markt fertigen. Dies wird die erste Produktion der NX-Reihe außerhalb Japans werden.


Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in Kanada (Auswahl; Investitionssumme in Milliarden US-Dollar*)

Vorhaben

Investitionssumme

Projektstand

Anmerkungen

APMA/"Project Arrow"

k.A. 

Phase 3: technische Fertigung

Bau eines emissionsfreien kanadischen Konzeptautos vom Verband der kanadischen Automobilzulieferer (APMA) koordiniert

Ford/Erneuerung und Umrüstung der Anlage in Oakville, Ontario

1,4

Angekündigt/ Fertigstellung 2025

Umrüstung des Werks auf Batterie-Elektrofahrzeugproduktion. 227 Mio. US$ vom kanadischen Staat und 227 Mio. US$ von der Provinz Ontario. 

Stellantis (FCA)/ Erneuerung und Umrüstung der Anlage in Oakville und Windsor, Ontario

1,2

Angekündigt/ Fertigstellung 2025

Umrüstung des Werks auf Batterie-Elektrofahrzeugproduktion.

General Motors/ Erneuerung und Umrüstung der Anlage in Ingersoll, Ontario

0,8

Angekündigt / Bauphase

Investition in Anlage zur Herstellung von elektrischen Nutzfahrzeugen (BrightDrop). 

*) Jahresdurchschnittskurs 2021: 1 US$ = 1,254 CADQuelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen

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