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Branchen | Schweden | Gesundheitswesen

Rahmenbedingungen und Marktzugang

Bündelung von Bedarfen führt zu niedrigeren Preisen, macht Ausschreibungen für Anbieter aber interessanter. Mit neuen Werkzeugen soll das Innovationsinteresse gestärkt werden.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Als Mitglied der Europäischen Union (EU) unterliegt Schweden der entsprechenden Richtlinie über öffentliche Ausschreibungen, die durch mehrere Gesetze ins Landesrecht überführt wurde. Da sie die mit Abstand meisten Mittel für die Gesundheitsversorgung bereitstellen, sind die 21 Provinziallandtage (landstig) auch die größten Kunden im Land. Dabei schreiben sie nicht nur Großgeräte oder komplexe Projekte aus. In ihren Einkaufsabteilungen laufen auch Bedürfnisse kleinerer Gesundheitsdienstleister zusammen und werden zu größeren Aufträgen gebündelt. Eine solche Zusammenführungsdienstleistung bietet kleineren Einheiten beispielsweise der Dienstleister Adda. Als Einzelauftraggeber können daneben noch die größeren Krankenhäuser auftreten. Generell sind die Einkäufer aber bestrebt, in einer Größenordnung einzukaufen, die eine nationale oder EU-weite Ausschreibung begünstigt.

Die Tender werden überwiegend digital abgewickelt. Dies setzt eine Veröffentlichung in mindestens einer, meistens aber mehreren der fünf von der schwedischen Wettbewerbsbehörde (Konkurrensverket) registrierten Auftragsdatenbanken voraus. Für die Gesundheitsbranche relevant sind Avrop, CTM, Kommers Annons und Mercell. Bei größerem Auftragswert wird gemäß der Brüsseler Regeln auch EU-weit ausgeschrieben, womit potenzielle Geschäftschancen auf dem entsprechenden EU-Portal zu finden sind.

Die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen wird anhand von Rahmenverträgen mit den Lieferanten abgewickelt. Bleiben die Kosten unter dem Schwellenwert, sind auch Direkteinkäufe üblich. Dies gilt auch für medizinische Hilfsmittel die von den regionalen Einkaufszentralen gehandhabt werden. Für eine Anschaffung setzten diese Voraus, dass der Anbieter beim Hilfsmittelservice von Inera registriert ist.

Darauf achten Käufer

Die Kaufentscheidung wird auch in Schweden von ökonomischen Aspekten beeinflusst. Bei den Einkäufen der Regionen heißt das zumeist der günstigste Preis. Zusammen mit der oftmals fehlenden Marktübersicht und Kenntnissen über neueste Errungenschaften, bedeutet dies einen schweren Stand für innovative - und dadurch meist teurere - Lösungen. Bei Großgeräten und spezialisierten Technologien unter anderem für Krankenhäuser ist mehr Spielraum drin. Dort wird eher auf Lebenszeitkosten als den Einkaufspreis selbst geschaut. Deswegen gewinnen in ihrem Fall ausführliche Informationen über Lebensdauer, Qualität, Service oder Umfang des Instandhaltungsangebots an Bedeutung.

Im Rahmen der Vergabeprozesse gewinnt die Vorstellung der eingesetzten Technologie zunehmend an Bedeutung. Damit soll der Einsatz neuester Lösungen begünstigt werden. Dank der guten Englischkenntnisse im Land, kann dabei diese Sprache genutzt werden. Allerdings sind entsprechend geschulte Verkäufer, die der Landessprache mächtig sind nach wie vor von Vorteil. Nicht nur, weil die meisten, darunter internationalen Ausschreibungen auf Schwedisch publiziert werden. Sie kennen auch die lokalen Beschaffenheiten und Bedürfnisse besser und können das Leistungsangebot besser an diese anpassen.

