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Wirtschaftsumfeld | Norwegen | Infrastruktur

Norwegens Norden soll attraktiver werden

Angesichts der zunehmenden Relevanz arktischer Gebiete will Norwegen mit hohen Investitionen mehr Menschen und Firmen in seinen Norden locken. Priorität hat die Infrastruktur.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Die beiden nördlichen Regionen Norwegens – Troms og Finnmark und Nordland – sowie Spitzbergen beheimateten 2020 mit 487.000 Einwohnern weniger als jeden zehnten Norweger, Tendenz fallend. Im Gegensatz dazu wird die Gesamtbevölkerung des Königreichs Prognosen zufolge bis 2050 um 12 Prozent zunehmen.

Diesem gegenläufigen Trend will die Regierung entgegenwirken, unter anderem mit einer Sonderförderung für Unternehmen im Norden. Im Jahr 2020 waren in den beiden nördlichen Regionen mehr als 32.000 von den landesweiten 428.000 Unternehmen tätig, 99 Prozent von ihnen hatten weniger als 50 Angestellte. Jeweils etwa ein Fünftel der Arbeitsplätze schaffen dort der Handel sowie der Bau- und Immobiliensektor. Der drittgrößte Arbeitgeber ist der Transport- und Logistiksektor, der etwa jedem zehnten Beschäftigten einen Job bietet.

Förderung für innovative Unternehmen

Die Regierung will die Bandbreite der Branchen und die Anziehungskraft des Nordens steigern. Die Region beherbergt einige der führenden norwegischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen in den Fachbereichen Meeresforschung, Fischerei und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, Klimawandel und Umweltforschung, Innovation in der Arktis und nachhaltige maritime Industrien, heißt es im Whitepaper zur neuen norwegischen Arktisstrategie, das Ende 2020 vorgestellt worden ist. 

Damit nordnorwegische Unternehmen dieses Potenzial besser ausschöpfen, legte der staatliche Wirtschaftsförderer Investinor 2018 einen Sonderfonds für die Region auf. Firmen, die weniger als sieben Jahre auf dem Markt sind, können einen Zuschuss für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen mit hohem Innovationsgrad und internationalem Wachstumspotenzial beantragen. Der Zuschuss kann bis zu 50 Prozent der Entwicklungskosten betragen. Gleichzeitig darf er die Summe von 20 Millionen norwegischen Kronen (nkr; etwa 1,9 Millionen Euro; 1 Euro = 10,468 nkr; Stand: 10. August 2021) nicht übersteigen. 

Im Zuge der Coronamaßnahmen kündigte Handels- und Industrieministerin Iselin Nybø Mitte 2021 zudem einen neuen Investmentfonds für Nordnorwegen an. Der Fonds ist mit rund 40 Millionen Euro ausgestattet und wird zur Hälfte staatlich finanziert. Er soll gute Projekte in Nordnorwegen finden und unterstützen. Wenn es ihm gelingt, private Investitionen zu mobilisieren, verspricht Nybø die staatliche Einlage zu verdoppeln.

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Womöglich aufgestockt werden muss auch die Förderung des Breitbandausbaus. Obwohl fast alle Nordnorweger bereits 4G-Mobilverbindungen nutzen können und zumindest in Tromsø der 5G-Ausbau sowohl von Telenor als auch Telia voll im Gange ist, bleibt eine schnelle Festnetzverbindung für einige Bewohner unerreichbar. Laut lokalen Medien kommen bis zu 30.000 Haushalte nicht schneller als mit 30 Mbps ins Netz, können somit ärztliche Telekonsultationen oder Fernunterricht nicht voll nutzen. Für kommerzielle Anbieter ist der weitere Ausbau des Netzes trotz der Zuschüsse der Telekommunikationsagentur nicht profitabel. 

Bessere Straßenverbindungen geplant

Basis für den Ausbau der Verkehrswege ist der Nationale Transportplan (NTP) für die Jahre 2022 bis 2033. In den Regionen Troms og Finnmark und Nordland sind Investitionen in den Straßenbau im Wert von jeweils etwa 2 Milliarden Euro vorgesehen. Die Behörde für Straßenwesen plant oder realisiert bereits über 30 Projekte in der Region, darunter anspruchsvolle und übertunnelte Abschnitte der E6 (Megården - Mørsvikbotn) und E10 (Tjeldsund - Gullesfjordbotn - Langvassbukt).

