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Markttrends

Mehrere Förderpakete treiben den Ausbau der Elektromobilität in den USA deutlich voran, vor allem die E-Auto-Förderung im Rahmen des milliardenschweren Klimapakets von August 2022.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Chipkrise belastet die Autoindustrie weiterhin

Das Jahr 2022 war von knappen Lagerbeständen bei Neufahrzeugen und einer hartnäckig hohen Inflation geprägt, die die Preise nach oben drückte. Dazu kamen hohe Kreditzinsen. 

Zwar hat sich der Mangel an elektronischen Bauelementen, insbesondere Computerchips mit kleinen Strukturgrößen, in einigen Bereichen in den letzten Monaten wieder entschärft. Nicht so in der Automobilbranche, die vor allem Chips in Knotengrößen von mehr als 90 Nanometern benötigt. Denn die meisten der bis 2025 angekündigten Investitionen in neue Chipfabriken betreffen Knotengrößen von 7 Nanometer oder weniger. Die Nachfrage nach solchen Bauteilen in der Branche ist hoch, da pro Fahrzeug immer mehr Chips verbaut werden. Das gilt besonders für Elektroautos mit fortschrittlichen Assistenzsystemen und autonomen Fahrzeugtechnologien, die zunehmend Sensorik erfordern.

Und den Ausbau der Elektromobilität treiben die USA unter Präsident Joe Biden massiv voran. Deshalb setzen auch die Autohersteller dort mehr und mehr auf E-Mobilität. Bis 2030 will VW mehr als 25 neue E-Modelle auf den US-Markt bringen. Es ist zu erwarten, dass im VW-Werk in Tennessee neben dem ID.4 künftig auch noch andere Konzernmodelle wie der Audi Q4 e-tron oder der VW ID. Buzz gefertigt werden. BMW investiert rund 1 Milliarde US-Dollar (US$) in die Umrüstung seines Werks in South Carolina auf Elektroautos und 0,7 Milliarden US$ in ein Montagezentrum für Batterien. Auch Mercedes-Benz hat sich für eine lokale Fertigung seines Crossovers EQS nebst Batterieproduktion entschieden.

Die großen US-Autobauer mobilisieren ebenfalls hohe Summen für neue Elektromodelle. General Motors (GM) kündigte Anfang Februar 2023 aber auch eine gewaltige Investition in die Entwicklung von V8-Verbrennungsmotoren an.

Ladesäulennetz wächst, aber noch nicht so stark wie nötig

Joe Biden will bis 2030 landesweit eine halbe Million neue öffentliche Ladestationen errichten - etwa zehn Mal so viele wie es derzeit gibt. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Im Infrastrukturpaket von November 2021 sind dafür 7,5 Milliarden US$ vorgesehen. Ein Großteil davon geht an die US-Bundesstaaten, um vor allem in ländlichen Regionen entlang der Interstate Highways Schnelllader aufzubauen.

Laut dem Weißen Haus (Stand: Jahresmitte 2022) hat der Privatsektor mehr als 700 Millionen US$ Investitionen für den Ausbau von Ladenetzen zugesagt. Ein Großteil davon entfällt auf das von VW gegründete Ladesäulennetzwerk Electrify America, in das Siemens im Juni 2022 als erster externer Investor eingestiegen ist. Auch Ford setzt bei der Erweiterung öffentlicher Ladepunkte auf das Netz von Electrify America.

Im August 2022 verkündete die VW-Tochter, gut 200 öffentliche HPC-Säulen (Hochleistungslader) an über 25 Ikea-Filialen in 18 US-Bundesstaaten errichten zu wollen. Electrify America soll bis 2026 in den USA und Kanada auf 10.000 Schnelllader und 1.800 Standorte ausgebaut werden. Bis Ende 2022 bot es in den USA gut 3.400 Schnelllader an knapp 800 Stationen an. 

Auf der Technikleitmesse Consumer Electronics Show im Januar 2023 offenbarte auch Mercedes-Benz seine Pläne für ein neues, weltweites Netz von Hochleistungs-Schnellladestationen. Allein in den USA und Kanada plant der deutsche Traditionsautobauer mehr als 400 Stationen mit über 2.500 Schnellladesäulen.

Das im November 2021 beschlossene Infrastrukturpaket sieht auch rund 3 Milliarden US$ Fördermittel für den Aufbau einer nationalen Batterielieferkette vor. So entsteht in den USA derzeit eine Gigafactory nach der anderen.

Auslandsanbieter werden durch Kaufanreize für E-Autos benachteiligt

Den nächsten, vermutlich noch kräftigeren Schub erhielt die E-Mobilität mit dem Inflation Reduction Act of 2022 (IRA), der Mittel in dreistelliger Milliardenhöhe für den Klimaschutz vorsieht. Gleich nach seiner Verabschiedung im August 2022 haben GM und Ford Motor neue Projekte angekündigt.

Allerdings benachteiligen die USA ausländische Anbieter bei E-Autos. Zwar wurde im Rahmen des IRA eine Steuergutschrift in Höhe von bis zu 7.500 US$ für den Kauf von Elektrofahrzeugen in den USA eingeführt. Die Vorteile gelten für Lieferwagen, Sport Utility Vehicle oder Pick-ups mit einem Verkaufspreis von maximal 80.000 US$, für andere Fahrzeugtypen liegt die Obergrenze bei 55.000 US$. Um in den Genuss dieser staatlichen Hilfen zu kommen, muss aber ein Anteil der Batteriemineralien in den USA oder einem Freihandelspartnerland abgebaut, verarbeitet oder recycelt worden sein. Der geforderte Anteil steigt von zunächst 40 Prozent schrittweise auf 80 Prozent zum Jahresende 2026 an. Ferner muss die Endmontage der Autos in den Vereinigten Staaten oder in einem Land erfolgen, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen haben.

Die Marktbarrieren für ausländische Autohersteller haben zu Verstimmungen zwischen Brüssel und Washington geführt. Die US-Regierung will den Europäern daher mit einer Leasing-Lösung für elektrische Fahrzeuge entgegenkommen.

Vollautomatisiertes Fahren ist wieder in weitere Ferne gerückt, als VW und Ford Ende Oktober 2022 das Aus ihres gemeinsamen Robotaxi-Start-ups Argo AI besiegelten. Die Entscheidung offenbarte Zweifel daran, dass das Jungunternehmen rasche Erfolge erzielen kann, und wirkte sich auf die ganze Branche aus. Die Nachfrage nach automatisierten Fahrerassistenzsystemen ist aber weiterhin sehr stark.

(Stand Februar 2023)

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