Dabei können oftmals mit einer Klappe drei Fliegen geschlagen werden. Wegen der sprachlichen und kulturellen Nähe sind die meisten Vertriebspartner auf dem gesamten skandinavischen Markt tätig - neben Schweden also auch in Dänemark und Norwegen. Da sie zumeist auf einzelne Segmente spezialisiert sind, ist vor der Entscheidung eine tiefgründige Recherche empfehlenswert.

Breite Konkurrenz

Der Vertriebspartner sollte auch bei der Feststellung eventueller Hürden beim Export nach Schweden behilflich sein. Grundsätzlich gelten dort EU-Normen und -Regeln, darunter die CE-Kennzeichnung. Allerdings wurde die seit Mai 2021 auch in Schweden geltende EU-Verordnung über Medizinprodukte mit eigenen Vorgaben ergänzt. Deswegen sollte Kontakt mit der staatlichen Agentur für Medizinprodukte (Läkemedelsverket) aufgenommen werden, die für die Überprüfung und Zulassung medizinischer Ausrüstungen im Königreich zuständig ist. Für den Markteintritt zuträglich sind ferner gesundheitsökonomische Bewertungen, eine Kosten-Nutzen-Rechnung und Nachweise zum klinischen Nutzen.

Davon, dass der Aufwand vertretbar ist und sich lohnt, zeugt die breite Unternehmerlandschaft. Laut dem schwedischen Statistikamt waren 2020 in der Industrie für Medizin- und Zahnarzttechnik 876 Firmen tätig. Davon hatten 10 Prozent eine zweistellige Mitarbeiterzahl. Von den 22 Unternehmen der Industrie für pharmazeutische Grundprodukte hatten demnach immerhin 18 Prozent mindestens 10 Mitarbeiter, von den 123 aus dem Bereich pharmazeutischer Präparate immerhin 29 Prozent. Weist der Pharmabereich insgesamt eine wachsende Tendenz auf, so ist die Anzahl der Medizintechnikunternehmen in den letzten Jahren um über 200 zurückgegangen. Der Großteil davon dürfte auf Konsolidierung zurückzuführen sein.

Deutschland ist wichtigster Lieferant

In den 2010er Jahren kontinuierlich gewachsen ist derweil die Importnachfrage nach medizinischen Produkten. Der Wert jährlich eingeführter Elektrodiagnoseapparate sowie medizinischer Instrumente und Geräte stieg zwischen 2010 und 2019 um über 60 Prozent. Bei Importen aus Deutschland lag die Dynamik bei 72 Prozent. Bei pharmazeutischen Produkten und Arzneimitteln betrug der Zuwachs insgesamt 57 Prozent und aus Deutschland sogar 89 Prozent. Der deutsche Marktanteil betrug 24 Prozent bei Medizintechnik und 20 Prozent im Pharmabereich. Bedingt durch die Pandemie wuchs 2020 der Wert in beiden Bereichen um etwa ein Zehntel, was allerdings zumindest teilweise auf höhere Preise zurückzuführen ist. Angesichts der coronadiktierten Produktauswahl wiesen Waren aus Deutschland nicht ganz so starke Zuwächse auf.

Einfuhr ausgewählter medizintechnischer Produkte nach Schweden (in Millionen Euro)

Produktgruppe (nach SITC)

2018

2019

2020

2020 deutscher Anteil

774.1 Elektrodiagnoseapparate und -geräte

103

135

147

53,6

774.2 Röntgenapparate etc.

102

106

106

29,5

741.83 Sterilisierapparate

6

8

10

21,2

785.31 Rollstühle

16

12

12

21,4

872.1 Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g.

69

73

59

34,0

872.21 Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc.

202

217

228

20,3

872.25 Ophthalmologische Instrumente

31

26

22

6,0

872.29 Andere Instrumente, Apparate und Geräte

399

404

427

14,2

872.3 Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc.

117

121

203

17,3

872.4 Medizinmöbel etc.

29

30

37

22,0

899.6 Orthopädietechnik, Prothesen etc.

385

369

341

18,3

Summe

1.459

1.501

1.592

21,9

Quelle: Schwedisches Statistikamt SCB

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