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Branchen | Frankreich | Chemische Industrie

Markttrends

Ein schwieriges Wirtschaftsumfeld und Kostensteigerungen führen in der energieintensiven Industrie zu Unruhe. Für 2023 hoffen Branchenunternehmen auf Besserung.

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

Frankreichs chemische Industrie ist im Jahr 2022 widerstandsfähig geblieben. Die Sektoren Pflanzenschutz- und Düngemittel sowie die wichtige Seifen-, Wasch- und Körperpflegemittelchemie entwickelten sich gut. Der Bereich der Basischemie aber leidet unter den starken Preissteigerungen bei Energie und Vorprodukten. Zwar meldeten einzelne Unternehmen wie Air Liquide oder Arkema für 2022 eine gute Geschäftsentwicklung mit teils zweistelligen Gewinnsteigerungen. Allerdings beruhte dieser Geschäftserfolg nicht zuletzt auf guten Konzernresultaten in Asien und den Vereinigten Staaten. 

Der französische Marktanalyst Xerfi geht für das zurückliegende Jahr 2022 von einem Wachstum der chemischen Industrie von 0,6 Prozent aus. Für 2023 prognostiziert Xerfi hingegen ein Branchenwachstum von 2,3 Prozent.  

Steigende Umsätze bei rückläufiger Produktion

Die Umsätze lagen 2022 mit einem Plus von 15 Prozent deutlich über dem Niveau von 2021. Auch stiegen die Exporte gegenüber 2021 um nominal 18 Prozent auf 78 Milliarden Euro. Allerdings zogen auch die Einfuhren chemischer Produkte massiv an. Sie erreichten 66 Milliarden Euro, eine Steigerung von rund 37 Prozent.

Die Zuwächse bei Umsatz und Export beruhen zu weiten Teilen auf der Weitergabe von gestiegenen Kosten. Die Produktion selbst geht zurück. France Chimie meldet für die ersten drei Quartale 2022 Produktionseinbußen in Höhe von 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Produktion der ersten drei Quartale lag damit 5,5 Prozent unter dem Durchschnittsniveau von 2019. Im 4. Quartal 2022 sank die Produktion des Gesamtsektors Chemie laut dem Statistikamt INSEE im Verhältnis zum Vorjahreszeitraum um 8 Prozent. Unternehmen können ihre vorhandenen Produktionskapazitäten nicht auslasten. Vor allem die Basischemie ist betroffen, hier lag die Auslastung im Januar 2023 bei lediglich 66 Prozent der Kapazität. 

Das Geschäftsklima verschlechtert sich laut Statistikamt INSEE seit Februar 2022. Zum Jahresende 2022 lag der Geschäftsklimaindex mit 86 Punkten weit im negativen Bereich und unterbot selbst das schlechte Niveau des Pandemiewinters 2020/21. Allerdings zeichnete sich im Januar 2023 erstmals wieder eine leichte Erholung ab. 

Insbesondere steigende Kosten für Energie und Vorprodukte machen der energieintensiven Branche zu schaffen. Unternehmen beklagen, angesichts anhaltend hoher Kosten an Konkurrenzfähigkeit gegenüber asiatischen und nordamerikanischen Wettbewerbern zu verlieren. Im Januar 2023 lagen die Produktionskosten laut INSEE um 36 Prozent über dem langjährigen Mittel. Branchenunternehmen versuchen durch Energieeinsparungen ihre Kosten im Griff zu halten. Zudem sollen Investitionen in eine klimafreundliche Produktion ihre Marktposition stärken.

Auch eine verhaltene Nachfrage bereitete den Unternehmen zu Beginn des Jahres 2023 Sorge. Laut Banque de France lag die Auftragsauslastung im Februar 2023 knapp 28 Punkte unter dem langjährigen Mittel. Nur zu Beginn der Coronapandemie im März 2020 und im April 2009 war die Auftragslage noch schlechter. 

2023 verspricht leichten Aufschwung

Für 2023 erwartet der französische Marktanalyst Xerfi eine Steigerung von 2,3 Prozent gegenüber 2022. Aufgrund der erwarteten Stabilisierung bei Energiepreisen und angesichts fallender Transportgebühren sinken die Produktionskosten. Auch verringern sich die Probleme bei der Zulieferung von Vorprodukten. Dies dürfte nicht nur weitere Preissteigerungen dämpfen, sondern auch bei wichtigen Abnehmerbranchen wie der Automobilindustrie die Nachfrage nach chemischen Produkten wieder anschieben.

Die Regierung unterstützt energieintensive Chemieunternehmen und führt die zu Beginn des Jahres 2022 eingeführte Teilfinanzierung von Energiekosten im Jahr 2023 fort. Ziel ist, die Konkurrenzfähigkeit französischer Branchenunternehmen gegenüber außereuropäischen Produzenten zu erhalten. 

