Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | USA | Lebensmittel

Pandemie verstärkt den Trend zu gesunder Ernährung

Corona hat das US-Verbraucherverhalten beim Lebensmittelkonsum enorm verändert - bei den Mahlzeiten, Kaufgewohnheiten und der Art der Essenszubereitung.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Die Fastfood-Kette McDonald's will in Kürze in acht US-Restaurants den pflanzlichen McPlant-Burger testen. Konkurrent Burger King hat den Impossible Whopper dagegen schon seit über zwei Jahren auf der Speisekarte. Auch zahllose andere US-Ketten und -Restaurants, Supermärkte und Onlineshops führen schon seit längerem Fleischersatzprodukte in ihrem Sortiment.

Pflanzliche Fleischalternativen längst kein Nischenprodukt mehr

McDonald's hat lange gezögert, unter anderem deshalb, weil der Ausbau des Fleischlossortiments Prozessanpassungen in den Küchen erfordert und die Gastronomie seit Corona stark unter Arbeitskräftemangel leidet. Andere Anbieter setzten schneller auf die Burger-Patties aus Erbsenprotein.

Entwickelt wurden diese von Beyond Meat, das mit McDonald's kooperiert, und Impossible Foods, dem Partner von Burger King. Beyond Meat, erst im Mai 2019 an die Börse gegangen, bringt es knapp zweieinhalb Jahre später bereits auf eine Marktkapitalisierung von knapp 7 Milliarden US-Dollar (US$). Die Produktion hat sich laut Unternehmensangaben in diesem Zeitraum mehr als verzehnfacht.

Nach einer Umfrage des International Food Information Council (IFIC) aus 2020 essen 85 Prozent der US-Amerikaner seit dem Pandemieausbruch gesünder. Einer Erhebung des US-Verbands der Lebensmittelindustrie FMI zufolge gibt es aber noch viel Luft nach oben: So meinten 58 Prozent der im Februar 2021 Befragten, dass ihre Ernährung noch gesünder sein könnte. Pflanzliche Fleischalternativen haben indes bereits ihren Weg in den Mainstream gefunden: So gab fast ein Viertel der vom IFIC Befragten an, seit Corona mehr pflanzliche Proteine zu sich zu nehmen als vor der Krise. Und mehr als 40 Prozent glauben, dass ein pflanzlicher Burger gesünder ist als Pendants aus Fleisch.

Aufbaupräparate für Immunsystem und Augen sind gefragter

Auch der Trend zu sogenannten Superfoods, die gesundheitliche Vorteile bringen sollen, und Probiotika, also Zubereitungen mit lebenden Mikroorganismen, hat sich in der Pandemiezeit verstärkt. So gewinnt der kanadische Anbieter Rritual Superfoods zurzeit eine US-Drogeriekette nach der anderen als Kunden: erst Rite Aid und CVS Health im Sommer 2021, dann auch die Kroger-Tochter Vitacost.

Dagegen verzeichnete manch anderes Segment der Lebensmittelindustrie, das vor Corona noch gewachsen war, seither Rückgänge. Das gilt zum Beispiel für Fitness- und Proteinsnacks sowie nährstoffhaltige und Diätgetränke. Gleichzeitig greifen US-Verbraucher stärker zu Proteinriegeln mit natürlichen Zutaten in Bio-Qualität, verlautet es aus Branchenkreisen.

Neben der geistigen Gesundheit und dem Immunsystem geht es beim Ernährungsverhalten zunehmend auch um die Augen: Wegen der längeren Bildschirmzeit durch Homeoffice, Fernunterricht und mehr Computerspiele stehen in den USA Zitrusfrüchte seither höher im Kurs. Das Gleiche gilt für Beerenobst.

Drittanbieter gewinnen Marktanteile im Onlinehandel

Obwohl empfindliche Ware, verkaufen sich Beerenfrüchte besonders gut über Instacart. Der Lieferdienst meldete im Frühjahr 2021, dass die Verkaufskategorie Obst und Gemüse auf seiner On-Demand-Lieferplattform den fünftgrößten Umsatz verbucht. Zudem wachse keine andere Kategorie unter den Top Ten des Unternehmens so schnell.