Nordland profitiert ferner von Investitionen in den Bahn- und Luftverkehr. Auf der teilweise über Schweden führenden Verbindung von Oslo nach Narvik sollen durchgehend Züge von bis zu 740 Meter Länge verkehren können. Dafür werden unter anderem die Bahnhofsanlagen in Narvik umgebaut. Neue Weichen sollen den Gütertransport auf der Strecke von Trondheim nach Bodø (Nordlandsbanen) beschleunigen, die als landesweit erste mit dem Steuerungssystem ERTMS ausgestattet wird.

Neue Flughäfen und sicherere Schienen

Um Bodø mehr Raum für die Stadtentwicklung zu geben, wird auch der Flughafen verlegt. Der staatliche Betreiber Avinor rechnet mit Kosten von mehr als 500 Millionen Euro. Hinzu kommen Ausgaben für die Verlegung des Rettungshelikopterdienstes. Etwa halb so teuer soll der neue Flughafen in Mo i Rana werden. Die Zentralregierung wird in den nächsten sechs Jahren 172 Millionen Euro finanzieren, den Rest sollen die Regionen beisteuern.

Modernisiert werden auch 16 Häfen. Die Bandbreite der Projekte reicht von Vertiefungen der Fahrrinnen über den Ausbau von Wellenschutzanlagen und Pieren bis hin zu neuen Hafengebäuden. Auf Spitzbergen soll der Hafenausbau etwa 40 Millionen Euro kosten. Neben dem bereits geplanten schwimmenden Dock für den zunehmenden Verkehr von Kreuzfahrtschiffen wird auch auf neue Energiekonzepte gesetzt.

Spitzbergen bekommt neue Energiequelle

Anfang 2021 entschied die Regierung, das ausgediente Kohlekraftwerk stillzulegen. Der staatliche Energieversorger Statskraft plädierte bereits 2018 für einen Umstieg auf flüssigen Wasserstoff, der aus Finnmark verschifft werden sollte. Die Regierung setzt aber auf einen breiteren Energiequellenmix. "Zu den Alternativen, die in Betracht gezogen wurden, gehören sowohl fossile als auch erneuerbare Lösungen sowie eine Kombination davon. Am wahrscheinlichsten ist ein neues Blockheizkraftwerk, beispielsweise auf Basis von Erdgas oder Pellets, in Kombination mit einem schrittweisen Ausbau erneuerbarer Energien", erklärte Tina Bru, Ministerin für Erdöl und Energie, und besiegelte damit endgültig das Schicksal des Kohlebergbaus im hohen Norden. Der Betreiber Store Norske zeigte sich wenig überrascht von dieser Entwicklung. Die Firma ist bereits mit dem Rückbau von Kraftwerken auf Spitzbergen beschäftigt und will zukünftig in erneuerbare Energien investieren.

Ausgewählte Großprojekte in Norwegen

Vorhaben

Investitionssumme (in Millionen Euro) *

Projektstand

Projektträger

Ausbau E10 Lofoten

196

Anhörungsphase für Teilabschnitt läuft bis September 2021

Statens Vegvesen

Flughafen, Mo i Rana

172

Neuausschreibung; Baustart 2021

Avinor AS

Umbau Kaianlagen, Nordland

30

Baustart: August 2021

Statens Vegvesen

Bauunternehmen: Peab AB

Neubau Volkshochschule, Svalbard

20

Auftragsvergabe September 2021

Store Norske

Totalsanierung Fischzuchtanlage, Mo i Rana

12

Baustart 2021

Kvaroy Fiskeoppdrett AS

Batteriefabrik, Narvik

k.A.

Dialog mit Regional- und Industriepartnern steht bevor

Nordkraft AS; Stolt-Nielsen Holding AS

Elektrifizierung, Hafen Tromsø

k.A. 

Hilfen von Enova in Höhe von 1,5 Mio. Euro

Geplante Inbetriebnahme spätestens Januar 2023

Troms Kraft; Tromsø Havn; gemeinsame Gesellschaft: Fjuel Tromsø AS (früher: Arctic Energy Port Tromsø AS)

Elektrifizierung, Häfen Lofoten

k.A.

Kooperationsabkommen im Juli 2021 unterzeichnet

Lofotkraft Muligheter AS;
Nordkraft Prosjekt AS;
Andøy Energi Holding AS;
Trollfjord AS

Wasserstoffproduktionsanlage Bodø-Moskenes

k.A.

Planungsstadium;  technische Machbarkeitsstudie abgeschlossen; Bau steht in engem Zusammenhang mit Inbetriebnahme von Wasserstofffähren 2024

Shell; Nordkraft AS

* Umrechnung nach EZB-Kurs vom 10.08.2021, 1 Euro = 10,468 nkrQuelle: Eigenrecherchen der GTAI

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