Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | Vietnam | Medizintechnik

Medizintechnikmarkt hofft 2022 auf Wiederbelebung

Noch ist Vietnams Gesundheitssektor auf die Bewältigung der Coronakrise fokussiert. Ab Mitte 2022 aber dürften die Investitionen wieder anziehen. Deutsche Technik ist gefragt. 

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Hanoi

  • Marktentwicklungen und -trends

    Vietnams Medizintechnikmarkt entwickelt sich pandemiebedingt gedämpft. Gesundheitseinrichtungen aber müssen landesweit dringend ausgebaut werden.  

    Der Medizintechnikmarkt in Vietnam ist grundsätzlich auf Wachstumskurs, wenn auch aufgrund der Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 dringend erforderliche Investitionen aufgeschoben werden mussten. Das Marktforschungsinstitut Fitch Solutions prognostiziert bis 2025 ein durchschnittliches Wachstum des Medizintechnikmarktes von knapp 11 Prozent pro Jahr und schätzt, dass die Marktumsätze von 1,5 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2020 auf 2,6 Milliarden US$ 2025 steigen werden. 

    Die Bevölkerung wächst und gerade die Zahl älterer Menschen steigt. Chronische und altersbedingte Krankheiten, wie die des Bewegungsapparates oder Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, nehmen zu. Die Bereitschaft der Patienten, für eine gute medizinische Versorgung Zuzahlungen zu leisten, ist in Vietnam deutlich ausgeprägt und erhöht den Anreiz für den Ankauf modernen Equipments. 

    Vor allem die Zentralkrankenhäuser in Hanoi und Ho Chi Minh City sind völlig überlastet und müssen erweitert werden. Zudem ist die Ausstattung eines Großteils staatlicher Krankenhäuser, insbesondere abseits der städtischen Zentren und renommierten Kliniken, veraltet. Die Regierung muss in den Ausbau der Krankenhausinfrastruktur investieren. Im Zuge der Coronabekämpfung aber ist das staatliche Gesundheitsbudget unter Druck geraten. Aufgrund eingeschränkter Finanzen versucht die Regierung zunehmend private, auch ausländische, Investoren sowie internationale Geber einzubeziehen.

    Um den medizintechnischen Bedarf abdecken zu können, ist Vietnam auf ausländische Importe angewiesen. Laut Fitch Solutions, importierte das Land 2020 knapp 90 Prozent seines Gesamtbedarfs an medizintechnischen Produkten. Insbesondere Apparaturen für bildgebende Verfahren müssen im Ausland eingekauft werden. Deutschland ist hinter den USA und Japan und noch vor China und Korea drittwichtigster Lieferant für Medizintechnik und hielt 2019 einen Importanteil von 12,3 Prozent.

    Bei einfachen Ausstattungen, die in Vietnam selbst hergestellt werden, ist nur wenig Raum für Importe. So schreiben die Vorgaben zur Beschaffung medizintechnischer Erzeugnisse vor, vietnamesische Produkte, die den Qualitätsvorgaben des Gesundheitsministeriums entsprechen, zu bevorzugen.

    Bild vergrößern

    Nachholende Nachfrage lässt ab 2022 auf gute Aussichten hoffen

    Die im Sommer 2021 auch in Vietnam massiv durchgebrochene Pandemie ist nicht spurlos am vietnamesischen Medizintechnikmarkt vorübergegangen. Seit Beginn der Gesundheitskrise, verstärkt seit Mitte 2021, haben Patienten Arztbesuche und vor allem nicht dringend erforderliche, planbare medizinische Eingriffe verschoben. Die Nachfrage nach medizintechnischen Standardprodukten wie Operationsbedarf sackte ab. Die Importe von Medizintechnik brachen in der Periode von April 2020 bis April 2021 im Vergleich zur Vorjahreszeitraum laut Fitch Solutions um nominal 13,6 Prozent ein. 

    Allerdings rechnen Branchenunternehmen nach Überwindung der akuten Gesundheitskrise wieder mit einer rasant nachholenden steigenden Nachfrage an medizinischen Dienstleistungen und der Wiederaufnahme von Investitionen in den Gesundheitssektor. 