Auf Drittanbieter wie Instacart werden 2021 fast 30 Prozent des Onlineumsatzes mit Lebensmitteln entfallen, erwarten die Marktforschenden von eMarketer. Führend in dem Bereich sind Walmart und Amazon, gefolgt von Kroger. Der digitale Handel mit Nahrungsmitteln ist in den USA 2020 um fast 64 Prozent gestiegen; 2021 werde er um weitere 12 Prozent auf gut 122 Milliarden US$ anwachsen.

Die Prognosen für die nächsten Jahre überschlagen sich: Viele erwarten, dass der Onlinehandel 2025 in den USA rund 20 bis 22 Prozent am Gesamtumsatz mit Lebensmitteln ausmachen wird – was einem Wert von etwa 245 Milliarden bis 260 Milliarden US$ entspräche. Im Jahr 2019 waren es erst 5 Prozent, derzeit dürfte der Anteil bei circa 10 Prozent liegen. Instacart rechnet „in den nächsten Jahren“ sogar mit einem Anstieg auf 30 Prozent. Diese Entwicklungen stellen große Herausforderungen an die sogenannte Letzte-Meile-Logistik.

Markt für Lebensmittellieferungen boomt

Größere Umwälzungen gab es in der Versorgungskette. Denn Covid-19 veränderte die Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher enorm, besonders bei Nahrungsmitteln. Durch die hohe Nachfrage nach frischen Lebensmitteln und Mahlzeiten kooperieren zum einen immer mehr Restaurants und Lebensmittelläden. Kroger hat sich zum Beispiel mit dem Geisterküchen-Start-up Kitchen United zusammengetan, um in einigen seiner Geschäfte Mahlzeiten zum Mitnehmen und Ausliefern zuzubereiten. Geisterküchen sind Restaurants ohne Gastraum oder Servicepersonal. Albertsons kooperiert zu diesem Zweck mit dem On-Demand-Lieferservice.

Bild vergrößern

Ein weiterer Trend bei Lebensmitteln in den USA ist der zur Regionalisierung: Viele Einzelhandelsunternehmen arbeiten daher mit lokalen Bauern zusammen und werben in ihren Geschäften mit Go-Fresh- oder Go-Local-Schildern um Kundschaft.

Alleskönner für die Küche sind in der Coronazeit heiß begehrt

Neben den Mahlzeiten, die US-Verbraucher zu sich nehmen, und den Kaufgewohnheiten ändert sich im Zuge der wachsenden Kochmüdigkeit während der Pandemie auch die Art und Weise, wie Essen zubereitet wird: So schnellte der Umsatz mit Heißluftfritteusen und Multifunktionskochern 2020 in den USA mit zweistelligen Zuwachsraten in die Höhe.

„Zu Hause Kochende suchen weiterhin nach Möglichkeiten, Zeit und Arbeit zu sparen, ohne auf Gesundheit und Geschmack verzichten zu müssen“, lautet es in einem aktuellen Bericht des Branchenverbands FMI. Auch wenn im Juli 2020 bereits rund 37 Prozent der US-Haushalte eine Heißluftfritteuse und 26 Prozent einen Multikocher besaßen, legten die Verkäufe solcher Geräte laut dem Marktforschungsinstitut NPD Group in der zweiten Jahreshälfte nochmals ordentlich zu. Da diese Küchengeräte auch weiterhin benutzt werden, wächst auch das Angebot von speziell dafür entwickelten Produkten.

Erwartete Verhaltensänderungen beim Essen in den USA nach der Pandemie (in Prozent aller Kaufenden)

Verhalten

Weniger als vorher

Genauso oft

Mehr als vorher

Mahlzeiten zu Hause zubereiten

12

46

41

Essen mit anderen

20

42

39

In Restaurants essen

28

34

38

Von Restaurants nach Hause bestellen

20

48

32

Lebensmittel persönlich im Geschäft kaufen

21

49

31

Lebensmittel online bestellen und nach Hause liefern lassen

22

50

28

Lebensmittel online zur Abholung bestellen

22

52

27

Quelle: FMI U.S. Grocery Shopper Trends 2021

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.