Zudem strebt die Regierung eine Relokalisierung der chemischen Produktion an und will Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten chemischer Unternehmen stärken. Auch die Start-up-Förderung sowie die Unterstützung innovativer kleiner und mittlerer Unternehmen steht auf der Prioritätenliste der Regierung weit oben. Die öffentliche Investitionsbank BPI liefert zielgenaue Finanzierungsmöglichkeiten. 

Chemiesektor investiert in die Dekarbonisierung 

Trotz der bestehenden Unsicherheiten haben gerade die großen Branchenunternehmen ihre Investitionsprojekte bisher nicht infrage gestellt. Für innovative Technologieprojekte stehen umfangreiche Finanzmittel im Rahmen des Hilfsprogramms France 2030 zur Verfügung. So stellt France 2030 Gelder unter anderem für die Digitalisierung von Industrieprozessen sowie für Ansiedlungs- und Forschungsprojekte bereit. 

Auch die Dekarbonisierung in der Industrie ist wesentliches Förderziel von France 2030. Der Sektor hatte 2021 mit der Regierung einen Plan vereinbart, der bis 2030 eine Rückführung der Treibhausgasemissionen um 26 Prozent gegenüber 2015 vorsieht. Die Chemieindustrie erzeugt rund ein Viertel der Klimagase der gesamten französischen Industrie und steht damit im Fokus von Dekarbonisierungsoffensiven.

Für kleine und mittlere Unternehmen hat die Regierung mit Decarb Flash im Juli 2022 ein Programm aufgelegt, das ihnen helfen soll, die Abhängigkeit von Erdgas zu verringern und die Dekarbonisierung der Produktion voranzutreiben. Das jeweilige Projektvolumen ist auf 3 Millionen Euro begrenzt.  

Unternehmen investieren - auch getrieben durch die Energiekrise - branchenübergreifend in eine klima- und energiefreundlichere Produktion. Arkema, einer der Chemieriesen des Landes, hat im Juli 2022 angekündigt, bis 2030 bis zu 400 Millionen Euro in Klimatechnologie zu investieren. Der belgische Chemiekonzern Solvay plant, seine Natriumkarbonatproduktion in Dombasle in Kooperation mit Veolia auf Ersatzbrennstoffe umzustellen.

Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Frankreich (Investitionssumme in Millionen Euro)

Akteur/Projekt

Investitionssumme

Projektstand

Anmerkungen

Eastman/Anlage für Kunststoffrecycling  in Saint-Jean-de-Folleville (Normandie)

875

Vorabstimmungsverfahren läuft

Inbetriebnahme Ende 2025 geplant

Total/Umrüstung Raffinerie in Grandpuits für Produktion von Biotreibstoffen

500

Projekt im September 2020 vorgestellt

Inbetriebnahme 2024 geplant

Loop Industries (Kanada), SK Geo Centric (Korea), Suez (Frankreich)/ Chemische Recyclinganlage für PET in Carling-Saint-Avold (Moselle): Kapazität 70.000 t pro Jahr

450

Projektankündigung Januar 2023

Baubeginn 2025, Inbetriebnahme 2027 geplant

Arkema, Umstellung auf klimafreundliche Produktion, Absenkung Klimagasausstoß um 46 % gegenüber 2019

400

Projekt im Juli 2022 vorgestellt

Fortlaufend bis 2030

BASF/Produktionsanlage für Hexamethylendiamin (HMD) in Chalampé

300

Projekt im Januar 2022 vorgestellt

Inbetriebnahme 2024 geplant

Solvay/Produktionsanlage für Polyvinylidenfluorid (PVDF) in Tavaux

300

Projekt im Januar 2022 vorgestellt

Inbetriebnahme Ende 2023

Chemours/ Produktion von Ionomeren und Membranen für die Wasserstoffproduktion in Viller-Saint-Paul (Oise) 

186

Projektankündigung Januar 2023

Inbetriebnahme  2025 geplant

SNF Floerger/Fabrik für Polyacrylamid in Dunkerque

160

Baubeginn Juni 2021

Inbetriebnahme Ende 2023 geplant

Kem One/Umrüstung Elektrolyse in Fos-sur-Mer von Diaphragma- zu Membranverfahren

100

Baubeginn Anfang 2023

Inbetriebnahmen 2024; Durchführung durch CAC (Chemnitz)

Domo Chemicals/Installation einer grünen Wasserstoffproduktion in Saint-Fons (Rhône)

100

Fertigstellung 2027

Durchführung durch Hynamics (Tochter EDF)

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Stand: Februar 2023

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