    Die Krankenhäuser des Landes müssen angesichts der seit Sommer 2021 auch in Vietnam wütenden Pandemie Covid-spezifische Medizintechnik zukaufen. Verbrauchsmaterialien sowie medizinische Schutzbekleidung werden zwar im Land selbst hergestellt. Bei komplexeren Produkten muss Vietnam jedoch auf internationale Anbieter und Spenden zurückgreifen. Deutschland zählt in Vietnam zu den wichtigsten Gebern von Impfstoffen und medizinischem Equipment wie Beatmungsgeräten und Patientenüberwachungssystemen. 

    Direkte Projektarbeit Voraussetzung für den Verkaufserfolg

    Einkäufe der öffentlichen Träger erfolgen entweder über das staatliche Budget - bei Krankenhäusern in lokaler Trägerschaft über das lokale -, über Entwicklungshilfe (Official Development Assistance, ODA) oder über Entwicklungsbudgets und Reinvestitionen der Kliniken selbst.

    Öffentliche Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser erwerben medizintechnische Geräte im Wege von Ausschreibungen. Gerade bei den öffentlichen, strenger Kontrolle unterliegenden Einrichtungen ist die frühzeitige, direkte und kontinuierliche Projektarbeit grundlegende Voraussetzung, um bei Ausschreibungen Erfolgschancen zu haben.   

    Privatkrankenhäuser gewinnen an Zulauf

    Der Markt für private medizinische Dienstleistungen entwickelt sich gut. Zwar lag 2020 der Bettenanteil von Privatkliniken bei erst knapp sieben Prozent. Allerdings sind private Einrichtungen wie die Hoan My- oder Vinmec-Krankenhäuser in der Bevölkerung stark gefragt. Private Anbieter expandieren. Zudem kaufen sich in- und ausländische Investoren zunehmend in lokale Krankenhausketten ein. So hat sich Ende 2020 ein Konsortium unter der Leitung von GIC Singapur mit 203 Millionen US$ an der Vinmec Gruppe beteiligt. 

    Die Hoang Quan Group will in Kooperation mit Medika Investment Vietnam eine internationale Krankenhauskette mit Niederlassungen zunächst in den südlichen Provinzen in und rund um Ho-Chi-Minh-Stadt (HCMC) etablieren. In der ersten Phase ist der Bau von 12 Krankenhäusern mit internationalen Standards mit einer Gesamtkapazität von 2.500 Betten avisiert. Die geplante Investitionshöhe liegt bei 260 Millionen US$.   

    Die britische Investitionsgesellschaft British Real Capital plant in HCMC den Aufbau des Hong Anh Medical Campus und hat im Februar 2020 ein entsprechendes Memorandum of Understanding unterzeichnet. Bis 2030 sollen im Rahmen dieses 156 Millionen US$-Projektes neben einem 462-Betten-Hospital auch ein Ausbildungszentrum, ambulante Arztpraxen und ein Altenzentrum entstehen. Viele Projekte allerdings stocken pandemiebedingt.

    Deutsche Zulieferungen bei Bau und Ausstattung sind insbesondere dann gefragt, wenn hochwertige, komplexe Technologie angefordert wird. Insbesondere in den Bereichen bildgebende Verfahren stehen deutsche Anbieter oben an. Aber auch Orthopädietechnik genießt hohes Ansehen und wird angesichts einer älter und kränker werdenden Bevölkerung zunehmend nachgefragt.

    Aktuelle Investitionsvorhaben im Gesundheitssektor in Vietnam (Auswahl; Investitionssummen in Millionen US-Dollar)

    Projekt

    Investitionssumme 

    Anmerkung

    Universitätskrankenhaus Hanoi

    178 

    1.000-Betten Allgemeinkrankenhaus, angeschlossen an die Hanoi National University; FDI 

    Hong Anh Medical Campus, Ho Chi Minh City

    156 

    426-Betten-Klinik, Rehabilitationszentrum und Pflegeheim, Ausbau in vier Phasen zwischen 2020 und 2030; Investoren: Hong Anh Healthcare (Vietnam) und Real Capital London (UK)

    Allgemeinkrankenhaus, Provinz Ca Mau

    142,1

    1.200 Betten, Projektvorschlag, Finanzierung durch Staatshaushalt

    Projekt zur Verbesserung der Gesundheitssysteme auf Distrikt- und Gemeindeebene in 13 Provinzen, Vietnam

    125

    Neubau von 132 sowie Ausbau von 325 medizinischen Stationen auf Gemeindeebene, Renovierung von 12 Gesundheitseinrichtungen auf Distriktebene, Finanzierung durch Weltbank

