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Markttrends

Der schwedische Maschinenbau spürt die Belebung nach der Krise und könnte bereits 2021 aufs Vorkrisenniveau zurückkehren. Entscheidend dabei sind nachhaltige Innovationen.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Dank der liberalen Coronapolitik der Regierung konnte der schwedische Maschinenbau auch 2020 weitgehend ungestört produzieren. Der globalen Nachfragefluktuation geschuldet, ging das Produktionsvolumen jedoch im hohen einstelligen Prozentbereich zurück. Die rekordverdächtige Kapazitätsauslastung von 95 Prozent im Frühherbst 2019 bleibt weiterhin unerreicht, Anfang 2021 wurde aber zumindest die 90-Prozent-Schwelle genommen. Der vom schwedischen Statistikamt SCB erhobene Produktionsindex erholt sich zunehmend. In den ersten fünf Monaten 2021 lag er zwar noch 3,5 Prozent unter dem 2019er Niveau. Dafür aber 12,5 Prozent über dem Vorjahreswert.

Der als Konjunkturfrühindikator fungierende Einkaufsmanagerindex (Purchasing Manager Index; PMI) der Swedbank erreichte im Mai 2021 den vierthöchsten Wert seit dem Beginn der Erhebungen. Im Juni gab er nur leicht nach, vor allem wegen etwas weniger optimistischer Aussichten bezüglich Produktion und Auftragseingang.

Maschinenproduktion trotz Zulieferengpass auf Wachstumskurs 

Gleichzeitig reduzierten sich die Wartezeiten der Zulieferer. Wegen des hohen globalen Nachfragedrucks, der zunehmenden Verknappung von Vorleistungen und Unterbrechungen der Versorgungsströme bleiben sie aber laut der Swedbank-Experten weiterhin auf einem Rekordniveau. Dies bestätigt auch der Branchenverband Teknikföretagen. Neben dem Chipmangel führe der unzureichende Containernachschub zu längeren Lieferzeiten bei Kunststoffen, Gummi, Pappe, Metall oder Lacken. Und weil die gleichen Probleme auch Zulieferern zusetzen, verschieben sich die Termine noch weiter. „Aber der Maschinenbau ist nicht annähernd so stark betroffen wie andere Bereiche, beispielsweise Kfz“, unterstreicht Bengt Lindqvist, Wirtschaftsexperte des Verbandes. Trotz dessen: „Für den schwedischen Maschinenbau wird in 2021 eine Volumensteigerung von zehn Prozent erwartet“, sagt Lindqvist.

Laut seinem Kollegen und Chefvolkswirten des Verbandes, Mats Kinnwall, wird die Technologiebranche noch besser abschneiden. So seien 2021 insgesamt 12 Prozent Produktionszuwachs und 2022 noch 5 Prozent realistisch. Impulse kommen nicht nur seitens der Exportnachfrage, sondern auch vom Binnenmarkt. Die im Konjunkturbarometer im Mai 2021 befragten Verbandsmitglieder sprachen von einer deutlichen Verbesserung der Auftragslage. Besonders florierend sei die Nachfrage aus der verarbeitenden Industrie, dem Bergbau, der Gewinnung von Steinen und Erden sowie der Bauwirtschaft. „Auch in den Bereichen Förder-, Kälte- und Lüftungstechnik ziehen die Aufträge nach einem schwachen Start ins Jahr 2021 wieder kräftig an. Ferner bleibt die Nachfrage nach mechanischer Energie wie Pumpen, Lagern und Hydraulik höher als normal“, geht aus den Ergebnissen hervor. Die Zulieferer des Maschinenbaus sehen ebenfalls eine Erholung, auch wenn sie nicht ganz so stark zu sein scheint, wie bei den Endherstellern.

Insgesamt sehen die Verbandsexperten aber Anzeichen, dass schwedische Unternehmen wieder an neue Investitionen denken. Auch die Europäische Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2021 von einem Zuwachs der schwedischen Ausrüstungsinvestitionen um knapp 6 Prozent in diesem Jahr und um 5 Prozent in 2022 aus. Im Jahr 2020 fielen sie um knapp 6,5 Prozent. Laut der im Februar durchgeführten Investitionsumfrage von SCB wollen einige Sektoren ihre entsprechenden Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr im zweistellige Prozentbereich steigern. Dazu zählen: Flug- und Bahntransport, Druckereien, Papier- und Pappeproduzenten, Metall- und Mineralienverarbeiter, das Lagerwesen, Energieerzeuger sowie Abwasserwerke.

Innovativ und umweltfreundlich in die Zukunft

Um für die zukünftigen Kundenwünsche gerüstet zu sein setzen schwedische Industrieausstatter vor allem auf Innovation und Nachhaltigkeit. Schwedische Unternehmen haben trotz Pandemie auch 2020 ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) um 1,4 Prozent gesteigert. Damit trugen sie über 70 Prozent der knapp 16,7 Milliarden Euro, die das Land in FuE investiert hat, bei. Zumeist mit Risikoaufteilung auf mehrere, auch internationale Partner. ABB ging eine Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Start-up Covariant ein um Lösungen auf Basis künstlicher Intelligenz voranzutreiben. Den Anfang macht ein vollautomatischer Lagerroboter zur Bestellungsversendung.

Mit dem Förderprogramm Produktion2030 unterstützt auch die Regierung die Entwicklung neuer Produktionsmethoden und -prozesse. Automatisierung, Effizienz, künstliche Intelligenz, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit stehen dabei ganz oben auf der Prioritätsliste. Diese liegen auch zu Grunde des HYBRIT-Projektes von Stahlförderer LKAB, Metallverarbeiter SSAB sowie Energieunternehmen Vattenfall. Ende Juni ist es ihnen gelungen, in ihrer Pilotanlage für eine umweltneutrale Stahlproduktion, den ersten mit grünem Wasserstoff reduzierten Eisenschwamm herzustellen. „Die Fortschritte bei HYBRIT ermöglichen es uns, das Tempo bei der Umstellung beizubehalten. Bereits 2026 werden wir in der ersten Demonstrationsanlage in Gällivare mit der Umstellung auf eine Produktion im industriellen Maßstab beginnen“, erklärte LKAB-Präsident Jan Moström.

Die Nachhaltigkeit soll nicht nur auf Weltmärkten den teilweise höheren Preis ihrer Lösungen begründen. Vor allem im Hinblick auf den Binnenmarkt und die Initiative Fossilfreies Schweden ist sie unumgänglich. Mittlerweile haben über 20 wichtige Abnehmerbranchen ihre Roadmaps (Kurzüberblick auf Englisch) für das Erreichen der Umweltneutralität zu Papier gebracht. Manche, wie der Bergbau oder Konsumgüterhersteller wollen bereits 2035 soweit sein. Die Landwirtschaft plant sogar das Ziel binnen zehn Jahren zu erreichen. Die geplanten Maßnahmen dürften in den kommenden Jahren die Nachfrage nach Produktionsanlagen für Biokraftstoffe, Wind- und Solaranlagen, Lösungen für die Kreislaufwirtschaft und die Abwärmerückgewinnung, energieeffiziente Produktionsanlagen, Anlagen für Kohlenstoffdioxidabscheidung und -Speicherung sowie Wasserstoffproduktion ankurbeln.

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