    Universitätskrankenhaus Ho Chi Minh City

    87

    500-Betten-Lehrkrankenhaus, angeschlossen an die Vietnam National University, Ho Chi Minh City; öffentlich-private Partnerschaft (PPP) oder FDI

    Thu Duc General Hospital, Ho Chi Minh City

    84,8

    1.000-Betten-Allgemeinkrankenhaus, Baubeginn November 2021, Fertigstellung 2023, Finanzierung durch Staatshaushalt

    Modernisierung der Frauenklinik Danang 

    66,1

    Projektvorschlag 2021-2025, PPP-Projekt

    Kinderkrankenhaus Danang

    43,5

    Modernisierung und Kapazitätserweiterung, Finanzierung durch Staatshaushalt 

    Modernisierung der Krebskrankenhäuser 1 und 2, Hanoi 

    32,3

    Baustart Juli 2020, Finanzierung durch Staathaushalt

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Exportinitiative Gesundheitswirtschaft

    Zentral- und lokale Krankenhäuser stehen an ihrer Kapazitätsgrenze

    Die seit 2008 bestehende landesweite Krankenversicherung greift für immer mehr Menschen. So erfasste die staatliche Pflichtversicherung nach Aussagen von Vietnam Social Security Ende 2021 knapp 92 Prozent der Bevölkerung. Bis 2025 sollen 95 Prozent aller Einwohner Vietnams Krankenversicherungsschutz genießen. Dies führt dazu, dass mittlerweile weite Teile der Bevölkerung grundlegende medizinische Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Allerdings müssen Patienten trotz Krankenversicherung durchschnittlich 43 Prozent der Behandlungskosten privat tragen. Zudem fallen nicht selten informelle Zahlungen an, um in den überlasteten Krankenhäusern eine angemessene Behandlung zu erhalten. 

    Wer es sich finanziell leisten kann, investiert in private Krankenzusatzversicherungen, um auch kostenintensivere Leistungen sowie Behandlungen in Privateinrichtungen in Anspruch nehmen zu können. 

    Spezialisierte Einrichtungen in Vietnam (Auswahl; 2019)

    Fachbereich

    Anzahl

    Gynäkologie und Geburtshilfe

    33

    Pädiatrie

    14

    Onkologie

    11

    Kardiologie

    6

    Orthopädische Chirurgie

    9

    Traditionelle Medizin

    60

    Dermatologie

    17

    Hämatologie

    4

    Augenheilkunde

    54

    Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde

    4

    Pneumologie / Tuberkulose

    46

    Endokrinologie

    7

    Rehabilitation

    32

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Die medizinische Grundversorgung ist landesweit, auch in ländlichen Regionen, durch lokale Gesundheitszentren und Krankenhäuser auf Distrikt- und Provinzebene abgesichert. Spezialkliniken beispielsweise für die Krebsbehandlung sowie moderne Behandlungsmöglichkeiten finden sich hingegen vorwiegend in den städtischen Zentren. Die Qualität der Krankenversorgung auf dem Land ist sowohl technologisch als auch im Hinblick auf die Qualifikation des Personals häufig eingeschränkt. Patienten machen sich daher nicht selten direkt auf den Weg in die städtischen Krankenhäuser.

    Damit steigt der Belegungsdruck auf die ohnehin bereits vor der Pandemie völlig überlasteten Zentraleinrichtungen. Die Regierung will die personal- und ausstattungstechnische Modernisierung der lokalen Krankenhäuser vorantreiben.  


    Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Vietnam

    Indikator

    Wert (2020)

    Einwohnerzahl (in Mio.)

    97,6 

    Bevölkerungswachstum (in % p.a.)

    0,9 

    Altersstruktur der Bevölkerung 

      Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

    23,2

      Anteil der über 65-Jährigen (in %)

    7,9

    Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (in Jahren)

    73,7

    Durchschnittseinkommen (in US$)

    2.192

    Gesundheitsausgaben pro Kopf (in US$)

    166,6

    Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (in %)

    6,0

    Ärzte/100.000 Einwohner 

    88

    Zahnärzte/100.000 Einwohner 

    10

    Krankenhausbetten/100.000 Einwohner, davon

    295

    Krankenhausbetten insgesamt (in 1.000 Betten)

    330,8

      privat (in 1.000 Betten)

    32,2

      öffentlich (in 1.000 Betten)

    298,6

    Quelle: GSO, Germany Trade & Invest Wirtschaftsdaten kompakt, Weltbank

    Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Hanoi

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.